Bleib ungezaehmt mein Herz
»Dieser Grünschnabel! Er ist ein Schwachkopf mit mehr Geld als Verstand.«
»Solange es sich lohnt, ihn zu rupfen...« Agnes wandte sich wieder zum Teetablett um.
»Ich wünschte nur, es wäre eine größere Herausforderung«, bemerkte der Earl und nahm einen Schluck Tee.
Agnes blickte zu ihm auf. »Da kannst du von Glück sagen, mein Lieber. Warum möchtest du dich härter ins Zeug legen als unbedingt nötig?«
Er lachte. »Na schön, in diesem Punkt muß ich dir recht geben. Aber um auf die Moretonsche Göre zurückzukommen... du solltest dafür sorgen, daß sie mehr in meiner Gesellschaft ist.«
»Ich bin nicht sicher, ob uns das viel nützen würde. Wenn das Mädchen für Sebastian schwärmt und Judith beschlossen hat, die Sache in die Hand zu nehmen, müssen wir uns auf einige Schwierigkeiten gefaßt machen.«
Gracemeres blasse Augen wurden hart. »Wenn sie sich nicht überzeugen läßt, gibt es noch andere Methoden.«
Agnes schob die Lippen vor. »Du meinst, Entführung?«
»Wenn es nötig ist. Eine Nacht in der Hampstead-Herberge dürfte genügen. Es spielt keine große Rolle, ob das Mädchen sie dort freiwillig verbringt oder nicht. Ihr Ruf wird auf jeden Fall ruiniert sein.«
»Die Gesellschaft ist so ungerecht«, murmelte Agnes lächelnd. »Einem Mädchen wird die Unschuld in einem Akt der Schändung geraubt, und schon gilt sie in den Augen ihrer Mitmenschen als unanständig.« Sie kam auf Gracemere zu, mit fließendem, leicht wiegendem Gang, der an das Gleiten einer Schlange erinnerte.
»Aber eine ehrbare Heirat wird ihre Schande verbergen«, erwiderte er, Lust und Grausamkeit zugleich in seinem Lächeln. Agnes begab sich in seine Arme; ihr Atem ging schnell, ihre Lippen bebten, ihre Augen funkelten in einer fast fiebrigen Erregung. Gracemere preßte seinen Mund mit brutalem Verlangen auf ihren, während ihm wieder einmal der Gedanke durch den Kopf schoß, daß die Planung von Schandtaten und die Aussicht auf Leiden für Agnes das beste Aphrodisiakum waren. Es war nur ein weiteres Glied in der Kette, die sie aneinanderfesselte.
»Eine ehrbare Heirat, die ihre Familie jeden Penny von dreißigtausend Pfund kosten wird«, flüsterte Agnes gegen seinen Mund. »Armes Kind. Fast könnte sie mir leid tun. Wirst du freundlich zu ihr sein?«
»Freundlichkeit habe ich nur für dich übrig, Liebste. Die Art von Freundlichkeit, von der ich weiß, daß sie dir gefällt.« Gracemere lächelte und biß in ihre Unterlippe, während sich seine Finger heftig um ihre rechte Brust schlossen und in die harte Knospe kniffen.
Agnes erschauerte, als Schmerz sich ausbreitete, und sie stöhnte wollüstig auf, preßte sich mit ihren Schenkeln an seinen Unterleib, und die unausweichliche, paradiesische Erregung ließ ihr Blut schneller in den Adern pulsieren.
Gracemere lächelte vor sich hin, als er ihr Verlangen spürte. Was für attraktive Möglichkeiten das Leben im Moment für ihn bot - mit Carringtons Frau, die wie ein schwanzwedelndes Hündchen um seine Mithilfe bei der Demütigung ihres Ehemannes bettelte, und dem jungen Davenport, der sich so geduldig und lammfromm als Opfer anbot wie ein Schaf sich seinem Scherer!
»Judith, fühlst du dich nicht wohl?« Sally betrachtete ängstlich ihre Schwägerin, die lustlos wirkte und nicht so temperamentvoll und heiter wie gewöhnlich.
Judith litt unter Kopfschmerzen und einem ziehenden Schmerz im Unterleib, seit sie zur Soiree der Herons gekommen war, und sie brauchte nicht erst das Ruhezimmer für die Damen aufzusuchen, um zu bestätigen, was sie bereits wußte. Jene wilde, leidenschaftliche Liebesnacht hatte keine fruchtbaren Folgen gehabt, und sie wußte nicht, ob sie sich freuen oder enttäuscht sein sollte.
»Es sind nur die gewissen Tage des Monats«, erklärte sie. »Und diese Gesellschaft ist so langweilig.« Die Herons hatten ihren Gästen bis jetzt nur eine Harfenspielerin von mittelmäßigem Talent, ein mageres Abendessen und ziemlich faden Champagner geboten. »Laßt uns ins Kartenzimmer gehen«, schlug sie vor und schob ihren fast unberührten Teller von sich.
»Im kleinen Salon gibt es einen Lootisch«, sagte Isobel. »Dort könnten wir mitspielen.«
Judiths Ausdruck war nicht ermutigend. »Nein, laßt uns statt dessen lieber Basset spielen. Die Einsätze sind nicht allzu hoch, und ich habe euch ja erklärt, wie man das Risiko anhand der Reihenfolge der Karten am besten berechnet; ihr könnt euch also gegen den reinen Zufall wenigstens einigermaßen
Weitere Kostenlose Bücher