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Bleib ungezaehmt mein Herz

Titel: Bleib ungezaehmt mein Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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besonderen Grund?«
    »Ich muß in passender Begleitung zu Hause erscheinen«, erwiderte sie. »Und außerdem gibt es da etwas, worüber wir sprechen müssen.«
    »Carrington hat etwas dagegen, daß du ohne Pferdeknecht ausfährst.« Es lag kein fragender Unterton in seiner Bemerkung.
    Judith lachte. »Wie hast du das erraten?«
    »Weil es nur normal ist, wenn er Einwände hat. Du solltest dich mehr an gesellschaftliche Konventionen halten, Ju.«
    »Herrgott noch mal! Seit wann bist du so spießig?«
    »Das bin ich nicht«, entgegnete Sebastian verwirrt. »Zumindest glaube ich es nicht.«
    »Es ist Harriets Einfluß, darauf wette ich.«
    »Und wenn es so wäre?«
    »Sei nicht so abweisend. Ich finde sie sehr nett, und wenn du sie liebst, dann werde ich sie auch ins Herz schließen ... aber das bringt mich wieder auf die Sache, die ich mit dir bereden wollte.«
    »Nun?«
    »Ich glaube, Gracemere macht Harriet den Hof... oder eher ihrem Vermögen, aller Wahrscheinlichkeit nach.«
    Sebastian saß eine Weile still da. Als er erneut zu sprechen begann, klang seine Stimme beinahe gleichmütig. »Wie kommst du auf den Gedanken?«
    Judith erzählte es ihm. »Schließlich hat er schon einmal eine reiche Erbin geheiratet... sie einem höchst begehrenswerten Freier praktisch vor der Nase weggeschnappt. Und es könnte durchaus sein, daß er es noch einmal versucht«, schloß sie. »Und ich kann mir auch keinen anderen Grund vorstellen, warum Agnes Barret so unermüdlich den Kontakt zu einem unschuldigen jungen Mädchen pflegen sollte. Die Situation ist perfekt: Letitia kann - oder will - ihre Tochter nicht auf Gesellschaften begleiten. Also springt Agnes ein, gewinnt ihr Vertrauen... und scheint es nach außen hin nicht ganz natürlich, wenn sie Harriet ihren eigenen Freunden vorstellt... oder ihrem Liebhaber, wie es wahrscheinlich der Fall ist? Sie werden sicher beide vom Vermögen der Moretons profitieren wollen.«
    »Zur Hölle mit diesem elenden Mistkerl!« zischte Sebastian mit plötzlicher Vehemenz. »Wo wir auch hingehen -überall taucht er auf und verknüpft seine bösen Machenschaften mit jedem Faden unseres Lebens.«
    »Du kannst ihn damit schlagen«, erklärte Judith ruhig. »Wenn du ihn mit den Karten ruinierst, zerstörst du damit auch all seine anderen Pläne.«
    Sebastian sagte nichts, aber er schob energisch das Kinn vor und starrte finster geradeaus.
    »Harriet verabscheut Gracemere.«
    »Hat sie dir das gesagt?« Überrascht drehte er sich zu seiner Schwester um.
    »Ja. Obwohl ich überzeugt bin, daß sie nicht erkennt, warum er so zudringlich ist. Aber wenn sie ihn in keiner Weise ermutigt, wird er sich etwas anderes einfallen lassen müssen, um sein Ziel bei ihr zu erreichen.«
    »Wenn das alles doch nur schon vorbei wäre!« rief Sebastian grimmig aus.
    Judith gab keine Antwort, weil sie wußte, ihr Bruder würde sich schon wieder fangen, und als sie am Berkeley Square ankamen, redete er bereits wieder so unbekümmert, als hätte er diesen leidenschaftlichen Wunsch nie geäußert.
    Da Judith keinen Pferdeknecht dabeihatte, lenkte sie die Pferde selbst zu den Ställen. Marcus stand in dem gepflasterten Hof und unterhielt sich mit dem Stallmeister, als seine Frau vorfuhr. Er schlenderte zu ihr herüber. »Wir müssen uns demnächst mal über die genaue Bedeutung von >sofort< unterhalten, Judith. Es scheint eines der Wörter auf der ständig länger werdenden Liste von Ausdrücken zu sein, die jeder von uns anders versteht«, sagte er in liebenswürdigem Ton.
    Judith forschte in seinem Gesicht nach Anzeichen echten Ärgers. Wenn er verärgert war, dann jedenfalls nur leicht. »Aber ich bin in untadeliger Begleitung, wie du sehen kannst«, erklärte sie.
    Marcus nickte. »Protestierst du nie dagegen, daß deine Schwester dich unter Druck setzt und manipuliert, Sebastian?«
    »Im allgemeinen nicht«, antwortete Sebastian. »Ich habe es aufgegeben. Wie ist es mit dir?«
    »Ich hab's noch nicht aufgegeben. Ich sollte dich bitten, mir beizubringen, wie man zu einer so friedfertigen Einstellung kommt.«
    »Oh, das ist ganz einfach. Der einzige Nachteil besteht darin, daß es sehr lange dauert. Wie Gesteinserosion.«
    »Ich mag es nicht, wie ihr neuerdings immer über mich redet, als wäre ich nicht anwesend«, verkündete Judith mit beleidigter Würde.
    »Ich fürchte, du forderst es förmlich heraus, mein Luchs. Es ist die einzige Waffe, die wir armen Männer gegen deine Listen haben. Komm, ich helfe dir herunter.«

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