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Blauer Montag

Blauer Montag

Titel: Blauer Montag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N French
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den ganzen Winter hindurch zu wärmen, und tastete nach seinen Münzen. Er bezweifelte, dass er noch genug für eine weitere Runde hatte, wollte aber nicht unhöflich zu seinem neuen Freund sein, der Ray hieß und ein rosiger, rundlicher Typ war.
    »Ich gebe dir noch ein Bier aus, werde selbst aber wohl keines mehr trinken«, meinte er schließlich. »Ich muss langsam aufbrechen. Ab morgen arbeite ich für eine Frau.«
    Ray bedachte ihn mit einem verschwörerischen Lächeln, das jedoch sofort aus seinem Gesicht verschwand, als er Josefs Miene sah.
     
    Sie genoss es, den Wind auf dem Gesicht zu spüren. Sie genoss die kühle Dunkelheit und die menschenleeren Straßen um sich herum, wo nur ihre eigenen Schritte und das Rascheln trockenen Laubs die Ruhe störten. Nur aus der Ferne drang gedämpfter Verkehrslärm herüber. Sie trat unter die kleine Brücke, von der ein Paar Stiefel baumelten und im Wind hin und her schwangen. Die Stiefel hingen dort schon von der Brüstung, seit Frieda diese Strecke zum ersten Mal gegangen war. An der Waterloo Bridge blieb sie immer eine Weile stehen, um die großartigen Gebäude zu betrachten, die sich auf beiden Seiten des Flusses reihten, und um dem sanften Platschen zu lauschen, mit dem das Wasser an das Ufer schlug. Die Stelle war ein guter Aussichtspunkt. Von hier breitete die Stadt sich meilenweit in alle Richtungen aus, bis sie schließlich in die Vororte überging und dann in fast schon ländliche Gegenden mit einer gezähmten Art von Natur, in die Frieda sich nur begab, wenn es sich nicht vermeiden ließ. Nun wandte sie sich wieder dem Fluss zu. Gar nicht weit entfernt wartete ihr schmales kleines Haus auf sie – mit seiner dunkelblauen Tür, dem Sessel neben dem Kamin und dem Bett, das sie heute Morgen so ordentlich gemacht hatte.
    Es war bereits drei Uhr vorbei, als sie schließlich zu Hause
ankam. Obwohl ihr Körper sich durchaus müde fühlte, kreisten in ihrem Kopf Gedanken und Bilder. Sie wusste, dass sie mal wieder nicht würde schlafen können. Eine Kollegin, die Expertin für Schlafverhalten war, hatte ihr erzählt, dass es oft half, sich auf ein ruhiges Bild zu konzentrieren – einen See oder eine Wiese mit hohem Gras, hatte sie vorgeschlagen. Genau das versuchte Frieda nun, nachdem sie zu Bett gegangen war – wobei sie die Vorhänge nicht zugezogen hatte, weil sie den Mond sehen wollte. Sie stellte sich vor, sie könnte in das Bild eintauchen, das in ihrer Praxis an der Wand hing. Doch statt durch die warmen, rauchigen Farben der gemalten Landschaft zu spazieren, ertappte Frieda sich dabei, wie sie sich das Bild vorstellte, von dem Alan Dekker gesprochen hatte: ein Schiff, das in ein Unwetter geraten war, sodass der Sturm die Seile durch die Luft peitschte und alles durcheinanderflog. So ähnlich ging es manchmal wohl auch in Alans Kopf zu. Dieser Gedanke erinnerte Frieda daran, wie ihre Decke explodiert und ein menschlicher Körper durch das Loch gefallen war, begleitet von rieselndem Staub und Verputz. Sie fragte sich, ob ihr Praxisraum morgen tatsächlich wieder für sie benutzbar wäre – wobei mittlerweile natürlich schon morgen war und sie in etwa drei Stunden aufstehen musste.
     
    Als Josef in der Wohnung eintraf, konnte Frieda ihn hinter den riesigen Spanplatten, die er trug, zunächst kaum sehen. Er lehnte die Platten gegen eine Wand des Sprechzimmers und blickte zu dem Loch empor.
    »In einer halben Stunde kommt ein Patient«, erklärte Frieda.
    »Ich brauche dafür nur zehn Minuten«, entgegnete Josef, »höchstens fünfzehn.«
    »Wollen Sie damit das Loch schließen?«
    »Bevor das Ganze wieder gut werden kann, muss es erst schlimmer werden. Ich muss das Loch noch vergrößern, die Bruchstellen entfernen. Danach kann ich die Decke wieder
stark und heil machen.« Er deutete auf die Platten. »Damit werde ich hier eine Wand einziehen und Ihnen Ihr Zimmer zurückgeben. Ich habe es ausgemessen und zwei Stücke zugeschnitten. Es wird bestimmt passen.«
    Frieda hatte hinsichtlich dieses Prozesses so viele Fragen und Einwände, dass sie gar nicht wusste, wo sie anfangen sollte. »Wie wollen Sie rein- und rauskommen?«, fragte sie lahm.
    »Durch das Loch«, antwortete Josef. »Ich lasse die Leiter runter, und hinterher ziehe ich sie wieder hoch.«
    Er verließ den Raum und kehrte ein paar Minuten später mit zwei Taschen zurück. Eine enthielt Werkzeug, die andere unterschiedlich große Holzstücke. Mit erstaunlicher Geschwindigkeit wuchtete er die

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