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Bleeding Violet - Niemals war Wahnsinn so verfuehrerisch

Titel: Bleeding Violet - Niemals war Wahnsinn so verfuehrerisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dia Reeves
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marschierte voran wie jemand, der den Weg kennt. Es dämmerte noch, aber im Wald hätte es genauso gut Mitternacht sein können. Bäume ragten in die Dunkelheit wie Riesen aus einem Märchen, dürre Ästchen verhakten sich über unseren Köpfen wie ineinander verschlungene Finger. Ich hielt mich eng an Wyatt, der die Äste zur Seite schlug und uns auf eine Lichtung führte. Sie war mit Lampen ausgeleuchtet, die ein grelles, weißes Licht abstrahlten. Jenseits der Lichtung schloss uns Dunkelheit ein und schnitt uns vom Rest der Welt ab. Wir hätten genauso gut die letzten drei Menschen auf dem Planeten sein können.
    Mitten auf der Lichtung war ein Loch im Boden, das mit Steinen begrenzt war. Shoko kniete sich neben das Loch und begann etwas zu ölen – ein kleines Paar metallisch pinkfarbener … Keulen? Jede hatte einen kurzen Griff mit einer einzelnen, mit Spikes versehenen Kugel, die am Ende einer Kette baumelte.
    Wyatt kniete sich neben Shoko, öffnete eine Reisetasche voller Klingen und bewaffnete sich mit einer Machete und ein paar seiner favorisierten Faustmesser.
    »Wo sind die anderen Mortmaine?«, fragte ich.
    Wyatt sah mich an. »Welche anderen?«
    »Sie meint die Füchse und Hunde«, sagte Shoko und verdrehte die Augen. »Und den Arsch im Rotkäppchenkostüm, der ›Tallyho!‹ schreit.«
    Sie lachten, und mir wurde klar, wie nervig eng ihre Verbindung doch war.
    »Nur wir sind hier«, sagte mir Wyatt. »Wenn die Mortmaine hiervon wüssten, von dir wüssten, würden sie nichts mehr mit mir zu tun haben wollen. Wir können froh sein, dass wir Shoko haben.«
    »Aber hallo«, sagte sie und schwang ihre glänzenden Waffen wie Nunchaku.
    Wie Wyatt es geschafft hatte, nah genug an Shoko ranzukommen, um mit ihr zu schlafen, erstaunte mich. Sie war wie ihre Keulen – hübsch, aber tödlich. Ich wich vor ihr zurück und beobachtete nervös, wie die Kugeln mit den Spikes herumschwirrten. Ich war so sehr damit beschäftigt, mich von ihr fernzuhalten, dass ich fast in das von den Steinen begrenzte Loch fiel.
    Ich kniete mich daneben und schaute in die nach Erde riechende Dunkelheit.
    »Keine Sorge«, sagte Wyatt. »Nur Shoko und ich gehen in den Tunnel.«
    »Sind da die Hartschalen?«
    »Hartköpfe«, korrigierte mich Wyatt. »Und: ja.«
    »Wie viele gibt es da?«
    »Ungefähr fünfzig.«
    Ich starrte ihn an. »Drei gegen fünfzig?«
    »Wir wissen, was wir tun«, sagte Shoko. »Entspann dich.«
    Ich betrachtete die vielen Waffen, die zwischen den beiden ausgebreitet waren. Die von Shoko waren am hübschesten. »Hast du noch mehr von diesen pinken Keulen?«, fragte ich sie.
    »Das sind Flegel, keine Keulen«, sagte sie. »Und du würdest dir damit nur ein Auge ausschlagen.« Shoko schnallte ihre metallenen, pinkfarbenen Flegel an ein Halfter an ihrer Hüfte. Dann hob sie einen Holzknüppel mit Spikes auf. » Das ist eine Keule.«
    Als ich danach griff, ging Wyatt dazwischen und sagte: »Kümmer dich nicht um die Keulen.« Er gab mir eine kurzstielige Axt.
    »Ich will eine Keule.«
    »Aber du brauchst eine Axt.«
    Ich nahm die armlange Waffe und schwang sie probehalber herum. Sie war erstaunlich schwer. Die Klinge war scharf, aber eingekerbt und abgenutzt, als wäre sie schon ernsthaft zum Einsatz gekommen.
    »Was ist mit Gewehren? Oder einer Panzerfaust?«
    Shoko sagte: »Wir benutzen keine Gewehre.«
    »Warum nicht?«
    »Aus demselben Grund, aus dem du keine Jeans trägst«, sagte Wyatt. Er hielt seine Faustmesser hoch. »Es ist leichter, eins von denen zu machen als eine Panzerfaust.«
    Wyatt und Shoko wirkten so cool und eingespielt, dass ich beschloss, meine Ängste beiseitezuschieben und es ihnen nachzumachen. »Also«, sagte ich fröhlich, »was passiert jetzt?«
    »Shoko und ich gehen runter in den Tunnel.«
    »Und wo geh ich hin?«
    »Du übernimmst den einfachen Teil.« Wyatt zog etwas aus seiner Tasche und warf es mir zu. »Trink das.«
    Es war eine kleine Ampulle mit einer sprudelnden, klaren Flüssigkeit wie Selter. »Was ist das? Mehr Chemie?«
    »Es lockt die Hartköpfe an«, sagte Shoko, »damit sie dich in ihr Lager verschleppen. Und während sie mit dir beschäftigt sind, können wir sie angreifen.«
    Irgendwie gefiel mir das nicht. » Wie sind sie mit mir beschäftigt?«
    »Sie bringen dich zu ihrer Königin«, erklärte Wyatt. »Wie ein Geschenk. Deshalb wirst du es leicht haben, sie zu töten. Leichter Zugriff.«
    »Ihr wollt, dass ich die Königin töte?« Mein Blut kochte bei dem Gedanken.

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