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Blauwasserleben

Blauwasserleben

Titel: Blauwasserleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Dorsch
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nicht bekannt. Stefan und ich
hatten dadurch nachts ruhig schlafen können, keiner hielt wie sonst Wache.
    Â»Wir haben es geschafft«, sagte ich nach einer angemessenen
Schweigeminute. »Das war eine lange Zeit, aber wir beide sind am Leben, kein
Segel ist gerissen. Wir können stolz auf uns sein.«
    Â»Aber ehrlich gesagt, ich bin auch froh, endlich von Bord gehen zu
können. Endlich wieder laufen können und Leute treffen. Zum Schluss fragte ich
mich schon, ob es überhaupt noch Land gibt.«
    Wir waren beide müde. Viel hatten wir uns mit uns selbst
beschäftigt, auch damit, den Körper immer auszugleichen, ihn anzupassen an die
Wellen und die Schiffsbewegungen. Zum Schluss war uns sogar die Lust vergangen,
irgendetwas zu kochen. Nach zehn Tagen hatten wir nichts Frisches mehr,
abgesehen von Zwiebeln und Knoblauch und einem Sack grüne Maracujas, die wir
auf den Galapagosinseln selbst gepflückt hatten. Diese reiften langsam zu
gelben, schrumpeligen Früchten heran, sodass unser morgendlicher Bananen-Maracuja-Shake
zur Pflicht wurde. Skorbut konnten wir damit ausschließen. Selbst die Bananen,
die wir grün eingekauft hatten, waren so schnell reif geworden, dass bald keine
mehr übrig gewesen waren. Die Karotten mussten wir über Bord kippen. Schlecht geworden.
Ein Fehlkauf. Fisch, eingekocht, und auch Gulasch konnten wir nicht mehr sehen.
Fisch frisch zu fangen, was uns sonst immer Spaß brachte, winkten wir ab,
Lethargie hatte sich ausgebreitet. Es wurde Zeit, dass wir an Land kamen. Nach
knapp 3000 Seemeilen, also rund 5500 Kilometern, mussten wir uns für diesen
Wunsch nicht schämen.
    Vor uns lag die Küste Fatu Hivas, einer zur Südgruppe der
französisch-polynesischen Marquesas gehörenden Insel. In der Bucht, die wir am
30. August zuerst ansegelten, wurden wir mit Hupen und Willkommensrufen
empfangen, obwohl nur zwei Boote dort ankerten. Die Aquamante von Daphne und Vries sowie die Sailingyacht Kreta von
Rob und Wanda. Weil alle vier Segler Holländer waren, hisste Stefan statt der
französischen Gastlandflagge seine orangefarbene Hose.
    Normalerweise hätten in der Bucht dreißig, vierzig Yachten gelegen,
aber wir waren spät dran in der Saison. Daphne rief uns zu: »Kommt heute Abend
rüber zu uns aufs Boot, wir geben für euch ein Willkommensessen!« Das Angebot nahmen
wir sofort an, und als wir zusammensaßen und Daphnes weltbeste Pasta aßen,
kamen unsere Gastgeber kaum zu Wort. Aus Stefan brach ein Schwall von Worten
heraus, als hätte er Jahre in einem Schweigekloster zugebracht.
    Â»Und was ist aus Fritzi geworden? Eurem Seelöwenhaustier?«, fragte
Vries, nachdem Stefan einmal eine Redepause eingelegt hatte. »Wolltet ihr ihn
nicht mitnehmen?«
    Daphne und Vries hatten wir in San Cristóbal auf Galapagos
kennengelernt. Eines Nachmittags schlenderten wir mit einem Eis die Hafenmole
entlang. Das Paar saß in einem Café, vor ihnen stand ein Laptop, daneben lag
ein Handfunkgerät, zu ihren Füßen ein wasserdichter Seesack.
    Â»Das sind Segler«, sagte ich zu Stefan. »Denen gehört bestimmt das
holländische Boot in unserer Bucht, die Aquamante .
Komm, wir sagen mal Hallo!«
    Seitdem waren wir in ständigem Kontakt geblieben. Vries war einst
Banker gewesen und hatte sich im Zuge einer Restrukturierung seines
Unternehmens ausbezahlen lassen. Daphne, seine Frau, war einige Jahre jünger
als er, sehnig, mit einem warmen Lächeln, die haselnussbraunen Haare hatte sie
oft zurückgebunden, kleine Locken kräuselten sich um ihr Gesicht. Die Aquamante war so ziemlich das entgegengesetzte Modell zur Baju . Das Boot der Holländer war eine Luxusyacht, ausgestattet
mit feinstem Teakholz und vollgepackt mit komplizierten Systemen wie Hydraulik
und einem Generator. Eine Espressomaschine fehlte natürlich auch nicht. So
unterschiedlich die beiden Schiffe auch waren, wir verstanden uns von Anfang
an. Wir hatten die gleichen Interessen, zudem war ihre Route identisch mit
unserer. Entweder sie folgten uns oder wir ihnen.
    Â»Die Südsee wäre viel zu warm für ihn gewesen«, erklärte ich
lachend. »Und stellt euch nur mal vor, wie es gewesen wäre, wenn der
Quarantäne-Beauftragte Französisch-Polynesiens gefragt hätte: ›Irgendwelche
Tiere an Bord – Hund, Katze, Papagei?‹ Und wir geantwortet hätten: ›Nein, weder
Hund, Katze noch Papagei,

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