Bleib für immer!: Roman (German Edition)
Taxifahrer, und wieder springen wir auseinander und unterdrücken ein Kichern.
»Nein, ich glaube, Sie haben recht«, sagt Jack.
»Das dachte ich mir auch«, meint der Fahrer. »Man hat ja alle möglichen Leute hier drinsitzen, das glauben Sie nicht.«
Dann erzählt er uns eine Geschichte über eine Frau, deren Cockerspaniel auf dem Rücksitz seines Wagens die Wehen bekam, während der Wagen sich im Schneckentempo durch die zweieinhalb Kilometer lange Baustelle auf der Smithdown Road mühte. Jack beugt sich wieder zu mir, aber nicht um mich zu küssen. Meine Hand haltend bringt er seinen Mund ganz nah an mein Ohr.
»So leicht kommst du mir nicht davon«, flüstert er.
Ich drehe den Kopf und küsse ihn flüchtig auf die Lippen.
»Gut«, wispere ich zurück.
83
Green’s Fitnessstudio, Liverpool, 13. Mai
H ALLO, CHARLOTTE!«, ruft jemand, als wir hereinkommen.
Charlotte und ich drehen uns um, und einer der Trainer joggt auf uns zu, in der Hand einen Stapel Flugblätter. Er ist einer dieser nervig sportlichen Menschen, die niemals zu gehen scheinen, sondern sich mit einem ständigen Federn von einem Ort zum anderen bewegen.
»Oh, hallo, Shaun«, begrüßt Charlotte ihn fröhlich.
Vor sechs Monaten wäre es undenkbar gewesen, dass Charlotte sich mit einem Fitnesstrainer duzt. Jetzt sind sie alle praktisch ihre besten Freunde.
»Ich hab dich gestern gesucht, konnte dich aber nicht finden«, sagt er. »Du hast doch nicht geschwänzt, oder?«
»Ich hatte nur einen Zahnarzttermin«, erklärt sie. »Abgesehen von gestern war ich diese Woche jeden Tag hier.«
»Kein Problem, sollte nur ein Scherz sein. Ich habe gesehen, wie oft du hier warst«, entgegnet er. »Und es funktioniert ganz offensichtlich. Du siehst toll aus, eine wandelnde Werbung für dieses Studio. Jedenfalls habe ich dich gesucht, weil ich ein Event organisiere. Ich versuche, eine Gruppe von Leuten zusammenzubekommen, die nächstes Jahr mit dem Fahrrad das Atlasgebirge überqueren.«
Charlotte ist vollkommen verblüfft, aber er missversteht ihren Gesichtsausdruck.
»Ich wusste vorher auch nicht, wo das liegt«, sagt er. »Anscheinend in Marokko. Aber was ich sagen wollte, ist, dass es sicher ein Riesenspaß wird und wir Geld für einen guten Zweck sammeln können. Überleg es dir mal, okay?«
»Äh, okay«, sagt sie, »mach ich.«
Als Shaun und seine unfassbar muskulösen Beine wieder zurück in die Männerumkleide traben, drehe ich mich zu Charlotte.
»Gibt es mich gar nicht?«, frage ich. »Sehe ich etwa nicht so aus, als könnte ich mit dem Fahrrad über den Atlas fahren?«
Sie zuckt entschuldigend die Schultern. »Ich glaube, nur die Stammkunden werden gefragt, ob sie mitmachen wollen«, sagt sie.
»Mhm. Ich war wohl schon länger nicht mehr hier, oder?«
Sie lächelt. »So ist das nun mal, wenn man jemanden findet, mit dem man jede freie Minute verbringen will.«
»Fällt es so auf?« Ich spüre ein Aufblitzen von Jack-Seligkeit, gemischt mit einer sehr deutlichen Unterströmung von schlechtem Gewissen. Ich weiß, dass ich Charlotte vernachlässigt habe. Und Grace auch. Valentina habe ich seit Ewigkeiten nicht mehr getroffen – wobei sie ihre eigene knospende Romanze (sprich »Dauerpoppen«) mit Edmund Barnett hat.
»Na dann, Charlotte. Mit dem Fahrrad über den Atlas. Machst du mit?«
»Ach, mal sehen«, meint sie, »vielleicht schon. Viel schwerer als das ganze Gewichtestemmen kann es eigentlich auch nicht sein.«
»Und bei Gott, das machst du ganz schön gut«, sage ich.
In der Umkleide springt sofort ins Auge, wie häufig Charlotte das tut. Beim Umziehen versteckt sie sich nicht mehr hinter extra großen Badetüchern. Sondern läuft ungezwungen in ihrer Unterwäsche herum, die jetzt mit Spitze besetzt und modisch ist. Kein Vergleich mehr mit den Oma-Schlüpfern von früher – die sie höchstwahrscheinlich inzwischen verbrannt hätte, wenn Polyester nicht so stinken würde.
Aber es ist nicht nur ihre Unterwäsche. Charlotte besitzt inzwischen ein Kleidungsstück, das sie sich schon immer sehnlichst gewünscht hat, so wie andere Leute sich eine Gucci-Jeans wünschen: einen Hosenanzug von H&M.
Okay, nicht gerade der modische Geheimtipp der Vogue für die kommende Saison. Aber für Charlotte hat er eine grundlegende Bedeutung. Denn zum ersten Mal muss sie nicht mehr in eines dieser Spezialgeschäfte mit euphemistischen Namen wie Damenmode Plus oder Big and Beautiful gehen. Sie kann einfach durch die
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