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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Richard, tue es um meinet – und um deinetwillen. Schon aus natürlicher Abneigung gegen die Sorgenquelle, die mit schuld war, daß wir schon in frühester Jugend Waisen wurden, bitte, bitte, sage Dich auf ewig davon los. Wir haben wahrhaftig Grund, zu wissen, daß nichts Gutes und keine Hoffnung aus dieser Quelle kommt. Nur Kummer und Sorgen.
    Liebster Vetter, ich brauche wohl nicht erst zu sagen, daß Du selbstverständlich ganz frei bist. Aller Wahrscheinlichkeit nach wirst Du einmal ein Mädchen finden, das Du viel mehr lieben wirst als Deine erste flüchtige Jugendneigung. Laß mich Dir sagen, daß ich Deinem Schicksal viel lieber in die weite Welt folgen – und wäre es noch so bescheiden und armselig – und Dich in der Erfüllung Deiner Pflicht und im Verfolgen des von Dir erwählten Weges glücklich sehen, als hoffen würde, mit Dir auf Kosten öder Jahre martervollen Wartens und gleichgültig gegen jedes andre Lebensziel dereinst reich zu sein, wenn das überhaupt möglich wäre. Du wirst Dich vielleicht wundern, daß ich das bei meiner geringen Lebenserkenntnis und Erfahrung so zuversichtlich ausspreche, aber im innersten Herzen fühle ich, daß ich recht habe.
    Stets verbleibe ich, liebster Vetter,
Deine Dich zärtlich liebende
Ada.
    Dieses Briefchen brachte Richard sehr bald zu uns. Aber es machte nur einen sehr geringen, wenn überhaupt einen Eindruck auf ihn.
    »Wir wollen unparteiisch versuchen«, sagte er, »wer recht und wer unrecht hat.« Er wollte es uns zeigen – wir sollten schon sehen. Er war begeistert und voller Glut, als ob Adas Zärtlichkeit ihn ansporne, aber ich konnte nur seufzend hoffen, der Brief möchte, wenn er ihn später nochmals läse, einen stärkeren Eindruck auf ihn machen, als es offenbar jetzt der Fall gewesen.
    Da er den Tag über bei uns bleiben wollte und für den nächsten Morgen Plätze in der Landkutsche bestellt hatte, suchte ich Gelegenheit, mit Mr. Skimpole zu sprechen. Da wir uns viel im Freien aufhielten, ergab sich das leicht, und ich deutete ihm zart an, es sei eine Sache der Verantwortlichkeit, Richard vor unnötigen Ausgaben zurückzuhalten.
    »Verantwortlichkeit, meine liebe Miß Summerson?« griff Mr. Skimpole das Wort mit seinem gewinnendsten Lächeln auf. »Ich bin für so etwas der allerungeeignetste Mensch auf der Welt. Ich war nie in meinem Leben verantwortlich. Ich kann es nicht sein.«
    »Ich fürchte, jedermann ist verpflichtet, es zu sein«, wendete ich schüchtern ein, da er soviel älter und gescheiter war als ich.
    »Wirklich?« sagte Mr. Skimpole mit drolligem Erstaunen über meinen lichtvollen Einwand. »Aber jedermann ist doch nicht verpflichtet, zahlungsfähig zu sein? Ich bin es zum Beispiel nicht. Ich war es nie. Sehen Sie her, meine liebe Miß Summerson.« Er nahm eine Handvoll loses Kupfer- und Silbergeld aus der Tasche. »Hier ist soundsoviel Geld. Ich habe keine Idee, wieviel es ist. Ich bin in der Kunst des Zählens nicht bewandert. Sagen wir vier Schilling und neun Pence – sagen wir vier Pfund und neun Schilling. Jemand behauptet nun, ich wäre viel mehr schuldig als das. Ich glaube das gern. Ich glaube, ich bin soviel schuldig, als gutmütige Leute mir borgen wollen. Wenn sie nicht aufhören, das zu tun, warum sollte ich mich weigern. Da haben Sie Harold Skimpole im kleinen. Wenn das Verantwortlichkeit ist, so bin ich verantwortlich.«
    Die vollkommene Unbefangenheit, mit der er das Geld wieder einsteckte und mich mit einem Lächeln auf seinem geistvollen Gesicht ansah, als ob er mir eine Anekdote von irgendeinem andern erzählt hätte, machte auf mich fast den Eindruck, als ob ihn wirklich die Sache nicht das geringste anginge.
    »Wenn Sie schon von Verantwortlichkeit sprechen«, fing er wieder an, »so möchte ich Ihnen sagen, daß ich noch nie das Glück gehabt habe, jemanden zu kennen, der so erfrischend verantwortlich ist wie Sie. Sie erscheinen mir wie der wahre Probierstein der Verantwortlichkeit. Wenn ich Sie, meine liebe Miß Summerson, so beschäftigt sehe, das ganze kleine geordnete System, dessen Mittelpunkt Sie selbst sind, tadellos in Gang zu erhalten, so fühle ich eine Neigung, mir zu sagen – und sage es wirklich sehr oft –: das ist wahres Verantwortlichkeitsgefühl.«
    Nach solchen Äußerungen fiel es mir schwer, ihm zu erklären, was ich meinte, aber ich ging doch so weit zu sagen, daß wir alle hofften, er werde Richard in seiner jetzigen falschen Lebensansicht nicht bestärken, sondern eher davon

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