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Blauer Montag

Blauer Montag

Titel: Blauer Montag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N French
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träumten.
    Am Horizont explodierte ein Feuerwerkskörper und ergoss sich wie eine Blume aus Farbe in den Himmel. Ein Streifenwagen fuhr an Frieda vorbei, gefolgt von einem Lastwagen, dessen Fahrer hoch oben in seinem Führerhaus thronte. Ein Betrunkener torkelte im Zickzackkurs die Straße entlang, den Blick starr auf einen Punkt in weiter Ferne gerichtet. Matthew war am Leben. Joanna war am Leben. Kathy Ripon war immer noch vermisst und aller Wahrscheinlichkeit nach tot. Dean Reeve war tot. Der erste Weihnachtsfeiertag brach an, und Frieda wurde um halb fünf Uhr morgens klar, dass sie keinen Weihnachtsbaum besorgt hatte. Chloë würde stinksauer sein.

47
    I ch habe dir das schon vor Wochen gekauft«, erklärte Matthews Mutter. Sie legte ein großes rotes Feuerwehrauto, das noch in seiner Schachtel steckte, neben Matthews Bett. »Du hast es mal im Spielzeugladen gesehen, erinnerst du dich? Das ist schon eine Ewigkeit her. Du hast geweint, als ich sagte, du könntest es nicht haben, aber später bin ich dann zurück und habe es gekauft.«
    »Ich glaube nicht, dass er es richtig sehen kann«, bemerkte Matthews Vater in sanftem Ton.
    »Ich habe gewusst, dass du wieder nach Hause kommen würdest. Ich wollte alles für dich parat haben.«
    Der kleine Junge öffnete die Augen und starrte sie an. Sie konnte nicht sagen, ob er sie wirklich wahrnahm oder durch sie hindurchschaute, den Blick auf etwas anderes gerichtet.
    »Es ist Weihnachten. Der Weihnachtsmann war da. Bald schauen wir uns an, was er dir gebracht hat. Ich habe dir doch gesagt, dass er dich nicht vergessen würde. Er weiß immer, wo die Kinder sind. Er hat auch gewusst, dass du hier im Krankenhaus bist. Deswegen ist er extra deinetwegen vorbeigekommen.«
    Plötzlich fragte Matthew mit piepsiger Stimme: »Aber war ich denn ein artiger Junge?«
    »Ein artiger Junge? Der artigste auf der ganzen Welt!«
    Matthew schloss die Augen. Sie saßen auf beiden Seiten des Bettes und hielten seine verbundenen Hände.
     
    Richard Vine saß zusammen mit Rose in seinem kleinen Zimmer. Die Luft roch abgestanden, und es war viel zu warm. Rose
kam an Weihnachten immer zu ihm zum Brunch, und dabei machten sie die Päckchen auf, die sie sich gegenseitig schenkten – einen Morgenmantel für ihn und eine Flasche Parfüm für sie, das Gleiche, das er ihr jedes Jahr zu Weihnachten schenkte. Sie hatte es noch nie übers Herz gebracht, ihm zu sagen, dass sie es nicht mochte und nie hernahm. Abends war sie bei ihrer Mutter und ihrem Stiefvater zum Weihnachtsessen eingeladen – Truthahn mit sämtlichen Beilagen, auch wenn sie seit ihrem dreizehnten Lebensjahr Vegetarierin war und sich daher mit den Beilagen begnügen musste. So handhabten sie das schon, seit ihr Vater die Familie verlassen hatte und Joanna verschwunden war.
    Als sie nun die unrasierte Wange ihres Vaters küsste, roch sie den Tabak, seine süßliche Alkoholfahne und den Schweißgeruch, den er verströmte. Krampfhaft versuchte sie, ihn ihren Widerwillen nicht spüren zu lassen. Ihr war klar, dass er sich im Anschluss an ihren Besuch vor den Fernseher setzen und bis zur Besinnungslosigkeit betrinken würde. Rose musste an ihre Mutter denken, die sich so resolut dazu entschlossen hatte, ihr Leben ohne Joanna weiterzuleben, weil sie keinen Sinn darin sah, jahrelang in einem Zustand lähmender Trauer auf die Tochter zu warten, von der sie doch im Grunde wusste, dass sie tot war. Was würde sie zu der Neuigkeit sagen? Wie würde sie reagieren? Rose war sich durchaus im Klaren darüber, was sie alle im Anschluss an ihr tristes weihnachtliches Familienritual erwartete: hektischer Presserummel und Neugier von allen Seiten – eine Welt, die aus ihrer normalen Ordnung gerissen sein würde.
    »Danke.« Sie tupfte sich ein wenig von dem Parfüm auf die Handgelenke. »Wunderbar, Dad.«
    Sie war von lauter Fotos von Joanna umgeben. Ihr Vater hatte kein einziges weggeräumt oder aussortiert. Manche waren inzwischen verblasst, andere in ihren Rahmen verrutscht. Obwohl sie ihr so vertraut waren, sah Rose sie sich noch einmal
an: das strahlende, aber zugleich ängstliche Lächeln, den dunklen Pony, die knochigen Knie – das nervöse, hilfsbedürftige kleine Mädchen, das sich im Gedächtnis ihres Vaters dermaßen festgesetzt und ausgebreitet hatte, dass er nie mehr in der Lage gewesen war, ein normales Leben zu führen. Obwohl Rose noch nicht wusste, wie sie es formulieren sollte, setzte sie zum Sprechen an.
    »Dad«, begann sie,

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