Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
und Grete Kolbe im Garten in Liebertwolkwitz Sommer 1942
Haben uns bis in den Nachmittag hinein geaalt und dann gearbeitet. War sehr schön, bald wie ein Ferientag. Dienstag wieder schwer im Garten gearbeitet. Dann ein paar mal Klein Ullrich geholt, damit erstens der kleine Kerl mal an die Luft kommt, und zweitens, damit seine Mutti und Helenchen mal zu was kommen. Drinnen geht es jetzt drunter und drüber, das kannst Du Dir vorstellen. Von Erika habe ich entzückende Sachen für Heidi bekommen, zum Teil nur geborgt, denn Erika will noch mehr Kinder haben. Einen Badeanzug für jetzt, kleine weiße gestrickte Höschen, Schühchen, drei ganz reizende Strampelhöschen mit Hosenträgern, die ich regelmäßig anziehe, Jäckchen, Mützchen, hübsche Unterlagen, Du müßtest es nur sehen. Zum Anbeißen sieht sie jetzt aus. Ich fotografiere sie jetzt noch im Höschen, und dann lasse ich ganz schnell entwickeln, damit Du ein Bild von Deinem Töchterchen bekommst. Zum Teil schläft sie in der Nacht jetzt durch. Die vorhergehende Nacht hat sie durchgeschlafen ohne sich zu rühren, dafür bin ich aber diese Nacht eine Stunde auf den Beinen gewesen, nur zum Schluß habe ich sie noch für eine halbe Stunde brüllen lassen, ehe sie eingeschlafen. Zu trinken bekommt sie aber nachts nichts mehr, nur den Nuppel.
Hast Du schon gehört daß jetzt wieder Feldpostpäckchen bis zwei Pfund geschickt werden können? Aber nur eins im Monat. Dazu muß von der Front eine Zulassungsmarke geschickt werden. Also müßtest Du Dir so eine Marke geben lassen, die Du uns schicken mußt. Dann könnte evtl. mal ein Päckchen kommen. Frau Ziemer hat auch geschrieben und ein Päckchen geschickt. Haferflocken, Grieß, Mehl, Tomatenmark, Reis, Gräupchen. Ist doch nett, nicht? Haben alles brüderlich geteilt. Die Mürbchen und Berliner bekommst Du, ist doch Ehrensache, nur habe ich sie noch nicht gebacken, das kommt morgen dran.
Nun ist es gleich 6 Uhr, und Heidi soll zu ihrem Recht kommen, deshalb Schluß für heute. Bleib gesund, munter und frisch und behalt uns lieb, und nimm viele liebe Grüße und auch einen zarten Kuß von Heidi
Deine Leni.
Ich habe jetzt auch eine neue Zigarettenquelle, Dein Freund in der Stieglitzstr. Hat wahrscheinlich seinen Laden verkauft. Jedenfalls sind nie Leute drin, und dort bekomme ich jede Marke, die ich haben will.
Heute haben wir eingeweicht und nächste Woche wird gewaschen. Eine unheimliche Hucke. Kannst mal an uns denken. Tante Anna kann nicht helfen, hat selber Wäsche. Elli kommt auch am Montag in Urlaub.
Leipzig, den 12.7.42
Mein lieber Strolch!
Nun ist heute Sonntag, und aus meinem Sonnenbad ist nichts geworden. Leider! Aber seit gestern Abend gießt es ununterbrochen in Strömen. Wie Herbst ist es, einfach scheußlich. Wenn man sich schon mal was vornimmt. Aber sei froh oder auch nicht, je nachdem wie Du meinen Brief aufnimmst. Jedenfalls wärst Du bei schönem Wetter kaum zu einem Briefchen heute gekommen. Gestern Deinen Brief habe ich nach 8 Uhr noch mit dem Rad zur Hauptpost gebracht und anschließend bin ich noch mal in die Nürnberger den Tee hinschaffen. Sie saßen bei ihrem dürftigen Abendbrot. Übrigens war Erika über Papa tüchtig erschrocken und wenn er alleine gewesen wäre, hätte sie ihn nicht erkannt. Es ist aber schlimmer. Sie ist nun gestern nicht nach Berlin gefahren, weil Ullrich zu sehr fieberte. Sie wollte nun heute allein über Sonntag hinfahren. Ich finde, daß ihr Mann sie ruhig mit ihrem Kind und mehreren Koffern von Leipzig abholen konnte. Ja, das muß nun jeder selber wissen.
Diese Nacht nun war nicht sehr schön für mich. Um 12 Uhr bin ich ins Bett, und um ¾ 3 Uhr war Heidi da. Bis ¾ 4 Uhr habe ich ihr ununterbrochen den Nuppel gehalten, dann trocken gelegt, dann Flasche gemacht. Von 5 - 6 Uhr habe ich sie brüllen lassen, habe sie aber während dieser Zeit dreimal einwickeln müssen weil sie sich bloß gestrampelt hatte. Um 6 Uhr nahm ich sie dann zu mir, und in meinem Bett war sie ruhig und dann weiter darin bis um 10 Uhr zum Baden geschlafen. Ja, da weißt Du nichts davon. Man hat da nun so seine Beschäftigung. Jetzt ist sie wieder munter und werde ich sie nun bis 6 Uhr brüllen lassen. Hörst Du Deine Tochter. Wie hast Du Deinen Sonntag verbracht? Ich habe von ½ 4 - 5 Uhr auf dem Kanapee gelegen und Illustrierte gelesen, das war wirklich mal wieder wonnig für mich. Da werde ich nun gleich die Zeitungen mit einpacken, damit Du sie bekommst. Ich habe
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