Bleeding Violet - Niemals war Wahnsinn so verfuehrerisch

in mir die kindliche Zerstörungswut wieder. Die Organe der Königin waren ein wunderbarer Ersatz für die Lego-Raumstation oder das Barbie-Traumhaus.
    Nach einer langen, dreckigen Weile brach die Königin zitternd zusammen. Gegen den Aufprall war ich gut in ihrem Fleisch gepolstert.
    Ich steckte den Kopf aus dem Loch in ihrem Körper. Der Rausch der Zerstörung raste noch durch meine Adern, aber die Atmosphäre in der Höhle hatte sich verändert: Die Hartköpfe schlichen ziellos herum, vollkommen saft- und kraftlos. Spaß war was anderes.
    Wyatt und Shoko hatten trotzdem noch zu tun. Sie sammelten die nunmehr zahmen Kreaturen auf und befreiten sie aus ihrer Misere. Irgendwie. Wyatt war ein mitfühlender Henker, er brauchte meist nur einen Schlag gegen ihre Hälse, um sie niederzustrecken. Shoko ließ einige von ihnen im Todeskampf zuckend zurück.
    Ich wand mich nun ganz aus der Königin raus. Von oben bis unten war ich mit Blut und Gedärmen bedeckt. Ich versuchte, nicht über Haufen von Tierknochen, feuchte Steine und Berge von Hartkopfeiern zu stolpern. Wyatt hüpfte zu mir rüber und wich dabei langen bunten Säulen aus, die aus zusammengewachsenen Stalagmiten und Stalaktiten entstanden waren.
    »Und, wie war’s?«, fragte er.
    Ich kotzte.
    Wyatt und Shoko lachten.
    »Tja«, sagte er. »Heftig, was?«
    Shoko klopfte mir auf den Rücken. »Besonders, wenn du erst mal den ersten Magen hinter dir hast.«
    Ich wischte mir den Mund ab und wollte gerade aus Gewohnheit mein Kleid straffen, aber es war total ruiniert von dem ganzen Schleim. Also straffte ich stattdessen meine Schultern. »Habt ihr noch eine Axt?«
    »Nein«, sagte Wyatt. »Nur das.« Er zog eine Machete aus seiner Hose.
    Ich nahm sie und stolperte zurück zu der toten Königin. Ihr langer, geschwungener Hals ließ sich erstaunlich leicht durchtrennen, wenn man bedachte, was für einen harten Kopf er zu tragen hatte.
    Wyatt und Shoko betrachteten mich mit wissendem Blick, als hätten sie selbst schon so einige Köpfe als Trophäen abgehackt.
    Ich hob den Kopf der Königin auf und stemmte ihn gegen meine Hüfte. Er war so groß und schwer, dass ich ihn kaum mit beiden Armen umfassen konnte, aber ich war fest entschlossen, ihn mit nach Hause zu nehmen, und wenn ich ihn wie ein Fass die Straßen entlangrollen musste.
    Nachdem wir alle Eier zerstört hatten, kletterten wir aus dem steinernen Tunnel, verließen den Dunklen Park und überquerten die Straße zur St.-Michael-Kirche. Die Nacht erschien magisch hell nach der erdrückenden Dunkelheit des Waldes, die Sterne leuchteten wie Diskolichter. Alles war unnatürlich laut, als hätte jemand die Lautstärke viel zu weit aufgedreht: Shokos langsamer Herzschlag, das Klicken und Brummen des Getriebes, das in Wyatt steckte.
    Weil er nicht menschlich war. Er konnte es unmöglich sein.
    »Also, wie feiern wir jetzt unseren Sieg, Mädels?«, fragte Wyatt, als wir am Wagen angekommen waren, der wie ein Sumpffeuer auf dem beleuchteten Parkplatz glühte.
    Shoko lehnte sich gegen den Kotflügel wie ein Model in einem Autokalender, nur, dass sie dafür definitiv falsch angezogen war. »Da ist noch ein anderes Nest in der Oberstadt, das wir ausräuchern könnten«, sagte sie.
    »Ja, zur Hölle!« Wyatt grinste mich an. »Willst du uns mit dem neuen Nest helfen?«
    »Du hast mich umgebracht.«
    Sein Grinsen wurde unsicher.
    »Du hast mich dazu gebracht, dieses Zeug zu trinken. Du hast mich umgebracht.«
    Er verdrehte die Augen, als bedeute mein Tod überhaupt nichts. Natürlich bedeutete er nichts, jedenfalls nicht ihm. Roboter konnten nichts fühlen. »Es sah nur so aus«, sagte er. »Und es war nur, um die Hartköpfe zu täuschen. Wie hättest du denn sonst etwas bewirken wollen? Du bist kein Kämpfer.«
    »Ich kann nicht glauben, dass Poppa zur mir gesagt hat, ich würde dich verletzen!« Ich packte den Kopf fester und stürmte davon.
    »Wo willst du hin?«
    »Weg von dir, du Mörder!« Ich fing an zu rennen. Die Absätze meiner Stiefel klickten laut auf dem Gehweg.
    »Du kannst so nah am Dunklen Park nicht einfach auf der Straße rumlaufen! Bist du verrückt?«
    »Was interessiert’s dich? Hast du Angst, dass ich ermordet werde? Von jemand anderem ? Ist das dein Privileg, Wyatt?«
    Er packte mich von hinten und stieß mich über die Straße zum Dunklen Park. Wahrscheinlich wollte er mich zu all den Monstern stoßen, damit sie mit mir kurzen Prozess machen konnten. Als ich herumwirbelte, um ihm mit dem Kopf eins