Bleib bei mir, Gabriella
Jahre.“
„So glückliche Paare gibt es heutzutage selten.“
„Ich weiß. Mein Vater war dreißig und meine Mutter zwanzig, als sie sich kennengelernt haben. Sie haben sich sofort ineinander verliebt. Damals hat er schon die Filiale in Rom geleitet.“
„Musste er um die Hand Ihrer Mutter kämpfen?“
„Ob ihre Eltern ihn akzeptiert haben, meinen Sie? Dad war Geschäftsführer und kam aus einer guten Familie, auch wenn sie neureich war.“
Rafe lachte. „Macht das einen Unterschied?“
„Sie haben doch schon einige Milliardäre beschützt. Da wissen Sie, dass es eine Rolle spielt. Reiche Leute können sehr snobistisch sein. Aber die Eltern meiner Mutter wollten einfach nur einen anständigen Mann für sie.“
„Sie haben einen ganz leichten italienischen Akzent. Sind Sie mit der Sprache aufgewachsen?“
Gabby wollte nicht über ihre Kindheit reden. Nicht weil es da etwas zu verbergen gab, sondern weil sie sich einsam gefühlt hatte, obwohl sie es so viel besser als die meisten anderen Kinder gehabt hatte. Ihre Nanny hatte italienisch gesprochen. Ihre Eltern beherrschten beide Sprachen.
„Meine Eltern haben meistens englisch gesprochen.“ Mehr würde sie dazu nicht sagen.
Das Navigationssystem verkündete, welche Ausfahrt sie nehmen mussten.
Fünf Minuten später bogen sie auf die Straße zum Camp ein.
Gabby holte einen Spiegel aus der Handtasche, überprüfte ihr Make-up und strich sich durchs Haar.
„Sie sehen … gut aus.“ Er klang, als hätte etwas anderes sagen wollen.
„Ich muss mehr als bloß gut aussehen. Für Libby Dalton. Ich möchte die anderen Kinder beeindrucken.“
„Das werden Sie auch. Ich will nur nicht, dass jemand die Presse verständigt, bevor wir wieder verschwinden können. Also lassen Sie uns das hier so schnell wie möglich hinter uns bringen“, bat er.
„Das verstehe ich, Rafe, wirklich. Aber ich bin hier, um einem kleinen Mädchen zu helfen, und das werde ich auch tun.“ Gabby öffnete die Beifahrertür und stieg aus.
Wenig später stand Rafe vor einem rustikalen Blockhaus. Er ließ Gabby den Vortritt. Als ihr Haar dabei seine Wange streifte, hielt er die Luft an, um ihren Duft zu ignorieren. Von dem hatte er im Wagen schon genug bekommen. Von dem Duft und ihr selbst. Was lief da zwischen ihnen ab? Mit Connie war der Sex unkompliziert und zärtlich gewesen. Aber das, was Gabriella McCord in ihm auslöste, war heftiger, ungestümer. Es frustrierte ihn, denn es bewies, wie anfällig seine Selbstbeherrschung war.
Gabby sah ihn an, und in ihren Augen bemerkte er das, was er gerade fühlte. Aber dann wandte sie sich ab und eilte zu der Frau, die in Jeans und T-Shirt an einem Schreibtisch saß.
„Mrs. McLaren?“
Rafe hatte in Erfahrung gebracht, dass Sandra McLaren das Camp leitete.
Die grauhaarige Frau hob den Kopf. Ihre Augen wurden groß, ihr Mund rund, und die Brille rutschte an der Nase hinab. Sie schob sie wieder hoch und sprang auf. „Sie sind Gabriella McCord! Das kann nicht sein. Oder doch?“
Gabby lächelte. „Doch, ich bin es.“ Sie gab Sandra McLaren die Hand. „Ich bin hier, um eines Ihrer Kinder zu besuchen – Libby Dalton. Ginge das? Ich kann nicht lange bleiben.“
„Sie wollen zu Libby? Gern.“ Mrs. McLaren schaute auf die Uhr. „Sie hat gerade Bastelstunde. An den Tischen im Picknickbereich. Kommen Sie, ich zeige Ihnen, wo das ist. Sind Sie sicher, dass Sie Libby sprechen wollen?“
Mrs. McLaren warf Rafe einen fragenden Blick zu.
„Ganz sicher. Das ist Mr. Balthazar. Er sorgt für meine Sicherheit. Wir wollen nicht, dass die Presse von meinem Besuch Wind bekommt. Deshalb habe ich mich nicht angemeldet.“
„Das verstehe ich gut.“
Sie folgten Mrs. McLaren aus dem Blockhaus und auf den Pfad zu den anderen Unterkünften. Sie kamen an einem viel größeren Haus vorbei. „Dort essen wir“, erklärte die Leiterin.
Dahinter lag ein Pool, und Rafe vermutete, dass die Kinder dort die Nachmittage verbrachten. Er staunte darüber, wie ungezwungen Gabby sich mit der Leiterin über die Einrichtungen des Camps, die Teilnehmer und die Stipendien für bedürftige Kinder unterhielt.
Als sie die Tische im Schatten der hohen Bäume erreichten, zeigte Mrs. McLaren auf den zweiten von rechts. Und auf Libby, die gerade eine Keramikfigur bemalte. Die Kinder waren in ihre Arbeit vertieft und bemerkten Gabby erst, als sie neben Libbys Bank stehen blieb.
„Libby Dalton?“
Die Elfjährige war groß für ihr Alter und ein wenig jungenhaft.
Weitere Kostenlose Bücher