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Blauer Montag

Blauer Montag

Titel: Blauer Montag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N French
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gerade?«
    Frieda hasste es, wenn jemand sie das fragte. »An nichts Besonderes«, antwortete sie. »Den vor mir liegenden Tag. Sachen, die mit meiner Arbeit zu tun haben.« Sie hatte extrem schlecht geschlafen. Ihre Augen brannten, und sie war so gereizt, dass sie sich nicht mit Sandy unterhalten wollte, der die ganze Nacht tief und fest neben ihr geschlafen und dabei im Traum unverständliches Zeug vor sich hin gemurmelt hatte.
    »Es gibt ein paar Dinge, über die wir reden sollten.«
    »Dinge?«
    »Ja.«
    »Wird das jetzt das Mit-wie-vielen-Männern-habe-ichschon-geschlafen-Gespräch?«
    »Nein. Das sparen wir uns für später auf. Ich möchte mit dir über unsere Pläne sprechen.«
    »Du meinst, was ich diesen Sommer vorhabe? Ich sollte dich vielleicht vorwarnen: Fliegen hasse ich wie die Pest, und Sonnenbaden am Strand auch.«
    »Hör auf.«
    »Entschuldige. Ignorier mich einfach. Es ist halb acht Uhr morgens und ich habe den Großteil der Nacht wach gelegen. In meinem Kopf geht es dann immer drunter und drüber. Die einzigen Pläne, die ich im Moment schmieden kann, sind die für die nächsten acht Stunden.«
    »Komm doch heute Abend zu mir. Dann koche ich uns eine Kleinigkeit, und wir können reden.«

    »Irgendwie habe ich das Gefühl, das verheißt nichts Gutes.«
    »Da irrst du dich.«
    »Ich habe um sieben noch einen Patienten.«
    »Komm einfach danach.«
     
    Frieda machte sich während einer Sitzung niemals Notizen. Das erledigte sie erst hinterher, und am Abend oder am Wochenende tippte sie die Notizen dann am Computer ins Reine. Hin und wieder aber fertigte sie kleine Zeichnungen an oder kritzelte einfach ein wenig auf dem Block herum, den sie stets zur Hand hatte. Das half ihr dabei, sich gedanklich auf den Patienten zu konzentrieren. Sie tat es auch jetzt, während sie in ihrem wiederhergestellten und frisch gestrichenen Raum saß. Die neue Wandfarbe trug die Bezeichnung »Nebelgrau«. Was Josef davon hielt, war ihm deutlich anzusehen gewesen. Im Moment fertigte Frieda gerade eine lockere Skizze von Alans linker Hand an, die er – zumindest vorübergehend – auf der Armlehne seines Sessels abgelegt hatte. Hände zu zeichnen war schwierig. Er hatte einen dicken goldenen Ehering am dafür vorgesehenen Finger, wund gekaute Haut rund um den Daumennagel und hervorstehende Adern. Sein Zeigefinger war länger als sein Ringfinger. Angeblich hatte das etwas zu bedeuten, auch wenn sie sich nicht erinnern konnte, was. An diesem Tag wirkte er noch rastloser als sonst. Ständig rutschte er auf seinem Platz herum, beugte sich vor, lehnte sich wieder zurück und rieb sich die Seite der Nase. Frieda bemerkte, dass er am Hals einen Ausschlag und auf dem Hemd einen Zahnpastafleck hatte. Er sprach in sehr schnellem Tempo über den Sohn, den er sich wünschte. All die Worte, die so viele Jahre lang verboten und in seinem Inneren versiegelt gewesen waren, quollen nun plötzlich hervor. Während sie den Knöchel seines kleinen Fingers zeichnete, lauschte sie ihm aufmerksam und versuchte dabei, das Unbehagen zu unterdrücken, das durch ihren Körper kribbelte und ihr eine Gänsehaut verursachte.

    »Das wunderbare Gefühl, von ihm Dad genannt zu werden«, sagte er gerade. »Sein Vertrauen in mich zu spüren. Ihn nie enttäuschen zu wollen. Er spielt Fußball, und Brettspiele mag er auch. Abends genießt er es, wenn ich ihm vorlese. Bücher über Dinosaurier und Züge.«
    »Sie sagen das, als würde er tatsächlich existieren.«
    »Ist das ein Problem?«
    »Sie wünschen es sich so sehr, dass Sie es in Ihrer Vorstellung wahr werden lassen.«
    Alan rieb mit beiden Händen über sein müdes Gesicht, als würde er es gerade gründlich waschen. »Es tut mir gut, jemandem davon zu erzählen«, erklärte er, »es endlich laut auszusprechen. Das fühlt sich fast so an wie damals, als ich mich in Carrie verliebte. Natürlich hatte ich vor ihr schon andere Freundinnen, aber das war etwas ganz anderes. Ich kam mir vor wie von mir selbst befreit.« Er schaute Frieda an. Sie merkte sich die Formulierung für später. »Während der ersten paar Monate hatte ich nur den Wunsch, ihren Namen laut auszusprechen, egal, mit wem ich redete. Ich fand immer einen Weg, sie ins Gespräch einfließen zu lassen. ›Meine Freundin Carrie‹, sagte ich ständig. Erst wenn ich es zu jemand anderem sagte, fühlte es sich richtig real an. So ähnlich ist das jetzt auch. Als müsste ich es einfach jemandem erzählen, weil dadurch dieser Druck in mir

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