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Blau wie Schokolade

Blau wie Schokolade

Titel: Blau wie Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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hübschen Kleidchen zu schützen, und das tat mir nicht leid, aber ich bedauerte zutiefst die Folgen, die das alles für Jay und den Wahlkampf haben könnte.
    »Ich dachte –« Er hielt inne, schaute zur Seite, jetzt blass im Gesicht.
    »Was dachten Sie?«
    »Ich dachte, ich würde Sie kennen.« Seine Stimme wirbelte durch mich wie ein Schneesturm. »Ich dachte, ich würde uns kennen. Da habe ich mich wohl geirrt, was?«
    »Bitte, Jay!« Mein Herz zog sich zusammen. Ich hatte mich schon so darauf gefreut, den Pazifik gemeinsam mit ihm zu erkunden.
    »Verdammt nochmal, Jeanne, es reicht jetzt! Es funktioniert halt nicht mit uns. Machen Sie Ihre Arbeit, ich mache meine. Wir ziehen den Wahlkampf durch, und das war es dann. Wir wollen nicht nachtragend sein.«
    Aber ich kenne Männer und wusste, dass das nicht funktionieren würde. Jay war fuchsteufelswild. Stinksauer. Und wahrscheinlich hatte ich ihn verletzt, weil er angenommen hatte, dass ich mich sowohl als Mensch wie als Angestellte professionell und einwandfrei verhielt. Ich hatte es verbockt. Im großen Stil.
    Am liebsten hätte ich geweint. »Es tut mir leid«, flüsterte ich. Dann kamen mir die Tränen.
    Jay schaute eine Weile auf die Straße, dann sah er mich mit seinen blauen Augen von der Seite an. Auch er hatte Tränen in den Augen. »Mir auch.«
    Ich wischte die Tränen ab.
    »Sagen Sie Ihrem Bruder, dass ich hier war. Ich melde mich später bei ihm.«
    Als Jay an mir vorbeigehen wollte, griff ich nach seinem Ärmel. Er schüttelte mich ab.
    »Das war es also?«
    Wir standen nur wenige Zentimeter voneinander entfernt, seine Wärme strahlte über meinen Arm bis zu meinem Herzen, jetzt eine einsame Kugel. »Ja, Jeanne, das war es.«
    Und so war es auch. Jay verschwand durch die Tür.
    Auf wackligen Knien ging ich in mein Büro, als sei nichts Erschütterndes passiert. Dort schloss ich die Tür, legte Kaffee und Brötchen ab, zog die Lamellen zu, bettete den Kopf auf den Tisch und weinte mir die Augen aus, bis ich kaum noch Luft bekam.
     
     
    Am Abend lag bei der Aggressionsbewältigungstherapie schwarze Plastikfolie auf dem Boden. Wir durften nicht sprechen. Zuerst mussten wir Emmaline in der Schrei-Ecke zusehen. Sie machte sich nicht die Mühe, in ein Kissen zu schreien. Sie kreischte laut und durchdringend. Mir wäre fast das Trommelfell geplatzt. »Ich habe ein blauuuues Auge! Wegen euch! Kommt sofort her!«
    Wir drückten uns Kissen aufs Gesicht und schrien.
    »Ich kann euch nicht hören! Ich kann euch nicht hören!«, rief Emmaline immer wieder. »Ich kann euch nicht hören!«
    Als wir alle puterrot waren, brüllte sie uns an: »Die Erdnussbutter hier ist ein Symbol für eure Wut. Ihr werdet euch mit Erdnussbutter einschmieren, weil eure Wut an euch klebt wie Butter. Das ist so was von armselig! Ihr seid total armselig! Und dann«, sie wies mit beiden Zeigefingern nach oben und reckte sich auf die Zehenspitzen, »dann werdet ihr euch damit bewerfen. Ihr werdet die Wut fortwerfen.«
    »Das soll wohl ein Witz sein«, sagte Bradon.
    »Du spinnst doch, Em«, sagte Soman. »Ich habe gesagt, dass es mir leidtu-«
    »Ich werfe nicht gerne auf andere Menschen«, jammerte Becky.
    »Das finde ich ein wenig seltsam«, begann ich.
    »Scheiße! Scheiße! Schnauze! Schnauze, alle! Scheiße!«
    Ich zog das T-Shirt und die kurze Hose an, die ich nach der Arbeit gekauft hatte.
    Wir beschmierten uns gegenseitig mit Erdnussbutter.
    Dann bewarfen wir uns damit, schützten uns mit Regenschirmen.
    Am Ende waren wir bedeckt mit unserer Wut.
     
    Einige Tage später abends auf dem Heimweg nach Weltana sang ich aus vollem Halse zu Hardrockmusik, damit ich nicht an meinen Tränen erstickte.
    Ich hatte wieder einen Nervenzusammenbruch, schlimmer als je zuvor.
    Die Arbeit in der Wahlkampfzentrale hatte mir das Hirn versengt, keine graue Zelle schien mehr zu arbeiten. Nicht nur, dass ich Reden schrieb, mit Journalisten sprach, die Mitarbeiter organisierte und Strategien entwickelte, nein, jedes Mal, wenn ich mich umdrehte, schien Damon mich zu belauern wie eine Schlange. Ich wusste, dass er etwas im Schilde führte. In jeder Besprechung versuchte er mich unmöglich zu machen, achtete aber darauf, dass Jay nichts mitbekam. Dass der Gouverneur mich noch immer mit eiskalten Augen ansah, brachte mich zu der Frage zurück, ob ich meinen alten Bronco nicht doch ins Meer fahren sollte.
    Würde ich das tun? Lange dachte ich darüber nach. Wahrscheinlich nicht.
    Ich wusste, dass ich in

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