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Blaue Wunder

Blaue Wunder

Titel: Blaue Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildikó von Kürthy
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ein cooler Typ in Cargohosen und Converse- Turnschuhen, der sich in Gegenwart einer im weitesten Sinne gleichaltrigen Frau ein Pina Colada bestellt - deutlicher konnte mir Super- Nucki nicht zeigen, dass er nicht bereit war, sich zu verstellen, um mir zu gefallen. Er schien einfach ganz er selbst bleiben zu wollen. Eine Frechheit im Grunde genommen!
    «Du hast draußen im Dunkeln gestanden und hattest wahnsinnig viel Schminke im Gesicht. Wie sollte ich dich da erkennen?»
    «Du fandst mich hässlich, oder?»
    «Nicht hässlich, aber du hast gar nicht mehr wie du selber ausgesehen.»
    «Das war ja auch der Sinn der Sache. Ich lass mich doch nicht eine Stunde lang von einem Visagisten bearbeiten, um dann immer noch wie ich auszusehen.»
    «Ich finde, Frauen sind dann am schönsten, wenn sie mit ihrem Aussehen Frieden geschlossen haben.»
    «Hui, was für ein großer Satz. Ich nehme mal an, dass es für die Frauen, mit denen du üblicherweise ausgehst, auch keine besondere Herausforderung ist, sich mit ihrem Aussehen abzufinden. Du bist achtundzwanzig, oder? Wie alt war deine letzte Freundin?»
    «Zwanzig.»
    «Siehst du, die könnte meine Tochter sein. Schon mal was gehört von ’ner Zwanzigjährigen mit ersten grauen Haaren, knittrigem Dekollete und vermehrter Neigung zu Besenreisern? Nein? Eben!»
    «Aber es ist doch überhaupt nicht so, dass junge, schöne Frauen vor lauter Selbstvertrauen strotzen. Meist ist doch das Gegenteil der Fall. Warst du zufriedener mit dir, als du zwanzig warst?»
    Ich schüttelte den Kopf. Nein, das war ich nicht. Obschon ich, im Nachhinein betrachtet, natürlich viel mehr Grund dazu gehabt hätte. Mit zwanzig hatte ich keine Ahnung, was ich liebte, was ich brauchte, was ich konnte und was nicht. Heute weiß ich ziemlich genau, wer ich bin, auch wenn ich gelegentlich versuche, so zu tun, als sei ich jemand anders.
    «Wann ist man denn eigentlich mit sich zufrieden?», jammerte ich. «Mit zwanzig wirst du von Selbstzweifeln geplagt, mit dreißig frustriert es dich, dass dein Körper seine beste Zeit hinter sich hat, und ab vierzig hast du vor lauter Vorsorgeuntersuchungen keine Freizeit mehr.»
    «Manche werden wahrscheinlich nie mit sich zufrieden sein. Ich hoffe, ich gehöre nicht zu denen. Irgendwann musst du aufhören, an dir rumzudoktern. Mit vierzig hast du eben den Arsch und den Charakter, den du verdienst. Das einzusehen ist der erste Schritt zum Seelenfrieden.»
    «Na toll, ich lebe schon jetzt mit einem Hintern, den ich mit zwanzig meiner ärgsten Feindin nicht gewünscht habe.»
    Wir waren die letzten Gäste. Als wir gezahlt hatten und vor die Tür traten, kam der Barkeeper hinter uns her: «Hey, ich glaube, ihr habt da was vergessen.» Ich stammelte: «Oh, vielen Dank, aber das brauche ich eigentlich nicht mehr.»
    «Tschüs, bis demnächst», sagte Super-Nucki taktvoll, drehte sich um und ging. Ich hatte ein Pappschild in der Hand, auf dem stand: «Mein Herz ist für immer dein!»
    Am nächsten Morgen kam es zu dieser unschönen Auseinandersetzung mit meiner Vorgesetzten Heike Plöger. Ich war unpünktlich, verkatert, übellaunig und entsprechend leicht reizbar und hatte sie mit meinem Brummschädel übel beschimpft. Und was machte die feige Pute? Statt sich offen von Frau zu Frau zu stellen, rief sie sofort zeternd Herrn Krüger an. Der wiederum keine zwei Minuten später mich anrief.
    «Frau Dückers, ich bin sehr überrascht. Sie haben auf mich so einen überlegenen Eindruck gemacht, und jetzt das?»
    Ich hörte seiner Stimme an, dass er nicht wirklich sauer war.
    «Mir scheint, Herr Krüger, Sie haben teilweise einen falschen Eindruck von mir.»
    «Frau Dückers, Sie wissen, ich muss Sie hiermit offiziell rügen und dringend bitten, derartige Beschimpfungen Ihrer Vorgesetzten zu unterlassen. Außerdem wäre es von Vorteil, Sie würden künftig pünktlich zur Arbeit erscheinen.»
    Ich ahnte, dass er lächelte.
    «Und inoffiziell?»
    «Inoffiziell halte ich Sie für eine angenehme und kompetente Mitarbeiterin. Ich glaube, Frau Plöger hat Angst vor Ihnen und fürchtet um ihren Job und ist deshalb etwas empfindlich. Sie sollten das bei Ihrer Zusammenarbeit berücksichtigen. Und jetzt wünsche ich Ihnen noch einen schönen und friedlichen Tag.»

Zwei Tage später brach die nächste selbst verschuldete Katastrophe über mich herein, wobei Erdal in diesem Fall eine fünfundzwanzigprozentige Mitverantwortung übernehmen müsste, wäre er ein Mann von Ehre.
    «Natürlich

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