Bleib nicht zum Frühstück
Quarks.«
»Ohne Scheiß! Dann müssen Sie ja auf der High-School ein echtes As gewesen sein.«
»Ich habe nicht allzu viel Zeit auf der High-School verbracht, weil ich mit vierzehn aufs College gegangen bin.«
Wieder rollte ein Bächlein über ihr Gesicht, doch zugleich setzte sie sich, wenn es überhaupt möglich war, noch aufrechter hin als vorher.
»Mit vierzehn? Das ist ja wohl ein Witz.«
»Als ich einundzwanzig wurde, hatte ich bereits meinen Doktor.« Jetzt brach sich ihr Elend endgültig Bahn, so daß sie die Ellbogen auf die Tischplatte stützte, die Hände zu Fäusten ballte und den Kopf sinken ließ. Ihre Schultern bebten, aber sie gab nicht das leiseste Geräusch von sich, und der Anblick dieser sich beinahe auflösenden Wissenschaftlerin war derart ergreifend, daß Jodie abermals ehrliches Mitgefühl empfand. Zugleich allerdings war ihre Neugierde geweckt.
»Haben Sie vielleicht Ärger mit Ihrem Freund?«
Dr. Jane schüttelte den Kopf. »Ich habe keinen Freund mehr seit Dr. Craig Elkhart. Wir waren sechs Jahre zusammen.«
Also konnte sie doch nicht lesbisch sein. »Das ist eine lange Zeit.« Trotz der tränennassen Wangen reckte die Professorin mit einem Mal trotzig das Kinn. »Er hat gerade eine zwanzigjährige Datenverarbeiterin namens Pamela geehelicht. Als er mich verließ, sagte er: ›Tut mir leid, Jane, aber du machst mich einfach nicht mehr an.‹«
Angesichts von Dr. Janes so zugeknöpfter Persönlichkeit hatte Jodie ein gewisses Verständnis für seine Sicht; aber so etwas zu sagen, fand sie trotzdem ziemlich mies. »Männer sind Arschlöcher.«
»Aber das ist nicht einmal das Schlimmste.« Sie faltete ihre Hände und legte sie auf den Tisch. »Das Schlimmste ist, daß wir sechs Jahre zusammen waren und er mir gar nicht fehlt.«
»Warum sind Sie dann so fertig?« Der Kaffee war durchgelaufen, und sie stand auf und schenkte ihnen beiden ein.
»Es liegt nicht an Craig. Ich bin einfach… ach, im Grunde ist es nichts. Warum lasse ich mich nur so gehen?
Es paßt so wenig zu mir.«
»Sie sind vierunddreißig Jahre alt und irgend jemand hat Ihnen einen Gutschein für Jiffy Lube zum Geburtstag geschenkt. Da ist es ja wohl normal, daß einen so was fertigmacht.«
Dr. Jane erschauerte. »In diesem Haus bin ich aufgewachsen, wußten Sie das? Nach Dads Tod wollte ich es verkaufen, aber ich habe es bisher einfach nicht geschafft.«
Ihre Stimme bekam einen wehmütigen Klang, als hätte sie vergessen, daß Jodie ihr gegenübersaß. »Damals habe ich gerade ultrarelativistische Schwerionenkollisionen erforscht, und der Verkauf hätte mich zu sehr abgelenkt.
Meine Arbeit stand für mich immer im Mittelpunkt. Bis ich dreißig war, hat mir das genügt. Aber seither jagt ein Geburtstag den anderen.«
»Und schließlich haben Sie festgestellt, daß dieses Physikzeugs, wenn man nachts im Bett liegt, einen nicht besonders erregt. Habe ich recht?«
Sie fuhr zusammen, als hätte sie ganz vergessen, daß sie nicht alleine war. »Das ist es nicht nur. Offen gestanden finde ich, daß Sex heutzutage eine viel zu große Bedeutung beigemessen wird.« Unbehaglich blickte sie auf ihre gefalteten Hände. »Es ist mehr ein Gefühl der Verbundenheit mit einem Menschen, das mir fehlt.«
»Ich halte es für eine ziemlich große Verbundenheit, wenn man zusammen mit jemandem die Matratze brennen läßt.«
»Tja, vorausgesetzt, daß man sie zum Brennen bringt.
Persönlich…« Sie schneuzte sich, stand auf und schob das Taschentuch in ihre Hose, wo es nur eine kleine Beule verursachte. »Wenn ich von Verbundenheit rede, dann meine ich etwas Dauerhafteres als Sex.«
»Etwa irgendwas Religiöses?«
»Nicht unbedingt, obgleich mir Religion durchaus wichtig ist. Ich meine eine Familie. Kinder. Solche Dinge.« Sie straffte die Schultern und sah Jodie mit einem entschuldigenden Lächeln an. »Aber jetzt habe ich mich mehr als genug im Selbstmitleid geaalt und Sie mit meinen Problemen belästigt. Ich fürchte, heute ist Besuch halt ungünstig…«
»Jetzt hab' ich es! Sie wünschen sich ein Kind!«
Dr. Jane schob die Hand in die Hosentasche und zog abermals das Taschentuch heraus. Ihre Unterlippe zitterte und ihr Gesicht war eine einzige große Knitterfalte, als sie sich wieder auf ihren Stuhl sinken ließ. »Craig hat mir gestern erzählt, daß Pamela schwanger ist. Es ist keine … ich bin nicht eifersüchtig auf sie. Ehrlich gesagt interessiert er mich einfach nicht mehr genug, als daß ich mich zu Eifersucht
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