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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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zu führen. Richard war nach solchen Unterredungen immer etwas ernster als gewöhnlich, sagte aber stets Ada und mir, die Sache sei in schönster Ordnung, und fing von etwas anderm an zu sprechen.
    »Bei Gott!« rief Mr. Boythorn, der sich für die Angelegenheit natürlich sehr stark interessierte, denn er tat nichts halb. »Es freut mich, daß ein junger Mann von Herz und Verstand sich diesem edlen Berufe widmet. Mit je mehr Geist er betrieben wird, desto besser für die Menschheit und desto schlimmer für die feilen Handwerker und Schwindler, die sich ein Vergnügen daraus machen, diese hohe Kunst der Welt in schlechtem Lichte zu zeigen. Bei allem, was niedrig und abscheulich ist, die Behandlung der Chirurgen bei der Marine ist derart, daß ich jedem Mitglied der Admiralität einen doppelten Knochenbruch an beiden Beinen beibringen lassen und es zu einem mit Deportation zu bestrafenden Verbrechen stempeln möchte, sie wieder einzurichten, wenn die Sache nicht in achtundvierzig Stunden anders würde.«
    »Würdest du ihnen nicht wenigstens eine Woche Frist einräumen?« fragte Mr. Jarndyce.
    »Nein, unter keinen Umständen! Achtundvierzig Stunden. Und was Korporationen, Kirchspielbehörden, Gemeinderatssitzungen und ähnliche Zusammenkünfte von Dickschädeln betrifft, die sich nur versammeln, um zu faseln, so sollten sie, bei Gott, verurteilt werden, sich den schäbigen Rest ihres elenden Lebens in Quecksilberbergwerken zu schinden, geschähe es auch nur, um zu verhindern, daß ihr greuliches Englisch irgendeine schöne Sprache, die im Sonnenlicht gesprochen wird, beflecke. Was diese Kerle betrifft, die die Selbstlosigkeit anständiger Gentlemen, die sich den Wissenschaften zuwenden, gemein ausnützen, indem sie die unschätzbaren Leistungen der besten Lebensjahre, die langen Studien und die kostspielige Erziehung mit einem Lumpengeld, zu klein für einen Kopierjungen, bezahlen, so sollte man jedem von ihnen den Hals umdrehen und ihre Schädel im chirurgischen Saal zur Erbauung der ganzen Hörerschaft aufstellen lassen, damit die Jüngern Studenten schon früh im Leben durch direkte Messung lernen, wie dick Schädel überhaupt werden können.«
    Nach diesem heftigen Gefühlserguß sah sich Mr. Boythorn mit höchst liebenswürdigem Lächeln im Kreise um und fing plötzlich an zu donnern: »Hahaha!« und konnte sich kaum beruhigen.
    Da Richard auch nach längerer Bedenkzeit immer noch der Ansicht war, seine Wahl stehe fest, und in derselben entschiedenen Weise Ada und mir immer wieder versicherte, es sei daran nicht zu rütteln, so wurde es notwendig, Mr. Kenge zu Rate zu ziehen.
    So kam denn Mr. Kenge eines Tags zum Mittagessen, lehnte sich in seinen Stuhl zurück, drehte sein Augenglas zwischen den Fingern, redete mit sonorer Stimme und benahm sich genau so, wie ich mich erinnerte, ihn als kleines Mädchen gesehen zu haben.
    »Wahrhaftig«, sagte er. »Ja. Hm. Ein sehr guter Beruf, Mr. Jarndyce, wirklich, ein sehr guter Beruf.«
    »Das praktische und theoretische Studium verlangt anhaltenden Fleiß«, bemerkte mein Vormund mit einem Blick auf Richard.
    »Ohne Zweifel«, nickte Mr. Kenge. »Großen Fleiß.«
    »Aber da dies schließlich mehr oder weniger bei allen Berufsarten, die in Betracht kommen, der Fall ist, so ist das ein Punkt, den man auch bei jeder andern Berufswahl berücksichtigen müßte.«
    »Sehr wahr«, bestätigte Mr. Kenge. »Und Mr. Richard Carstone, der sich so ausgezeichnet hat – darf ich sagen, unter dem Himmel des klassischen Altertums, unter dem er seine Jugend verlebt hat? –, wird ohne Zweifel die erworbene Fertigkeit, wenn auch nicht die Prinzipien und die Praxis des Versemachens in einer Sprache, in der, wie es heißt, ein Dichter geboren und nicht gemacht wird, auf den wesentlich praktischeren Wirkungskreis, in den er jetzt eintritt, anwenden.«
    »Sie können sich darauf verlassen«, fiel Richard in seiner leichtherzigen Weise ein, »daß ich es ordentlich angehen und mein Bestes tun werde.«
    »Sehr gut, Mr. Jarndyce.« Mr. Kenge nickte milde. »Wirklich, wenn uns Mr. Richard versichert, er wolle es angehen und sein Bestes tun«, – er nickte wieder milde und voll Gefühl – »so möchte ich Ihnen nahe legen, daß wir uns nur nach der besten Art, ihm das Ziel seines Ehrgeizes näher zu rücken, umzusehen haben. Wir haben also weiter nichts zu tun, als Mr. Richard bei einem möglichst berühmten Chirurgen unterzubringen. Hat man schon jemand im Auge?«
    »Ich wüßte nicht,

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