Bleib für immer!: Roman (German Edition)
anvertraue. Es mir von der Seele rede.«
»Ach so.« Etwas nervös nestelt er an seinem Bart. »Ähm, ich bin natürlich ganz Ohr.«
»Also«, fange ich an, »ich stehe wirklich auf einen Typen, der heute hier ist. Beziehungsweise, zuerst nicht, weil er mit Valentina zusammen war. Aber dann war es zwischen ihnen vorbei, und ich habe festgestellt, dass ich ihn mag.«
»Aha, gut«, sagt Bob.
»Nur, dass jetzt offenbar eine andere ihn in den Klauen hat.«
»Aha, nicht gut«, sagt Bob.
»Nein, Moment, das ist noch nicht alles. Jetzt ist auch noch einer meiner Exfreunde hier und behauptet, er frage sich – ich zitiere -, warum er mich jemals hat gehen lassen. Er ist sehr nett.«
»Na dann«, kommt es wie aus der Pistole geschossen, »dann nimm doch den.«
»Ich war doch noch nicht fertig«, protestiere ich. »Ich wollte gerade noch sagen, dass er sehr nett ist, aber ich im Grunde meines Herzens ahne, dass er nicht der Richtige für mich ist.«
»Ach«, macht Bob.
»Und der andere schon.«
»Aha«, sagt Bob.
Ich werfe einen Blick auf die Tanzfläche, wo Beth Jack gerade Tango beibringt. Sie könnte nicht mehr Aufmerksamkeit erregen, wenn sie nur mit einer Mickymaus-Unterhose bekleidet Rad schlagend durch den Raum wirbeln würde.
»Verstehe«, meint Bob und man kann deutlich erkennen, dass er das nicht tut. Bob kann toll vegan kochen und kennt sich ausgezeichnet mit dem Werk Jean Paul Sartres aus, aber ich bezweifle, dass er zum Kummerkastenonkel taugt.
»Der, von dem du nicht glaubst, dass er der Richtige für dich ist«, sagt er. »Was stimmt nicht mit ihm?«
»Ich kann mich nicht mehr genau erinnern«, antworte ich. »Es ist Ewigkeiten her, seit ich mit ihm Schluss gemacht habe.«
Bob wirkt nachdenklich.
»Aber die Frage ist nicht nur, was mit ihm nicht stimmt«, fahre ich fort. »Ich schätze mal, der eigentliche Punkt ist, dass mein Herz Purzelbäume schlägt, wenn ich Jack nur ansehe. Bei Seb dagegen …«
»Nur leichtes Flattern?«
Ich muss lächeln.
»Und trotzdem ist er nett und sieht gut aus und hat einen guten Job und scheint keine schlechten Angewohnheiten oder Ähnliches zu haben. Außerdem mag er mich ganz offenbar noch. Und ich mag ihn genug, um nicht zu wollen, dass Valentina ihn verführt.«
»Hmmm«, nickte Bob.
»Also, was meinst du? Was soll ich tun?«, frage ich.
Bob sieht aus wie ein Achtjähriger, der die Grundlagen der Metaphysik erklären soll.
»Tja.« Er denkt genau nach. »Hast du schon mal deine Mutter gefragt?«
Ich lache und lege meine Hand auf seine.
»Mach dir keine Sorgen, Bob«, seufze ich. »Übrigens, du musst mir verraten, wo du das Jackett gekauft hast.«
»Gefällt es dir? Ich fand es auch ganz adrett.«
Plötzlich spüre ich, dass jemand von Weitem auf uns zukommt, und als ich aufblicke, stelle ich zu meinem Schrecken fest, dass es Jack ist.
»O mein Gott.« Ich springe auf und schnappe mir meine Handtasche.
»Was ist denn los?«, fragt Bob. »Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen. Besser gesagt siehst du jetzt noch stärker aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.«
Hektisch betaste ich meine Augen und fühle, dass sie immer noch angeschwollen sind – zumindest ausreichend, um Jack so nicht unter die Augen kommen zu wollen. Fieberhaft sehe ich mich um. Ich muss einen Fluchtweg finden. Ich muss hier weg.
Und zwar schnell.
57
H EKTISCH DRÄNGE ICH mich durch Tische und Stühle, um so schnell wie möglich die Tür zu erreichen. Doch wohin ich mich auch wende, versperren mir Leute den Weg – und alle starren mich an, als hätte ich gerade die Hauptrolle in einem Remake von Nacht der lebenden Toten ergattert. Ich stoße Gäste beiseite wie Kegel, in dem Bewusstsein, dass das der Gipfel der Unhöflichkeit ist; aber in diesem Fall muss man mir das einfach nachsehen.
Atemlos gelange ich schließlich nach draußen an die frische Luft, wo die Sonne untergeht und die Wogen des Atlantiks an die Küste donnern. Dann reiße ich mir die Jimmy Choos von den Füßen und sprinte mit den Schuhen in den Händen auf einen Felsbrocken in der Nähe zu. Das erscheint mir in diesem Moment als der passendste Ort für mich: ein Stein, unter dem ich mich verkriechen kann.
Ich drehe mich um, ob jemand hinter mir ist, und zu meiner Erleichterung habe ich Jack abgehängt. Mit einem Seufzer lasse ich mich auf der abgewandten Seite des Felsbrockens nieder, mit Blick aufs Meer. Plötzlich bin ich entspannter, als ich es den ganzen Tag gewesen bin. Es ist
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