Bleib für immer!: Roman (German Edition)
ich draußen eine Stimme. Es ist Beth, die sich mit der ebenfalls abstoßend dünnen und hübschen Brautjungfer Gina unterhält. »Er hat dir wirklich seine Telefonnummer gegeben?«, fragt Gina.
Ich nehme die Hand von der Türklinke und entscheide mich, mir dieses Gespräch anzuhören.
»Bitte sehr, hier ist sie«, kichert Beth. »Hat er nicht eine tolle Handschrift? Ach, was sag ich da. Alles an ihm ist toll, oder?«
Jetzt lacht Gina.
Ich klappe den Deckel herunter und setze mich darauf, um die Situation zu überdenken. Warum habe ich nur das grässliche Gefühl, zu wissen, von wem sie sprechen?
»Wann willst du ihn denn anrufen?«, fragt Gina.
»Das hängt davon ab«, erwidert Beth, »ob ich es heute Nacht noch schaffe, ihn abzuschleppen!«
Beide brechen vor Kichern zusammen, und aus irgendeinem Grund ist mir ganz leicht übel. Der extra Klecks Wildbeerenkompott war definitiv ein Fehler. Ich würde wahnsinnig gerne noch mehr hören, aber ich habe Angst, dass jemand einen Rettungstrupp nach mir aussendet und die Tür aufbricht, wenn ich noch länger hier drin bleibe. Also drehe ich das Schloss um und marschiere zum Waschbecken.
Charlotte ist offenbar schon weg.
»Hi!«, grüße ich Beth und Gina fröhlich.
»Hi!«, entgegnen sie wie aus einem Munde.
»Amüsiert ihr euch gut?«, frage ich heiter.
»Sie auf jeden Fall«, sagt Gina und deutet mit dem Kopf auf Beth. Dann fangen beide wieder an zu lachen.
»Ach ja?« Ich bin die Unschuld selbst. »Warum denn?«
»Nur so«, antwortet Beth, »und weil ich bei der Sitzordnung den Jackpot geknackt habe. Übrigens hat Jack, der Typ, neben dem ich sitze, gemeint, er kennt dich, Evie. Zumindest flüchtig.«
»Ja, stimmt.« Ich werfe mein Papierhandtuch in den Müll. »Er kennt mich. Flüchtig.«
52
I CH DISKUTIERE mit einigen von Georgias Freunden, wer den Preis für die längste Rede gewinnt, als mich jemand auf die Schulter tippt.
»Lange nicht gesehen«, begrüßt mich Seb mit einem breiten Lächeln.
»Ich glaub’s ja nicht, wie geht es dir?« Ich küsse ihn auf die Wange.
»Ausgezeichnet«, sagt er. »Und dir?«
»Super. Was macht die Arbeit?«
Seb hat Physik studiert und dann den traditionellen Berufsweg eines Naturwissenschaftlers eingeschlagen – indem er einen Job bei einer Bausparkasse antrat. Nicht das, was ich mir unter Spaß vorstelle; andererseits verdiene ich mein Geld mit Geschichten über fremdsprachlich begabte Schweine. Außerdem, wenn es einem nur um Geld geht, kann man gegen Sebs berufliche Laufbahn nichts einwenden. Bei unserer letzten Begegnung war er in seiner Firma so steil aufgestiegen, dass er über ein Gehalt verfügte, das ich als Journalistin im Idealfall ungefähr im Alter von hundertzwölf erreichen könnte.
»Die Arbeit läuft sehr gut«, erzählt er. »Und bei dir?«
»Ähm, nicht schlecht.« Das Thema Simon möchte ich heute lieber nicht vertiefen. »Wohnst du immer noch in Woolton?«
»Nein, ich bin letztes Jahr umgezogen. Ich wollte etwas Größeres, um meinen Billardtisch unterzubringen.«
Belustigt schüttle ich den Kopf. »Deine Freundin muss aber sehr verständnisvoll sein, wenn sie dir erlaubt, die Wohnung mit Jungsspielzeug vollzustellen.«
»Ähm, ja. Allerdings kam der Billardtisch erst an, nachdem sie weg war.« Er sieht mir in die Augen. »Wir haben uns vergangenes Jahr getrennt.«
»Oh, das tut mir leid.«
»Nein, ist schon in Ordnung.« Er zuckt die Achseln. »Es hat einfach nicht funktioniert, also haben wir uns geeinigt, getrennte Wege zu gehen. Freundschaftlich.«
»Schön«, nicke ich.
»Das Essen war gut, oder?«, fragt er.
»Fantastisch«, sage ich, obwohl mir im selben Moment auffällt, dass das flaue Gefühl von vorhin sich verschlimmert hat. Mir geht es eindeutig nicht hundertprozentig gut. Warum, weiß ich auch nicht so genau, aber ich bin nicht ganz fit.
»Also, ich muss schon sagen, du siehst großartig aus«, fahre ich fort, entschlossen, mir mein Unwohlsein nicht anmerken zu lassen. Außerdem ist das nicht nur ein höflicher Spruch. Das meine ich ernst. Seb hat sich sehr zu seinem Vorteil entwickelt. Sein einstiges Milchgesicht ist jetzt kantiger und erwachsener, und statt der früheren blassen Gesichtsfarbe trägt er jetzt eine zarte und sehr vorteilhafte Bräune.
Zwanzig Minuten lang unterhalten wir uns über alte Zeiten, bringen einander auf den neuesten Stand und stellen fest, dass sich vieles geändert hat. Aber vieles auch nicht.
»Ich muss zugeben«, sagt er
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