Bleib bei mir, Gabriella
einen Garten, einen Hund haben. Die innere Stimme gab keine Ruhe, und in ihr regte sich eine Sehnsucht. Sie wollte auch Kinder. Eines Tages.
Gabby ignorierte die innere Stimme. In ein paar Wochen würde sie wenigstens das Haus haben. In der Toskana, nahe bei ihren Eltern. Nur ein kleines Cottage, vielleicht einen Bungalow, in dem sie sich wie eine ganz normale Frau fühlen konnte.
Rafe wartete, bis sie angeschnallt war, und fuhr los. Immer wieder blickte er in den Rückspiegel, wechselte abrupt die Spur und bog ohne zu blinken ab.
Erst nach einer Weile schien er sich ein wenig zu entspannen. „Niemand verfolgt uns; die Luft ist rein. Das sagt mir mein Instinkt.“
Gabby lockerte das Tuch und ließ es auf die Schultern fallen, bevor sie die Sonnenbrille abnahm und Rafe ansah. „Darauf verlassen Sie sich?“
„Sie nicht?“
„Manchmal kann er sich gegen den Trubel und den Lärm um mich herum nicht durchsetzen. Ich will ja gern auf ihn hören, aber er ist einfach nicht laut genug.“
„Wie halten Sie das bloß aus?“
Gabby lachte. „Ich verdiene meinen Lebensunterhalt damit. Inzwischen hat es viel größere Ausmaße angenommen, als ich mir je vorstellen konnte. Ich wollte mich einfach nur so modisch kleiden wie meine Mutter und vielleicht eines Tages auf einer Titelseite landen.“
„Auf welcher Titelseite waren Sie noch nicht ?“
Sie überlegte. „ National Geographic .“
„ Rolling Stone , TV Guide , sämtliche Frauenzeitschriften. Sie waren in allen.“
„Ich hatte genug Zeit. Das mache ich ja schon seit meinem siebzehnten Lebensjahr.“
„Wie alt sind Sie?“, fragte Rafe.
„Achtundzwanzig. Und Sie?“
„Siebenunddreißig.“
Siebenunddreißig. Bestimmt hatte er mal eine Frau geliebt. Und ernsthafte Beziehungen gehabt. Oder nicht? Gabby konnte ihn schlecht fragen. Dazu kannte sie ihn noch nicht gut genug.
Noch nicht? Sie wollte ihn gar nicht besser kennenlernen, denn sie kamen aus zwei völlig verschiedenen Welten.
„Ich dachte, Sie leben in New York. Jedenfalls hat Blake mir das erzählt.“
„Meine Familie lebt in Dallas. Deshalb habe ich auch einen Wagen.“
„Wie groß ist Ihre Familie?“ Ein paar harmlose Fragen konnten nicht schaden. Vielleicht würden sie beide sich danach besser verstehen.
„Meine Mutter und eine Schwester.“
„Wollen Sie Zeit mit ihnen verbringen?“
„Wenn ich es einrichten kann.“
Gabby wusste, was er meinte. Es hing von ihrem Terminplan ab.
Als das Navigationssystem sich meldete, verstummte sie und nutzte die Gelegenheit, um Rafe zu betrachten. Leider gefiel ihr, was sie sah. Und das nicht nur äußerlich. Sicher, manchmal ärgerte sie sich über ihn, aber sie begann zu mögen, was er tat und was er sagte.
„Suchen Sie etwas?“, fragte er, als er sie dabei ertappte.
„Sollten Sie nicht auf die Straße konzentrieren?“
„Mein sechster Sinn funktioniert. Dem vertraue ich sogar noch mehr als den anderen fünf.“
Gabby schwieg. Sie würde ihm nicht erzählen, was für einen rätselhaften Eindruck er für sie machte, ganz anders als die meisten Männer, die sie kannte. Er versuchte gar nicht erst, seinen Charme spielen zu lassen oder ihr zu schmeicheln. Im Gegenteil.
„Erzählen Sie mir von Ihren Eltern“, schlug er vor.
„Sie wissen, wer mein Vater ist. Er leitet die Filialen in Italien.“
„Ich habe gehört, dass Ihre Mutter nicht nur eine bekannte Schauspielerin, sondern auch königlicher Abstimmung ist. Stimmt das?“
„Nur entfernt.“
„Außerdem habe ich gehört, dass sie noch immer zu den zwanzig meistfotografierten Frauen in Europa zählt.“
Gabby wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte. Ihre Mutter drehte seit einigen Jahren keine Filme mehr.
„Ich kann nicht glauben, dass ich etwas gesagt habe, worauf Sie keine schnelle Antwort haben.“ Er klang belustigt.
„Versuchen Sie, mich zu analysieren?“
„Nein, ich möchte nur herausfinden, wie Sie ticken. Das ist in meinem Beruf von Vorteil. Wenn ich vorausahnen kann, was Sie sagen oder tun, kann ich Sie besser abdecken.“
Sie abdecken.
Urplötzlich hatte Gabby ein Bild im Kopf – von ihnen beiden im Bett, sein Körper auf ihrem. Was war nur mit ihr los?
Um sich abzulenken, beantwortete sie Rafes Frage. „Meine Mutter führt viele Wohltätigkeitsveranstaltungen durch und reist mit meinem Vater durchs Land, wenn sie kann. Sie sind noch immer sehr verliebt.“
„Wie lange sind sie verheiratet?“
„In diesem Winter neunundzwanzig
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