Bleib bei mir, Gabriella
Sie trug wie die meisten anderen ein T-Shirt, abgeschnittene Jeans und Sportschuhe. Als Libby Gabby sah, wurden ihre Augen riesig, und sie strahlte übers ganze Gesicht. „Miss McCord! Sie haben meinen Brief bekommen.“
Alle drehten sich nach ihr um. Die Kinder an Libbys Tisch drängten sich um das Mädchen und ihre unerwartete Besucherin.
Gabby legte Libby eine Hand auf die Schulter. „Natürlich habe ich deinen Brief bekommen. Und ich wollte ihn auch beantworten, aber dann dachte ich mir, es ist besser, wenn ich persönlich mit dir rede.“
„Ich kann einfach nicht glauben, dass Sie hier sind!“, sagte Libby fast andächtig.
Rafe postierte sich neben Gabby und ließ die kleinen Fans nicht aus den Augen.
Sie beugte sich zu Libby hinunter. „In deinem Brief steht, dass du dir vielleicht die Nase operieren lassen willst. Das brauchst du nicht. Du bist schön, wie du bist, und du wirst eine hübsche junge Frau werden, also warte einfach ab.“
„Aber meine Nase ist so lang und gerade“, flüsterte das Mädchen zurück.
„Wenn du wächst, wird dein Gesicht voller, und dann kommt dir die Nase nicht mehr so lang vor. Wirklich, Libby, viel wichtiger ist, dass du dir so gefällst, wie du bist. Dann bist du ganz von allein selbstbewusst.“
Gabby sprach lauter, damit alle sie hören konnten. „Ich habe den Eigentümer von Jeans & More angerufen. Du kannst zusammen mit einer Freundin einen Termin bei Mrs. Valaquez machen.“ Sie gab Libby eine Visitenkarte, auf der sie den Namen notiert hatte. „Sie ist die Geschäftsführerin und wird dir helfen, eine Herbstgarderobe für die Schule auszusuchen, natürlich gratis. Wie klingt das?“
Rafe sah, wie das Mädchen nach Worten suchte und zunächst keine fand. Mit Tränen in den Augen schlang Libby die Arme um Gabby. „Danke! Vielen Dank! Sie wissen gar nicht, wie viel mir das bedeutet.“
Gabby drückte sie an sich. „Doch, ich glaube, das weiß ich.“
Ihr wunderschönes Haar flatterte im Wind. Die Sandalen waren voller Staub, aber es schien ihr nichts auszumachen. Rafe fragte sich, ob sie hier nur eine Show abzog. Wollte sie in den Zeitungen lesen, was sie für eine Elfjährige getan hatte? Ihre Zuneigung wirkte echt, aber diese Gabby passte so gar nicht zu der Gabriella McCord in den Klatschspalten … zu der Frau, die angeblich eine Affäre mit einem griechischen Wirtschaftsboss hatte, und die um die Welt jettete, um jede Woche ein anderes Männerherz zu brechen.
Rafes konnte sie nicht mehr brechen – das hatte der Tod seiner Frau und seines Kindes schon getan. Er würde nichts mit ihr anfangen und damit seine Karriere aufs Spiel setzen.
Libby ließ Gabby los. „Darf ich Ihnen zeigen, was ich gerade mache?“
Rafe beugte sich vor. „Wir sollten jetzt gehen“, sagte er leise.
„Nur noch ein paar Minuten. Das hier ist wichtig.“
Er warf einen Blick auf die Uhr. Sie waren fast zwanzig Minuten hier, und er wusste nur zu gut, was in den nächsten fünf passieren konnte. Ihm war nicht entgangen, dass ein Junge Gabby mit seinem Handy fotografiert hatte. Ob sie es nun wollte oder nicht, die Presse konnte jeden Moment auftauchen.
Aber sie saß schon neben Libby und betrachtete das Keramikpferd.
„Irgendwann will ich ein richtiges Pferd“, sagte das Mädchen. „Aber ich weiß nicht, ob ich es mir jemals leisten kann. Daddy meint, sie kosten viel Geld.“
„Wenn du keins kaufen kannst, kannst du dich um ein fremdes Pferd kümmern“, antwortete Gabby. „Aber du darfst den Traum, irgendwann mal ein Pferd zu haben, nie aufgeben. Wenn du es dir fest genug wünschst, geht es vielleicht in Erfüllung.“
„Machen Sie das, wovon Sie immer geträumt haben? Sie sind so berühmt. Jeder weiß, wer Sie sind. Ist das nicht herrlich?“
„Manchmal ja, manchmal nein. Ich tue schon, was ich mir erträumt habe, aber ich habe auch andere Träume“, gestand Gabby.
Ein anderes Mädchen in Libbys Alter drängte sich zwischen Gabby und Libby. „Kennt Libby Sie wirklich?“
Gabby wollte gerade antworten, als andere Kinder auf sie zukamen. Alle hatten Zettel in der Hand. „Geben Sie uns ein Autogramm?“
„Gabby …“, sagte Rafe warnend.
„Noch drei Minuten“, flehte sie.
Was für wunderschöne Augen sie hat, dachte er. „Und wenn ich Nein sage?“
„Bleibe ich trotzdem.“ Ihr Lächeln war entwaffnend.
Er zuckte mit den Schultern. „Ich glaube fast, Sie wollen, dass die Reporter Sie hier erwischen.“
„Glauben Sie, was Sie wollen.“ Sie nahm
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