Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
unterschieden, daß ich bis abends 11 Uhr ununterbrochen zu tun hatte. Alles sauber gemacht. Wäsche gewaschen, Möhren eingeweckt und saure Kirschen und meine Marmelade noch mal gekocht. Heute wollte ich mich mal wieder ausruhen, aber da kam aus Bad Tölz Nachricht, daß es dort kalt ist und sie ihre Mäntel haben wollen. Bin ich nun heute in die Nürnberger, das Paket fertig gemacht, drinnen saure Kirschen eingeweckt, mit Erika einen Kinderwagen gekauft, und war ich nun ½ 7 Uhr wieder zu Hause. Heidi gegeben, Abendbrot gegessen und nun schreibe ich Dir. Nächste Woche will ich mal nicht so viel schreiben. Ich muß erst mal meinen ganzen Kram in Ordnung haben. Mindestens 20 Paar Strümpfe zu stopfen, Wäsche ausbessern und wegplätten, und wenn es möglich ist, mal einen Tag auf dem Balkon faulenzen. Bei mir liegen noch die Illustrierten von voriger Woche ungelesen da. Heidi habe ich jetzt aber wirklich prima in Ordnung. Du, gestern habe ich ihr das erste Mal mit einem Löffelchen eingeweichten Zwieback gegeben, es sah zu drollig aus, wie sie da losging, wie bei einem kleinen Kätzchen ging da die Zunge. Momentan schläft sie drüben, um 10 Uhr muß ich sie wecken, dann bekommt sie und dann schläft sie bis Morgen früh. Sie ist wirklich goldig jetzt mit ihren ersten Versuchen sich verständlich zu machen. Gott erhalte uns unseren kleinen Strolch!
Du, die Schoko war prima, und schäme ich mich direkt meiner Verfressenheit. Hättest Du sie doch wenigstens geteilt. Armer Kerl, Dich so zu opfern. Auch für Deinen Kaffee danke ich Dir herzlich. Den hebe ich auf, bis Du Weihnachten auf Urlaub kommst. Du, bei den drei Tagen Erzgebirge oder Thüringen bin ich dabei. Aber warum willst Du damit bis nach dem Kriege warten und nicht mal die drei Tage von Deinem Urlaub opfern? Aber dann so wie damals, mit dem Rucksack wandern. Oder sind wir da zu alt oder zu faul dazu geworden? O Du, ich denke an unsere vielen schönen Reisen. Wann steigt die nächste gemeinsam? In 8 oder 14 Tagen will ich mal zu Ilse gehen. Da graut mir ein bißchen davor, denn mit was oder wie soll man bloß trösten? Ob ich ihr für Arthurs Bild ein paar Blumen mitnehmen kann oder macht man das nicht? Ich kann das immer noch nicht glauben, wo diese beiden Menschen eine so selten glückliche Ehe geführt haben und glaube ich, wird sich Ilse sehr sehr schwer, vielleicht überhaupt nicht davon erholen. Dazu hat sie zu tief empfunden. Für heute will ich schließen, kleiner Mann. Einmal Butter, die vom 20.7., ist nicht angekommen. Oder sollte das die sein, die am 6.8. hier ankam? Weiter ist aber noch keine gekommen. Jetzt will ich noch ein paar Zeilen nach Tölz schreiben. An Mutter habe ich am Donnerstag auch einen Brief geschrieben. Von Elli kam gestern früh auch eine Glückwunschkarte. Da habe ich mich sehr darüber gefreut.
Nun nimm für heute viele viele herzliche Grüße mein Strolch und ein paar Süße von Deiner kleinen Lenifrau entgegen, die mal wieder ganz große Sehnsucht nach Dir hat, und von Heidi mal lieb drücken.
Leipzig, den 13.8..42
Mein lieber Hans!
Für Deinen lieben Brief, den ich gestern vorfand, als ich aus der Mütterberatungsstelle kam, recht herzlichen Dank. Habe für Heidi dort Vigantolöl gegen Rachitis bekommen, und heute Mittag bekommt sie das erste Mal an Stelle einer Flasche einen Grießbrei. Da werden wir alle beide einen Heidenspass haben. Sie angelt sich jetzt immer den Schleier, der über dem Wagen liegt und liegt dann drin wie Braut Sara. Muß sie mal so knipsen. Überhaupt bekommst Du nun bald die Bilder, gedulde Dich noch eine ganz kleine Weile. Dafür bekommst Du dann auch ein Album mit. Eben war Frau Berthold da und hat mich wieder eine halbe Stunde abgehalten. Es ist schon ein Kreuz, kleiner Mann. Hast Du nun mein Kuchenpaket erhalten? Habe jetzt immer sehr viel zu tun. Erika ist in Berlin und nun socke ich immer in die Nürnberger, nach dem Rechten sehen, bis Mutti wiederkommt. Lisa kann auch nicht, da Frau Schaffinger im Urlaub ist. Du schreibst, daß ich eine Sonne in die Schlafstube nehmen soll. Das geht nicht gut. Im Winter kann ich doch mit Heidi nicht bei offenem Fenster schlafen. Und damit sie ein größeres luftigeres Schlafzimmer bekommt, wollte ich doch evtl. umräumen und unsere kleine Kammer als provisorisches Wohnzimmer einrichten. Unsere Wohnstube braucht dann für Heidi nur überschlagen sein. Was meinst Du dazu? Sonntag oder Sonnabend kommen nun auch Deine Eltern zurück. Muß morgen
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