Bleeding Violet - Niemals war Wahnsinn so verfuehrerisch
würde mir auf den Kopf fallen wie dieser Strick, aber sie tat es nicht. Verdammt, sie war wahrscheinlich mittlerweile schon auf einem anderen Planeten oder wo zur Hölle Calloway auch liegen mochte.
Nur, dass sie nicht nach Calloway gehen konnte, richtig? Nicht, solange der Fluch der Bürgermeisterin noch wirkte. Sie konnte nicht, weil Runyon nicht konnte.
Nicht, dass es mich interessierte. Sie hatte mich schließlich geschlagen. Mein Kopf und mein Mund taten immer noch weh.
Aber ich hatte sie auch geschlagen …
Es wäre komisch, wenn sie mich aus demselben Grund geschlagen hätte wie ich sie – aus Angst. Es musste sehr viel leichter für sie sein, mit Runyon mitzugehen, als Zuneigung zu jemandem zu riskieren. Liebe ist eine Falle – das hatte sie gesagt. Vielleicht versuchte sie immer noch, nicht in die Falle zu gehen.
Na, zur Hölle damit. Ich verdiente etwas Besseres. Gegen Angst konnte man etwas tun. Wenn sie wirklich nicht mit mir zusammen sein wollte, musste ich das ganz sicher wissen. Wie blöd wäre es, wegen eines Missverständnisses zu sterben?
Die Hitze meines Entschlusses wärmte mich und brachte das Gefühl in meinen Körper zurück, zusammen mit einem unangenehmen Stechen, besonders in den Ellenbogen.
Meine Ellenbogen.
Sie kribbelten. Fast schon schmerzhaft. Ich stand auf, wich dem baumelnden Strick aus, hob und senkte meine Ellenbogen, als wären sie Antennen, und ich versuchte, den besten Empfang zu finden. Ich ging auf die Knie. In dieser Position zischte es in meinen Ellenbogen.
Eine versteckte Tür. Eine echte wirkliche versteckte Tür. Aber wie konnte ich sie benutzen? Ich konnte sie nicht sehen oder fühlen, außer mit meinen Ellenbogen.
Weil ich nicht wie Wyatt ein Tattoo hatte, diese Glyphe, die ihm die Mortmaine eingeritzt hatten: ein Auge in einer Tür. Wenn ich diese Glyphe einritzen könnte …
Ich sprach in den Nebel. »Spindel?«
Sie fiel mir auf den Kopf, und ich verbrannte nun doch fast. Die Spindel versengte mein Haar und verbrannte meine Finger. Ich ließ das zischende Ding fallen, und sie sank in den Boden und verschwand im Nebel.
Ich erinnerte mich dann daran, dass Rosalee Handschuhe getragen hatte, während sie mit der Spindel dem Jungen etwas auf die Stirn geschrieben hatte.
Ich zog meine lila Strumpfhose aus, was in dem winzigen Raum sehr schwierig war, und legte sie zu einem Bündel zusammen, das ich vor mich hielt. »Spindel!«
Der lange rote, nadelartige Dorn landete fein säuberlich auf meiner Strumpfhose. Ich hob mein Kleid an, zog die Unterhose runter und legte die sanfte, cremig braune, unberührte, wunderschöne Kurve meiner Hüfte frei. Meine von der dicken Strumpfhose geschützte Hand zitterte, als ich mich mit der Spitze der Nadel meiner Haut näherte. Ich atmete tief ein, dann noch mal, dann noch mal, und dann verstand ich, dass ich niemals genug Atem für diese fürchterliche Verstümmelung haben würde, also tat ich es einfach. Ich setzte die Nadelspitze auf meine Hüfte.
Wäre ich der Typ, der vor Schmerzen schreit, wäre meine Kehle heiser gewesen, als ich schließlich fertig war. Aber ich konnte es mir nicht leisten, meinen Atem durch Schreien zu verschwenden. Ich konnte ohnehin schon kaum atmen – zweifellos immer noch eine Nebenwirkung von dem Tritt gegen die Brust.
Ich ließ die Spindel fallen. Sie versank im Nebel, und zwischen zwei Wimpernschlägen erschien vor mir eine versteckte Tür – ein schwebendes, dunkles Lächeln in dem grauen Raum, nur etwa so breit wie mein Unterarm lang war. Ich strampelte und zerrte und kugelte mir fast die Schultern aus, aber ich schaffte es, mich durch die versteckte Tür zu quetschen.
Sie führte in einen engen, luftleeren Raum, der sogar noch trostloser war als die Selbstmordtür, ein Raum, in dem es nicht einmal Nebel gab. Ich konnte nichts sehen, aber es gab nur genug Platz, um in eine Richtung zu gehen – aufwärts.
Ich stand in der Dunkelheit und tastete vorsichtig nach oben. Meine Finger brachen durch einen nachgiebigen Spalt, und eiskalter Regen platschte auf meine Fingerspitzen. Ich zog mich hoch und strampelte mit den Füßen nach Halt.
Kalter Wind und Regen umgaben mich, als ich mich aus dem Spalt zog, der weniger als einen halben Meter über einem Kiesweg schwebte. Ich ließ mich fallen und landete auf dem Weg, ließ mich vom Regen reinigen und atmete tief große Mengen der frischen Luft ein. Meine Strumpfhose war weg. Eine meiner Stiefeletten fehlte. Ich fror. Aber ich war frei.
Ich
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