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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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meine Verdauung hat sehr gelitten –, und wenn ich nur auf mich Rücksicht zu nehmen hätte, würde ich mich auf das Land zurückziehen, zumal mich Geschäftssorgen stets abgehalten haben, viel in Gesellschaft zu verkehren, und vor allem in Damengesellschaft, an der mir stets am meisten lag. Aber da ich drei Töchter habe – Emma, Jane und Karoline – und außerdem meinen greisen Vater, kann ich nicht an mich selbst denken. Allerdings brauche ich meine geliebte Großmutter, die in ihrem hundertzweiten Jahr starb, nicht mehr zu unterstützen, aber immerhin bleibt mir noch genug zu tun, die Mühle stets in Gang zu erhalten.« – Man mußte wegen seiner Angewohnheit, in sich hineinzusprechen, und seiner merkwürdig leblosen Weise aufmerksam zuhören, wenn man ihn verstehen wollte. –
    »Sie müssen entschuldigen, daß ich meine Töchter erwähnte. Es ist meine schwache Seite. Ich wünsche den armen Mädchen ein, wenn auch bescheidenes, so doch unabhängiges Einkommen sowie einen guten Namen zu hinterlassen.«
    Wir erreichten jetzt Mr. Boythorns Haus, wo der gedeckte Teetisch unser bereits wartete. Kurz darauf kam auch Richard wieder, ruhelos und in Eile, und beugte sich über Mr. Vholes' Stuhl und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Mr. Vholes antwortete laut – das heißt, was man bei ihm laut nennen konnte –: »Sie wollen mich selbst kutschieren, Sir? Ganz wie Sie wünschen. Ich bin stets zu Ihren Diensten.«
    Aus den hierauf folgenden Gesprächen entnahmen wir, daß Mr. Skimpole bis zum Morgen dableiben sollte, um die bereits bezahlten Rückplätze für sich allein zu benützen. Da Ada und ich wegen Richard bekümmert waren und es uns leid tat, so von ihm zu scheiden, gaben wir so deutlich, wie es die Höflichkeit erlaubte, zu verstehen, wir möchten Mr. Skimpole im Wirtshause lassen und uns zurückziehen, sobald Richard und Mr. Vholes fortgefahren sein würden.
    Da Richards Lebhaftigkeit uns alle mitriß, gingen wir zusammen nach dem Hügel auf der Höhe des Dorfes, wohin er das Gig bestellt hatte, und fanden dort einen Mann mit einer Laterne bei dem dürren Falb, der vor den Wagen gespannt war, stehen.
    Ich werde nie vergessen, wie die beiden im Laternenschimmer nebeneinander saßen. Richard, ganz Feuer und Flamme, mit den Zügeln in der Hand, Mr. Vholes, totenstill, in schwarzen Handschuhen, bis zum Kinn zugeknöpft und ihn ansehend wie eine Beute, die er mit seinem Zauber umstrickte. Vor mir steht das ganze Bild der warmen dunkeln Sommernacht, das Wetterleuchten, die staubige Landstraße, von Hecken und hohen Bäumen umsäumt, und das dürre fahle Pferd mit den gespitzten Ohren.
    So fuhren sie fort zur Verhandlung 'Jarndyce kontra Jarndyce'.
    Mein Liebling sagte mir diese Nacht, ob Richard in Zukunft glücklich oder unglücklich, von Freunden umgeben oder verlassen sein würde, könne für sie nur insofern einen Unterschied machen, als daß, je mehr er eines treuen Herzens bedürfen sollte, desto mehr Liebe das ihre für ihn haben werde. Immer und zu allen Zeiten werde sie an ihn und nie an sich selbst denken, nie an ihr eignes Wohl, wenn sie das seine würde fördern können.
    Und hielt sie Wort?
    Ich blickte im Geiste die vor mir sich hinziehende Lebensstraße entlang, auf der das Ende der Reise bereits in der Ferne sichtbar wird, und treu und gut über dem toten Meer des Kanzleigerichtsprozesses und allen seinen mit Asche gefüllten Früchten, die es ans Ufer wirft, glaube ich meinen Liebling zu sehen.

38. Kapitel
Ein Seelenkampf
    Als die Zeit unsrer Rückkehr nach Bleakhaus gekommen war, hielten wir pünktlich den Tag ein und wurden mit einem überwältigenden Willkommen empfangen. Ich fühlte mich vollständig wiederhergestellt, und als ich meine Wirtschaftsschlüssel in meinem Zimmer bereitliegen fand, läutete ich mich ein mit lustigem Geklingel wie das neue Jahr. »Jetzt wieder Pflicht, Pflicht, Esther«, sagte ich zu mir. »Und wenn du nicht überfroh bist, sie in allen und jeden Verhältnissen heiter und zufrieden erfüllen zu können, so solltest du es doch sein. Weiter habe ich dir nichts zu sagen, meine Liebe.«
    Die ersten paar Vormittage waren so mit Geschäften aller Art, dem Abschließen von Rechnungen, Hin- und Herlaufen zwischen Brummstübchen und allen andern Teilen des Hauses, mit so vielem Umpacken von Schränken und Kästen und einem so allgemeinen Wiedervonvornanfangen ausgefüllt, daß ich keine Minute freie Zeit hatte.
    Erst als ich damit fertig und alles in Ordnung war, machte

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