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Blauwasserleben

Blauwasserleben

Titel: Blauwasserleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Dorsch
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aber einen Seelöwen.‹ Den Blick des Beamten hätte ich
gern gesehen.«
    Wir lachten und stießen mit einem Glas Wein auf unser Wiedersehen
an. Es war schön, wieder unter Freunden zu sein.

    Am nächsten Morgen wachten Stefan und ich mit dem befriedigenden
Gedanken auf: Wir sind in der Südsee. Inmitten hoher Berge und unseres
geliebten Dschungels. Statt blau war nun alles grün. Dazwischen gewaltige
Felsformationen mit Wasserfällen.
    Wir dachten an den ersten Weltumsegler, den portugiesischen
Seefahrer Ferdinand Magellan, der im 16. Jahrhundert aufgebrochen war, wohl
weil er eine geheime Karte entdeckt hatte, die darauf deutete, dass es eine
Durchfahrt zum Pazifik gab – die heutige Magellanstraße. Er segelte dann auch
durch den Pazifik, aber an den Marquesas-Inseln vorbei. Mit dem Ergebnis, dass
die Hälfte seiner Mannschaft verhungerte. Für uns Segler des 21. Jahrhunderts
war die Inselkette der erste logische Stopp nach der Überquerung des Stillen
Ozeans, wie Magellan den Pazifik auch genannt hatte.
    Â»Hätte er nur nicht all die Südseeinseln verpasst, der Unglücksrabe«,
sagte Stefan. »Vieles wäre sicher anders verlaufen.« Der Portugiese stieg erst
auf den Marianen wieder an Land, bevor er zu den Philippinen weitersegelte.
Hier starb er, getroffen von einem vergifteten Pfeil der Einheimischen.
    Auf den anderen beiden Booten war es noch still, aber uns hielt
nichts mehr. Dadurch, dass die Marquesas – obwohl für uns am Ende der Welt
gelegen – zu Frankreich und somit zur Europäischen Union gehören, mussten wir
nicht umständlich ein- und ausklarieren. Es gab auch keine Restriktionen über
die Länge unseres Aufenthalts wie in anderen Ländern. Wir konnten bleiben,
solange wie wir wollten.
    Wir ließen Baby Baju zu Wasser, und kurze
Zeit später standen wir mit unseren Macheten mitten im Busch. Es war gut, dass
wir diese säbelartigen Messer mitgenommen hatten, nirgendwo gab es Pfade, wir
mussten uns mit viel Kraft einen Weg durch das dichte Grün bahnen. Überall
entdeckten wir hohe Büsche, an denen rote oder grüne Chilischoten hingen, Bäume
mit Limonen, fußballgroßen Grapefruits (Pomellos genannt), Guaven und Früchten,
die wir nicht kannten.
    Zwischen dem changierenden Grün flirrten bunte Kolibris, hin und
wieder hörten wir die wilden Ziegen meckern, die »Cook-Nachfahren«, von denen
uns Wolfgang Hausner erzählt hatte. Ohne natürliche Feinde – außer den
Menschen, die sie jagen, und die jagen sie in dieser Gegend einzig für den
Eigenbedarf – konnten sie sich auf den Inseln ungefährdet und zahlreich
vermehren.
    In den Seglerbüchern hatten wir die Kapitel über die Südsee
regelrecht eingeatmet und uns doch gefragt, ob von dieser Südseeromantik noch
etwas übrig geblieben oder ob das schon damals pure Phantasie war.
    Jetzt wanderten wir in diesem Paradies umher, einem großen Garten
Eden. Man musste nur die Hand ausstrecken, um die Früchte zu ernten. Um Fleisch
und Fisch zu bekommen, musste man nur eine Ziege erlegen oder einen Fisch in
der Bucht harpunieren.
    Ziege war überhaupt das Nationalgericht der Polynesier, gleich
danach folgte Poisson cru , roher Fisch, eingelegt in
Kokosmilch und Limetten.
    In dem an der Bucht gelegenen Dorf lächelten uns erneut alle an,
denen wir begegneten, und begrüßten uns mit »Ka’oha nui«, dem marquesanischen
Willkommensgruß. Insgesamt wohnten dort vielleicht fünfzig Menschen, wobei wir
meist nur Männer, jüngere Kinder und ältere Frauen sahen. Stefan fragte einen
Mann nach Gemüse, da wir einen Auberginenstrauch in seinem Garten ausgemacht
hatten. »Pflückt euch ein paar Früchte, wenn ihr möchtet«, entgegnete der
Fremde. Und das taten wir voller Freude. Drei Stück, mehr traute ich mich nicht
zu nehmen, das entsprechende Pastarezept schon im Kopf. Doch womit sollten wir
das Gemüse zahlen? Natürlich hätten wir ihm Geld in der lokalen Währung geben
können, aber Stefan hatte einen besseren Einfall. Er kramte aus seinem Rucksack
eine kleine Flasche Rum hervor – in dieser Gegend fast unbezahlbar. In Panama
City hatten wir dafür einen Dollar pro Flasche bezahlt. Eine 0,75-Liter-Flasche
kostete auf den Marquesas, wie wir später feststellten, bis zu zwanzig Euro.
Das war Absicht, denn da es nicht viel Arbeit auf den Inseln gab, hatte

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