«Nie wieder falsch flirten! Die besten Tipps und Tricks, wie Sie garantiert kriegen, was Sie wollen».
Ich muss sagen, die versuchen einem da ziemlichen Müll aufzuschwatzen. Dass man das Objekt der Begierde ab und zu mal freundlich anschauen, eventuell sogar anlächeln sollte, war mir auch schon vorher bekannt. Wenig anfangen konnte ich beispielsweise mit dem Rat: «Liebkose mit deinen Händen irgendwelche Objekte. Damit zeigst du, was du eigentlich willst.»
Also nee, ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es einen Typen erregt, wenn er im Restaurant der Frau ihm gegenüber dabei zuschaut, wie sie versucht, das Baguettebrötchen zu befriedigen.
Folgender Tipp schien mir ebenfalls höchst zweifelhaft: «Denke an Sex, während du mit ihm über etwas ganz anderes sprichst. Du wirst sexy aussehen, denn dein Gesicht reflektiert deine Gedanken.»
Na ja, riskant, riskant, würde ich sagen, denn wie leicht verrutscht einem die Phantasie. Vom Gedanken an wilden Sex ist es nicht weit bis zum Gedanken an den handtellergroßen blauen Fleck auf deinem Oberschenkel, der mittlerweile ins Grün-Gelbliche changiert, an das hartnäckig eingewachsene Schamhaar oder an deine Bauchmuskulatur, die auch schon mal bessere Zeiten erlebt hat. Es stimmt: Das Gesicht ist der Spiegel deiner Gedanken, aber du willst doch nicht, dass er dir direkt in deine Problemzonen glotzt, oder?
Ein bisschen eklig fand ich den Ratschlag, man solle körperliche Signale geben und sich zum Beispiel über die Brüste streichen. Also wirklich, ist das noch normal, wenn sich eine über die Brüste streicht, als wolle sie den Milchfluss anregen, um einen Mann zu erotisieren? Ich denke nicht.
Auch den letzten Tipp fand ich ziemlich flau: «Senke deine Stimme, berühre während des Gesprächs wie unabsichtlich seine Hand oder seinen Unterarm und höre aktiv zu. Reiße die Augen auf, lehne dich nach vorn und ermuntere ihn mit Signalwörtern wie
oder .»
Es ist doch so: Achtet man ständig darauf, wie man spricht, vergisst man ganz, darauf zu achten, was man sagt. Und wenn man sich zu sehr auf eine Sache konzentriert, verpasst man eventuell Wichtiges: Du lauerst wie ein Raubvogel auf das Erdhörnchen auf den Moment, in dem du dir wie unabsichtlich seinen Arm krallen kannst - und bemerkst dabei nicht, dass dein Seidenschal seit geraumer Zeit in der Minestrone hängt und am Nebentisch Colin Firth Platz genommen hat und dich lüstern anstarrt.
Ich halte es auch für ziemlich verwegen, Männern das Gefühl zu geben, man würde sie ernst nehmen. Ein falsch platziertes «Nein, wirklich? Erzählen Sie mehr darüber!», und du erfährst alles über die zinsorientierte Rückgabeoptionierung bei Genossenschaftsbanken. Mein ganz persönlicher Rat: Je früher man zeigt, dass man gut unterhalten werden will, desto weniger Langeweile hat man später.
«Vergiss bitte nicht, du willst dich heute Abend nicht gut unterhalten, sondern guten Sex haben», hatte Erdal mir mit auf den Weg gegeben. «Sei also bitte nicht zu wählerisch, du darfst jemanden nicht abweisen, nur weil er nicht Vergleichende Literaturwissenschaft studiert oder nicht ganz die Nase hat, die du bei deinem Traummann aus dem Katalog ankreuzen würdest. Du musst dir immer wieder sagen: Heute Abend geht es nicht darum, den Mann fürs Leben zu finden, sondern den Mann für eine Nacht. Und da kommt doch im Prinzip jeder in Frage.» «Jeder? Wenn ich bei einem buckeligen Kahlkopf im Bett lande, dessen Hobby schwarze Magie ist, mache ich dich persönlich verantwortlich.»
In dem Moment hatte ausnahmsweise mal mein Handy geklingelt.
«Hallo!», sagte ich unwirsch.
«Ach, das Fräulein Dückers ist aber schnell am Telefon. Ist es zu gewagt, zu hoffen, dass du auf meinen Anruf gewartet hast?»
«Wer ist da?»
Ich wusste natürlich genau, wer dran war, aber ich finde es immer eine Unverschämtheit, wenn jemand wie selbstverständlich davon ausgeht, dass man seine Stimme sofort erkennt.
«Hier ist Bert», sagte Bert beleidigt. «Ich wollte fragen, ob wir uns nachher noch auf ein Getränk treffen. Ich habe zufällig noch nichts vor, und der Abend ist ja noch jung.»
Ich sagte nichts, sondern hustete herzerweichend. «Nette Idee, Bert», stieß ich schließlich schwer atmend hervor, «sonst jederzeit, aber mich hat eine schlimme Erkältung erwischt. Ich bleib lieber zu Hause.»
«Schade, dann wünsche ich dir gute Besserung. Ich melde mich. Ciao,