Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blaue Wunder

Blaue Wunder

Titel: Blaue Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildikó von Kürthy
Vom Netzwerk:
ja, und was liegt da näher, als einen kurzen Blick in den Schmutzwäschekorb, die Schubladen und den Badezimmerschrank zu werfen. Eine winzige Rolle mag auch gespielt haben, dass ich auf der Suche gewesen bin nach einem Hinweis auf sie. Verdammt, wer war diese Frau?
     
    Herzfrequenz: 145
     
    Aber ich konnte nichts finden. Kein Lebenszeichen von Astrid Crüll. Keine BHs zwischen seinen hellblauen Boxershorts, keine Tampons in seinem Badezimmerschränkchen, keine fettlosen Cornflakes in der Küche. Ist das nicht merkwürdig: Da bist du seit Jahren mit einer Frau zusammen, und sie hinterlässt keinerlei Spuren in deinem Leben? Spricht das gegen die Frau oder gegen dein Leben?
     
    Herzfrequenz: 150
     
    Und während ich so Martins Wohnung unter die Lupe nahm und mich langsam mit dem Gedanken vertraut machte, eine von derzeit zwei Alternativen seines Beziehungslebens zu sein, hatte ich eine gute Idee. Nun, zu diesem Zeitpunkt erschien sie mir jedenfalls gut. Mittlerweile hat sich der ein oder andere Zweifel bei mir eingeschlichen. Okay, vielleicht hätte ich es lieber nicht tun sollen, aber für Reue ist es jetzt ohnehin zu spät.
    Erzählt habe ich aber niemandem davon, denn ich möchte unter keinen Umständen, dass meine Freunde den Eindruck gewinnen, ich hätte einen schlechten Charakter.
    Meine Güte, es war eben eine absolute Ausnahmesituation. Dafür sollte es mildernde Umstände geben. Wenn Stumpi Crüll nicht in der Lage ist, Spuren zu hinterlassen, war das ihr Problem. Elisabeth Dückers jedenfalls würde nicht gehen, ohne ein Zeichen zu hinterlassen. So wie man auf dem Mond seine Flagge hisst, nämlich in erster Linie, um denjenigen zu ärgern, der nach einem kommt.
    Ich musste einen Ort wählen, der Martin nicht auffiel und den eine misstrauische Frau inspizieren würde. Sollte sich Martin gegen mich entscheiden, wollte ich auf diese Weise wenigstens noch einen richtig schlechten Einfluss auf seine Beziehung mit meiner Nachfolgerin nehmen.
    Das ist gemein, kleinherzig, ekelhaft, hinterhältig, verwerflich und total unindisch? Ja, das stimmt. Aber ich konnte nicht anders. Ich fühlte mich gedemütigt und fand die Vorstellung unerträglich, dass meine Rivalin niemals erfahren sollte, dass sie überhaupt eine Rivalin hatte. Es wäre schreiend ungerecht, würde sie in aller Seelenruhe auf dem Wolkenball erscheinen, mit Martin nach Bielefeld gehen und ihm dort, schluchz, die Buchhaltung machen.
    Und das alles, ohne zu wissen, dass es mich gibt und dass ich die Grundfesten ihrer Beziehung erschüttert hatte. Sie würde glauben, sie sei glücklich, dabei hatte sie einen Partner, der sich erst nach reichhaltiger Überlegung für sie entschieden hatte. Nicht mit mir.
    Ich zog meine mauvefarbene Unterhose aus und sagte leise vor mich hin: «Auge um Auge!»
     
    Herzfrequenz: 169
     
    Ich wusste, was ich zu tun hatte. Eine Unterhose unter dem Sofakissen war ein eindeutiges Zeichen. Zumindest so eine Unterhose, die man in der Fachsprache ein Dessous nennt und die jede Frau nur aus einem einzigen Grund anzieht: um sie ausgezogen zu bekommen. Dieser Slip würde der Frau, die ihn findet, folgende Geschichte erzählen:
    Hier spielten sich leidenschaftliche Szenen ab. Hier fiel der Besitzer dieses Sofas in wildem Verlangen über eine modebewusste und sexy Frau mit Slipgröße 38 bis 40 her. Also eine richtige Frau, die von Martin nicht wegen ihrer filigranen Figur, sondern wegen ihres unwiderstehlichen Wesens geschätzt wurde. Eine echte Bedrohung also. Offenbar hatten die beiden zunächst vor, auf dem Sofa noch ein alkoholisches Getränk zu sich zu nehmen, aber die körperliche Anziehung war wohl derartig stark, dass sie es nicht mehr bis ins Bett schafften, sondern noch auf dem Sofa übereinander herfielen. Hier war es ganz eindeutig zum Äußersten gekommen!
    Ich erwog kurzzeitig sogar, auf der Unterseite des Kissens einen Mix aus Hühnereiweiß und Naturjoghurt zu verteilen, aber das war dann selbst mir zu eklig - was mich beruhigte, weil es mir den Eindruck vermittelte, dass ich mich im Großen und Ganzen noch im gesellschaftlich akzeptierten Rahmen bewegte.
    Ich hob das Sofakissen hoch, nahm meine ganz persönliche Flagge - meine Unterhose - und fiel fast vor Schreck um.
     
    Herzfrequenz: 175
     
    Unter dem Kissen lag ein apricotfarbener Büstenhalter. Kreisch! Apricot ist neben Mauve die Modefarbe dieses Frühjahrs. Halbdurchsichtig, mit Spitze, ganz klar ein Kleidungsstück, das jede Frau nur aus einem Grund

Weitere Kostenlose Bücher