Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
bekomme ich wenigstens den fünften Teil meiner Bestellung.
Hier vergeht ein Tag wie der andere, heute Abend hat es mal mit Regnen aufgehört. Wenn ich mit Schreiben fertig bin, rauche ich noch ein Stäbchen und dann gehts in die Falle. Wenn Du mal in die Königsstrasse kommst, kauf mir doch mal so ein Merkheft.
Heute habe ich auch an Schramms und an die Nürnberger geschrieben, also Du musst doch zugeben, dass ich fleissig war. Fünf Päckchen gepackt und die Briefe geschrieben, das ist doch eine Leistung, da könntest Du schon mal eine Schachtel Zigaretten spendieren. Eben habe ich es ausgerechnet, noch 23 Wochen bis zum Urlaub, vielleicht ist der Krieg bis dahin zu Ende?
Nun Dir recht viele Grüsse und Süsse und drück mal Heidi und denk oft an mich.
Dein Dichliebender Hans.
Bitte grüss die Eltern und Elli von mir.
Leipzig, den 28.7. 42
Mein lieber Strolch!
Heute will ich Dir nun Heidis Geburtsurkunde schicken, damit das nun endlich mal erledigt wird. Das Geld kam früh auch an, und habe ich 277 M erhalten. Ist doch allerhand, was? Von Stöhrs habe ich heute meine Papiere geholt und auch noch 110 M Lohnausgleich erhalten. Bin ich also wieder eine reiche Frau. Wie lange? Ich schicke Dir nun in den nächsten Tagen noch mal 100 Mark, nachher muß ich aber bald mal mit Sparen anfangen. War früh mal mit Mutter und Frau Kühn bei Lieschen und ihrer kleinen Monika. Das Balg ist wirklich ganz entzückend und hat ganz lange schwarze Haare. Vergangene Nacht habe ich Heidi ... siebenmal ... aus- und neu wickeln müssen. Nachher habe ich ihr keinen Strampelanzug angezogen und habe sie strampeln und würgen und schreien lassen. Heute hat sie den ganzen Tag allein gestanden und niemand ist gegangen, wenn sie gebrüllt hat. Es ist eine richtige kleine Kraftprobe zwischen uns. Du würdest ja bestimmt nachgeben. Heute bade ich sie erst am Abend, denn nach dem Bad ist sie immer müde, und hoffentlich schläft sie da in der Nacht. Warst Du beim Orthopäden und was macht der Husten und der Schnupfen? Da kann ich Deiner Tochter jetzt keinen Kuß von Dir geben.
Für heute nun Schluß. Dir viele herzliche Grüße und Süße
Von Deiner Lenifrau & Heidi
Leipzig, den 2.8. 1942
Mein lieber Hans!
Siehst Du, kaum habe ich mich hingesetzt um Dir zu schreiben, schon brüllt Deine Tochter. Dabei ist es schon 4 Uhr und ich bin eben erst fertig. Muß eben mal nachschauen - also Moment. Sie war vom Kopfkissen gerollt. Jetzt ist sie ruhig und hat ihren Zulp, mal sehen, wie lange. Für Deinen lieben Brief am Freitag und Sonnabend danke ich Dir recht herzlich. Schon fängt Heidi wieder an zu spektakeln. Wenn es lange dauert, muß ich sie in die Kammer fahren, damit die Leute, die auf dem Balkon sitzen, ihre Ruhe haben. So, jetzt ist Friede geblasen, Elli ist mit ihrer Nichte bis 6 Uhr ein Stück spazieren gefahren, so daß ich nicht wieder bis 6 Uhr gestört werde. Am Freitag brachte mir Dein neuer Schwager Deinen Brief mit herauf. Hatte einen Kartoffelkuchen gebacken, den sie so ziemlich aufgefressen haben. Sie sind schon ganz schön ausgehungert. Ullrich stand mit seinem Wagen auf dem Balkon, und nachher rankerte er auf unserem Kanapee herum. Habe Erika ein Stück von meinem Käse abgegeben. Heidi ißt immer noch nicht so, wie es sein soll. Vorige Nacht hat sie durchgeschlafen, dafür hat sie aber diese Nacht krakeelt. Um 4 Uhr habe ich sie in mein Bett genommen damit die Eltern schlafen konnten, denn sie sind nun heute früh um ½ 8 Uhr weg. Heute ist nun Elli da, und ab morgen bin ich allein. Das werden meine Ferien sein und ich will so viel als möglich faulenzen. Mal sehen, ob ich es durchführen kann. Nein - zu Frau Ziemer will ich nächstes Jahr nicht. Im Frühjahr fahre ich zu Grete nach Saaz und vielleicht mit Dir im August an die See, ja? Da ist Heidi eineinviertel Jahr und kann sie da die Seeluft schon gut vertragen. Im Garten sind jetzt nur noch die sauren Kirschen dran. Es ist im Garten sehr viel gestohlen worden. Süße Kirschen, Himbeeren, Johannisbeeren. Es müssen Gefangene von Köhlers sein. Habe gestern von Tante Anna ein paar saure Kirschen bekommen und mir dafür drei Glas Marmelade gekocht. Papa ist noch nicht fort, fährt erst Ende August oder Anfang September. Mit Heidi wird es jetzt wieder, die Aletemilch ist die Trockenmilch aus der Apotheke und ganz prima. Mutti und Grete gefällt es ausgezeichnet in Bad Tölz. Von Grete kam gestern ein Brief an. Sie hat einen neuen Verehrer. Es ist
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