Bleib bei mir – bleib in Sydney
nehmen, was man Ihnen vorenthalten hat?" schlug er verlockend vor. "Ich kann Ihnen all das geben, Leigh."
Am liebsten wäre sie seinem Blick ausgewichen, um der gnadenlosen Erforschung ihrer Seele zu entfliehen. Doch das wäre erst recht ein Eingeständnis gewesen, das sie nur noch verletzbarer gemacht hätte. Sie hatte versucht, diesen dunklen Rachegefühlen zu entfliehen, die ihr das Leben verdarben. Und ihr war jetzt klar, dass sie zurückgekommen war, um sich diesen Gefühlen zu stellen und sie zu vertreiben. Aber wie sollte eine Heirat mit Richard eine Wende bewirken? Würde es nicht das Gleiche unter anderen Vorzeichen sein?
Es war gut gewesen, ihm nichts von sich preiszugeben, was er gegen sie hätte verwenden können. Richard wäre nicht Lawrence Durants Nachfolger geworden, wenn er nicht genauso schlau und rücksichtslos gewesen wäre. Leigh hatte aber auch nicht vergessen, wie dieses Spiel gespielt wurde. Wenn man den Schmerz verbarg, vereitelte man den Sieg. Deshalb hielt sie Richards Blick entschlossen stand. "Lassen Sie uns die Dinge beim Namen nennen, Richard. Ich glaube nicht, dass es wirklich Ihr Wunsch ist, mich zu heiraten. Also muss eine Heirat mit mir irgendeinem Zweck dienen. Welchen Vorteil würden Sie daraus gewinnen?"
Seine blauen Augen blitzten bewundernd, und er lachte so entwaffnend, dass Leigh einen Moment aus der Fassung geriet. "Ich nehme an, Sie würden mir nicht glauben, wenn ich Ihnen sagen würde, dass ich Sie liebe." Er kam langsam näher, stellte einen Fuß auf die Teichbegrenzung und beugte sich zu Leigh vor.
Dir Herz pochte. Schweigend blickte sie zu Richard auf.
"Aber glauben Sie nicht, dass ich Sie nicht begehre, Leigh", fuhr er verführerisch fort. "Ich finde alles an Ihnen begehrenswert, einschließlich Ihrer erfrischenden Direktheit."
Leigh brachte kein Wort über die Lippen. Vor ihrem geistigen Auge tauchten die erregendsten Bilder auf, und sie schaffte es nicht, sie zu unterdrücken. Schon als sie noch ein Teenager gewesen war, hatte Richard Seymour ihr den Atem geraubt. Damals war sie noch zu jung gewesen, um ihre Gefühle als sexuelle Anziehung zu begreifen. Aber nun ... Wusste er es? Fühlte er es? Blanke Panik hieß sie schweigen.
Richard schien ihr Schweigen nicht im Geringsten zu beeindrucken. Selbstbewusst redete er weiter: "Sie hatten der Sohn sein sollen, der Lawrence' Namen und seine Dynastie weitergeführt hätte. Und Sie haben einen verdammt hohen Preis dafür bezahlt, dass Sie nicht dieser Sohn waren. Was Sie noch nicht wissen ... Lawrence hat die besessene Vorstellung, dass sein eigen Fleisch und Blut irgendwann in seine Fußstapfen treten würde, nie aufgegeben."
"Aber das ist doch jetzt unmöglich", flüsterte Leigh.
"Nein, das ist es nicht... sollte er einen Enkel mit der entsprechenden Eignung haben. Und an diese Möglichkeit hat Lawrence vor seinem Tod gedacht und daraufhin geplant."
Ein Enkel! Es war einfach krank. Ein unschuldiges Baby, nur in die Welt gebracht, um Lawrence Durants aufgeblasenem Ego Rechnung zu tragen, ein Kind, dessen Leben und Ziele schon vorausbestimmt waren, noch bevor es überhaupt geboren war. So wie es ihr, Leigh, ergangen wäre, wenn sie ein Junge gewesen wäre und die richtigen Eigenschaften besessen hätte, um sich zu einem lebenden Denkmal für einen Mann formen zu lassen, der nichts dergleichen verdiente.
"Hat er den Namen auch schon bestimmt?" fragte sie verächtlich. "Meiner sollte Leigh Jason sein. Auf ,Jason' hat man dann verzichtet, weil ich doch nur ein Mädchen war."
"Lawrence", lautete Richards lakonische Antwort.
"Natürlich! Ein Lawrence tritt ab, der andere kommt."
Richards blaue Augen blitzten entschlossen auf. "So weit reicht seine Macht aus dem Grab nicht, Leigh, und seine Absicht lässt sich unterlaufen."
Ihre Neugier war geweckt. "Ich höre."
"Ich habe die Rolle übernommen, die Ihnen zugedacht war, weil ich die Erwartungen, die Lawrence an einen Sohn gehabt hätte, erfüllte. Aber meine Position als sein Nachfolger ist keineswegs unangreifbar, sondern abhängig davon, ob ich die Bedingungen seines Testaments erfülle."
"Als da wären?" drängte Leigh ahnungsvoll.
Ein ironisches Lächeln zuckte um seine Mundwinkel. "Wenn ich eine seiner Töchter heirate und mit ihr einen Sohn zeuge, erhalte ich die Aktienmehrheit, die meine Position endgültig zementiert."
Die geeigneten Fähigkeiten gepaart mit den Genen der Durants - das war der Grund für seinen Heiratsantrag. Nur, dass sie, Leigh,
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