Blau wie Schokolade
sich auf dem Anwesen des Migrantenschrecks treffen, aber in sicherer Entfernung zum stinkenden Abtritt bleiben. Ich wusste schon, wen wir bitten würden, das Klohäuschen abzureißen: Tory Blankenship. Tory war eine Nachbarin von Dan Fakue, und sie hasste ihn, weil er im betrunkenen Zustand zwei ihrer Hunde mit seinem riesigen Pick-up niedergemäht hatte und dann zu ihr gesagt hatte, Tiere seien zum Jagen, Essen und Arbeiten da, nicht zum Verwöhnen.
Man könnte sich fragen, wie es uns gelang, ohne Einwilligung des Eigentümers einen Bulldozer auf das Privatgrundstück zu bringen. Nun, dazu brauchte es ein wenig Fälscherei und Schwindel. Ich schrieb einen Brief an Rosvitas Freund aus Kindertagen, den Polizeipräsidenten Paul Nguyen, in dem ich aus Sicht des Gesundheitsministeriums von Oregon meine Sorgen über die hygienischen Zustände auf dem Hof von Dan Fakue zum Ausdruck brachte.
Ich muss sagen, ich kopierte den Briefkopf des Gesundheitsministeriums ziemlich überzeugend. Ich schaute auf der Website nach, vergrößerte die Abbildung und übertrug sie auf Papier. Das Schreiben war vom leitenden Beamten unterzeichnet, der momentan zufällig auf Trekkingtour im Himalaja war, so dass er die Arbeitsanweisung leider weder aufheben noch zur Fälschung erklären konnte.
Ich schickte den Brief von Portland aus ab. Drei Tage später rief ich Paul Nguyen an, um mich erneut über den Zustand der Abtritte auf Fakues Grundstück zu beschweren. »Na, das ist ja ein Ding, Jeanne, Sie glauben nicht, was gestern mit der Post kam wegen dem alten Scheißhaus«, sagte Paul. »Der Staat will es abreißen lassen und besteht darauf, dass Fakue normale sanitäre Anlagen baut. Seit Jahren beschwere ich mich schon über das stinkende Außenklo, aber nichts passiert. Warum gerade jetzt, weiß ich auch nicht. Ist mir natürlich piepegal, ich kann das verdammte Teil nicht mehr sehen. Und da Fakue nicht hier ist, um sein Maul aufzureißen, und niemand weiß, in welchem Loch er sich versteckt hat, schreite ich jetzt zur Tat. Das Drecksteil wird abgerissen!«
Ich gab mich überrascht und sagte, ich könne ja Tory anrufen, sie könnte mit dem Traktor kommen, und es wäre doch nett, wenn das erledigt wäre, bevor Fakue zurückkäme. Wo würde der sich nach Meinung des Polizeichefs eigentlich aufhalten?
Paul erwiderte, er habe nicht den blassesten Schimmer, wo das Schwein sei, und es sei ihm scheißegal, wenn der Hurensohn nie mehr zurückkäme, und es wäre supertoll, wenn ich Tory anrufen könnte. Er würde die entzückende Dame später noch zum Essen treffen (ich erkundigte mich nicht eingehender nach seinen Plänen), dann würde er sich das von ihr bestätigen lassen, darauf sein Wort.
Ich legte auf, wartete zehn Minuten und rief ihn erneut an. So freundlich ich konnte, sagte ich: »Wie wäre es, wenn wir daraus ein gemeinschaftliches Erlebnis machten? Wäre es nicht toll, besonders für die Latinos, wenn sie sehen könnten, wie der Polizeichef gegen diese Ungeheuerlichkeit vorgeht? Wenn er gegen ein Verbrechen einträte, das gegen die Latinos, ja gegen uns alle verübt wurde?«
Fast konnte ich vor mir sehen, wie dem freundlichen Mann am anderen Ende des Telefons beim Gedanken an die öffentliche Aufmerksamkeit die Brust schwoll. Paul Nguyen hatte eine Schwäche fürs Rampenlicht. Wäre es nicht umwerfend, wenn es hinterher eine Feier gäbe? Ich hätte in der Zwischenzeit mit Rosvita telefoniert, und sie hätte sich bereit erklärt, eine Pöttchen-Abrissparty am Fluss zu geben, wäre das nicht nett? Dort könnten die Leute dann ihm, dem Polizeichef, für die Beseitigung dieses Schandflecks der Gemeinde danken.
Stimmt schon, ich konnte wirklich sehr nett sein, wenn es darauf ankam.
Der Polizeichef sagte, das sei die verflucht beste Idee, die er seit langem gehört hätte, er würde seine berühmten Rippchen zum Grillen mitbringen, nachdem er das Scheißhaus von diesem Dreckschwein abgerissen hätte.
Und damit war es geregelt.
Als Nächstes rief ich Tory an. Sie konnte es gar nicht abwarten, zur Abrissparty zu kommen, und fragte, ob wir sie nicht noch am selben Abend abhalten könnten, denn das würde ihr umwerfende Freude bereiten. Ich musste sie enttäuschen, das würde nicht gehen, aber die Einladung würde sie noch am selben Tag erreichen. Sie dachte kurz darüber nach und sagte dann mit ungläubiger Stimme: »Ich werde mich darauf freuen wie früher auf den Heiligabend.«
Auf dem Heimweg von der Arbeit hielt ich vor einem
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