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Bleeding Violet - Niemals war Wahnsinn so verfuehrerisch

Titel: Bleeding Violet - Niemals war Wahnsinn so verfuehrerisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dia Reeves
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hob und senkte. Ich sprang auf die Füße, zog sie näher an das Tischende und legte die kaputte Lampe neben ihren Kopf. Dabei achtete ich genau auf die unförmige Delle, die ich reingemacht hatte.
    »Wenn sie jetzt aufwacht«, flüsterte ich, »dann denkt sie, sie wäre gestolpert, hingefallen und hätte sich den Kopf am Tisch gestoßen. Sie wird nicht wissen, dass ich es war. Sie wird mir nicht die Schuld geben.«
    »Wer sagt, dass sie aufwachen wird?«, sagte Poppa. Er hatte nie Angst gehabt, sich den Fakten zu stellen.
    Anders als ich.
    Angst und Wut verließen mich, alles zischte aus mir heraus, als wäre ich ein Reifen, den jemand mit einem Messer zerstochen hatte. Ich floh nach oben, ließ mich ins Bett fallen und zog die Decke über den Kopf, damit mich niemand sehen konnte. Ich stank nach Blut und Schweiß und Hartkopf-Pampe. Vielleicht war die Pampe giftig. Vielleicht würde sie mich radioaktiv verstrahlen.
    Poppa setzte sich zu mir aufs Bett, so wie er es manchmal getan hatte, wenn ich Angst hatte. Er sagte: »Wir müssen reden.«
    »Worüber sollen wir reden? Rosalee ist tot. Deshalb bist du doch hier, oder? Um sie mitzunehmen?«
    »Und warum bin ich dann hier bei dir?«
    »Weil ich auch sterben werde. Weil ich mir den Hals aufschlitzen werde. Immer noch besser, als in der Klinik für psychisch gestörte Straftäter zu enden.«
    »Du musst das in Ordnung bringen.«
    »Wie?« Ich war erstaunt, dass er die Idee mit dem aufgeschlitzten Hals nicht weiterverfolgte. Dann erinnerte ich mich an seinen Zusammenstoß mit Schwänin und wie sie seine Ansichten über Selbstmord verändert hatte.
    Oder vielleicht wollte Poppa auch einfach nur nicht mehr mit mir zusammen sein. Nach dem, was ich Rosalee angetan hatte, konnte ich es ihm nicht verübeln. Ich würde auch nicht mit mir zusammen sein wollen.
    Poppa sagte: »Erinnerst du dich, was Wyatt über den Türklopfer an seinem Haus gesagt hat?«
    »Er sagte, es sei ein SCHLÜSSEL .«
    »Und was noch?«
    Ich musste nachdenken. »Er sagte … dass er Türen öffnet?«
    »Das ist noch nicht alles. Er erfüllt Wünsche. Alle SCHLÜSSEL tun das.«
    »Wie in einem blöden Märchen?«
    »Es ist kein Märchen.«
    » Doch . Du bist nicht mal hier. Du bist nicht real. Ich träume. Das alles ist ein Traum. Bitte!« Ich dachte an Rosalee, die unten lag, und ein Eisklumpen entstand in meinem Bauch. »Bitte, lass es ein Traum sein.«
    »In Portero sind viele seltsame Dinge real. Und wenn alles real ist, warum dann nicht auch Wünsche?« Mein Poppa konnte so logisch sein. »Wäre es nicht schön, den Krater wegzuwünschen, den du in Rosalees Kopf geschlagen hast?«
    »Sehr schön.« Ich traute mich nicht, diese Worte zu sagen. Traute mich kaum, daran zu glauben, dass es wahr sein könnte.
    »Alles, was du tun musst, ist den SCHLÜSSEL zu berühren und es dir zu wünschen.«
    »Das ist alles?«
    »Na ja.« Er riss mir die Decke weg und scheuchte mich aus dem Bett. »Es gibt immer Schwierigkeiten, oder nicht?«
    »Welche?«
    Aber er antwortete nicht, er war zu beschäftigt damit, sich durch meinen Schrank zu wühlen. »Dieses ganze Lila ist lächerlich«, sagte er und reichte mir ein Nachthemd. »Du magst Lila nicht mal.«
    » Du magst es.«
    »Ich bin nie so darin versunken wie du. Du musst lernen, dich zu mäßigen, Hanna.«
    »Ich weiß.« Ich zog mein klebriges Kleid und die Stiefel aus und wusch mich im Bad. Es war mir nicht peinlich, dass mein Poppa mich nackt sah. Wir waren schließlich auch zusammen in der Sauna gewesen. Was bedeutete Nacktheit schon in der Familie?
    Ich zog das Nachthemd an und ging runter. Ich achtete darauf, nicht zu Rosalee hinzusehen, die ausgestreckt auf dem Boden lag. Wenn ich nicht sehen konnte, dass sie tot war, dann war sie es auch nicht.
    Ich ging in die Garage und holte mein Fahrrad. Nein. Wie würde Poppa fahren? Auf dem Lenker? Ich ging wieder rein und schnappte mir Rosalees Autoschlüssel von dem Schlüsselbrett neben der Haustür.
    Ich erinnerte mich an den Weg zu Wyatts Haus und fand mich schnell auf dem Carmona Boulevard wieder. Poppa war Beifahrer. Er war viel weniger lebhaft als zuvor. Lichtstreifen schlängelten sich über sein fahles Gesicht.
    »Wie ist es denn so, tot zu sein?«
    »Wie alles andere.«
    »Hast du … bist du wenigstens in den Himmel gekommen?«
    »So was wie den Himmel gibt es nicht. Oder die Hölle. Nicht für mich.«
    »Und was machst du so den ganzen Tag?«
    Er richtete den Blick seiner grauen Augen auf mich. Die

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