Bleib für immer!: Roman (German Edition)
heute?«
»Ich hatte schon alles ausgepackt und Shampoo in den Haaren, als er ins Bad kam, um zu verkünden, er sei mal kurz fünf Minuten weg. Ich fragte ihn, wo er hingehe.«
»Und was hat er gesagt?«
»Er wolle einen Spaziergang machen, weil er Kopfschmerzen habe«, sagt sie.
»Was ist daran so merkwürdig?«
»Also zum einen sagt das doch eigentlich die Frau.«
»Sei nicht so sexistisch«, tadle ich. »Hört sich aber doch nicht so schlimm an, Grace, ehrlich nicht.«
»Vielleicht«, meint sie düster. »Aber dieser Spaziergang.«
»Ja?«
»Er hat zwei Stunden gedauert.«
Unsere Unterhaltung wird vom Geräusch eines Mikrofons unterbrochen, und als wir aufblicken, steht Georgia vorne. Sie ist eindeutig etwas angeheitert, wenn auch nicht so volltrunken, wie man erwarten würde, nachdem der Champagner heute praktisch intravenös verabreicht wird.
»Ich weiß, dass heutzutage viele Bräute Reden halten, aber ich hatte eigentlich nicht vorgehabt, etwas zu sagen«, beginnt sie leicht lallend.
»Ihr Armen musstet euch ja schon Pete anhören und meinen Vater und unseren Trauzeugen Phil, und ich bin sicher, das hat durchaus gereicht. Aber im Laufe des Abends dachte ich mir: Warum soll ich alle so leicht davonkommen lassen? Außerdem weiß jeder, der Pete und mich kennt, dass ich ihm das letzte Wort nur ganz selten gönne.«
Gelächter ertönt.
»Früher sagte man mir immer: ›Du merkst schon, wenn dir die Liebe deines Lebens begegnet‹«, spricht sie weiter. »›Du weißt es einfach.‹ Aber ich war skeptisch, muss ich sagen. Doch ich kenne Pete jetzt seit über einem Jahr, und während dieser Zeit habe ich irrsinnig viel über ihn herausgefunden. Ich habe herausgefunden, dass er großzügig ist, dass er liebevoll ist, dass er witzig ist, dass er klug ist, dass er sich keine Termine merken kann (ich rechne nicht mit einem Geschenk zum ersten Hochzeitstag) … und ich weiß, dass er mich liebt, selbst an den Tagen, an denen ich nicht so liebenswert bin.«
Ein oder zwei spontane »Aaahs« kommen aus der Ecke ihrer Tanten, gefolgt von weiterem Gelächter.
»Aber das ist noch nicht alles. Der Grund, warum ich am heutigen Tag das Unglaubliche getan und geheiratet habe, ist, dass ich jetzt weiß, sie alle hatten recht. Ich wusste es einfach. Wenn ich den Rest meines Lebens mit einem Mann verbringen sollte, dann wusste ich einfach, dass es Pete sein müsste.«
Sie dreht sich zu ihrem neuen Mann um, der in der allerersten Reihe steht und von einem Ohr zum anderen grinst.
»Ich liebe dich, mein Schatz«, sagt sie schnell.
Er tritt zu ihr und zieht sie an sich, und sie schlingt ihm die Arme um den Hals, das Mikro immer noch fest umklammert.
»Ich liebe dich auch, du gefühlsduselige Kuh«, flüstert er. Ganz offenbar ist Pete nicht bewusst, dass das Mikrofon nur Zentimeter von seinem Mund entfernt ist und in den gesamten Raum überträgt, was er für sehr private Ansichten hält.
»Und darf ich dir was sagen?«, raunt er, während zweihundert Gäste atemlos auf seinen nächsten Kommentar warten.
»Deine Möpse sehen einfach großartig aus in dem Kleid.«
56
E S LÄUFT NICHT GUT. Jetzt bin ich schon mal an einem Ort, der so romantisch ist, dass man ihn in Flaschen abfüllen und als Aphrodisiakum verkaufen könnte.
Und trotzdem sitze ich neben dem Freund meiner Mutter wie ein Mädchen, das zum Abschlussball keine männliche Begleitung abbekommen hat. So wie ich aussehe, kann ich von männlicher Begleitung ohnehin nur träumen. Die Schwellung ist zwar leicht abgeklungen, aber die Flecken sind noch da. Und meine verzweifelten Versuche, sie mit Valentinas Gesichtspuder abzudecken, haben mir eine Fahlheit verliehen, vor der kleine Kinder Angst bekommen.
»Liegt es nur an deinem Gesicht, dass du nicht so glücklich bist, Evie?«, erkundigt sich Bob.
»Entschuldige, Bob.« Ich drehe mich wieder zu ihm um und bin kurzfristig vom Anblick seiner grünen Fliege und dem gestreiften Zweireiher aufgeheitert. »Nein, nicht nur daran.«
»Schon wieder Männerärger?«, fragt er. Nach sechs Jahren mit meiner Mutter ist er mehr als vertraut mit der Geschichte meiner Liebschaften.
»Ja. Aber nicht so … von der üblichen Art.«
»Aha?«
»Dieses Mal ist es kompliziert.«
Er nickt und wendet sich wieder seinem Tomatensaft zu.
Ich runzle die Stirn. »Du musst jetzt sagen ›Mir kannst du’s doch erzählen‹ oder so was in der Art«, erkläre ich ihm. »Du weißt schon, mich dazu bringen, dass ich mich dir
Weitere Kostenlose Bücher