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Bleib für immer!: Roman (German Edition)

Bleib für immer!: Roman (German Edition)

Titel: Bleib für immer!: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Costello
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Bassisten kenne ich noch flüchtig aus meiner Bubblegum-Vamp-Zeit, da ich damals mit einem seiner Freunde zusammen war (vier ganze Tage – ein absoluter Tiefpunkt meiner Beziehungsunfähigkeit).
    Als die ersten Takte erklingen, wird mir sofort klar, dass ich das völlig falsche Lied ausgewählt habe. Vor Jahren sah ich Ruby Turner in Jools Hollands Sendung live »Nobody But You« singen und verliebte mich auf der Stelle in den Song. Aber ich hätte ein Grundprinzip des öffentlichen Singens nicht vergessen dürfen: Niemals versuchen, Ruby Turner zu kopieren. Außer, man ist Ruby Turner.
    Unvermittelt blendet mich ein Scheinwerfer, und ich frage mich, ob wohl jeder im Publikum so wie ich die Schweißperle bemerkt, die mir langsam über die Stirn rinnt.
    Zu spät, um sich darüber Gedanken zu machen. Ich hole tief Luft, und sobald ich die ersten dieser wunderbaren Worte singe, verschwindet mein Lampenfieber. Denn unerklärlicherweise klinge ich gar nicht so übel.
    » No-one ever gave me anything … «, klage ich.
    Ich hebe den Blick und stelle fest, dass die Leute mich ansehen – und zwar so, als wollten sie mir auch zuhören. Ich schließe die Augen und stelle mir vor, ich stünde unter der Dusche, ohne Hemmungen, ohne Publikum, nur ein krächzendes Radio und ein Haufen leerer Haarspülungsflaschen leisten mir Gesellschaft.
    Ich mag falsch liegen, aber plötzlich bin ich zutiefst und absolut zuversichtlich, dass ich gut klinge. Ach was, nicht gut, ich klinge großartig !
    » No one ever held my hand … «, schmachte ich.
    Ich schiele zum Bassisten hinüber – und er nickt beifällig. Zwar bin ich immer noch nervös, aber gleichzeitig in Hochstimmung.
    » Nobody. Nobody but you .«
    Mein Blick ist auf Jack geheftet, und ich singe ihn aus vollem Herzen und voller Seele an. Doch gerade, als ich zur zweiten Strophe ansetzen will, bemerke ich jemand anderen. Jemanden ganz vorne. Jemanden, der winkt.
    O mein Gott.
    Ach du große Scheiße.
    Das kann nicht sein.
    O doch, es kann.
    Es ist Gareth.
    Aua. Die letzte Zeile war ganz schön wackelig.
    » Every time that I felt lost … «
    Mist, Mist, Mist. Noch wackeliger.
    Verzweifelt versuche ich, mich zu konzentrieren, aber meine Aufmerksamkeit wird wie magisch von Gareth angezogen, dessen lächelnde Miene inzwischen Ähnlichkeiten mit Jack Nicholson in den letzten Szenen von Shining aufweist.
    Ich gebe mir die allergrößte Mühe, weich und rauchig zu klingen, aber jetzt hört es sich nur noch an, als wäre ich erkältet. Und als die Leute im Publikum allmählich die Köpfe abwenden, blicke ich noch einmal um moralische Unterstützung heischend zum Bassisten. Dieses Mal meidet er den Augenkontakt und wünscht sich sichtlich, jemanden mit überzeugenderen stimmlichen Fähigkeiten neben sich zu haben. Britney Spears zum Beispiel.
    Gareth steht jetzt ganz vorne an der Bühne und ist der Einzige, der sich im Rhythmus der Musik wiegt, die Augen an mir klebend. Unsicher schiele ich zu Jack am anderen Ende des Raums hinüber. Als er es bemerkt, lächelt er aufmunternd. Aus irgendeinem Grund erinnert mich das an den Gesichtsausdruck meiner Sonntagsschullehrerin, nachdem ich mit sechs Jahren mitten in einem Krippenspiel deutlich hörbar einen fahren gelassen hatte. Selbst in dem Alter war mir schmerzlich bewusst, dass die Jungfrau Maria einfach nicht furzen sollte – zumindest nicht in der Öffentlichkeit -, und egal wie freundlich meine Lehrerin mich ansah, meine Demütigung würde sich nicht einfach verflüchtigen.
    Als das Lied sich dem dramatischen Höhepunkt nähert, schließe ich wieder die Augen, um Gareths Anblick auszublenden, und wild entschlossen, bei der letzten, schwierigsten Zeile noch einmal alles zu geben.
    » No … body … but … YOUUUU! «
    Alles gegeben habe ich, das schon.
    Schade nur, dass ich klinge wie ein Huhn beim Schlachten.

80
     
    M IT ZITTERNDEN HÄNDEN stecke ich das Mikrofon zurück in den Ständer und schleiche von der Bühne. Der Applaus besteht einzig aus vereinzeltem Höflichkeitsklatschen – bis auf Gareth, der mir zujubelt, als hätte er gerade Shania Twain beim letzten Konzert ihrer Welttournee erlebt.
    Als ich die unterste Stufe erreiche, dreht sich alles in meinem Kopf: Wie soll ich an Gareth vorbeikommen, wie soll ich Jack hier rauskriegen und, nicht zuletzt, wie soll ich jemals einen Auftritt verwinden, auf den vor zweihundert Jahren noch der Tod durch den Strang stand?
    Mit all diesen Anforderungen beschäftigt, bin ich offenbar

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