Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
nun ist unsere Heidi bald ein halbes Jahr alt. Es wird Zeit, dass ich bald für immer nach Hause komme, sonst verpasse ich doch zuviel.
Und nun habe ich zum Schluss noch eine Bitte. Schaff doch mal meinen Zitherkasten zum Tischler und der soll ihn richtig in Ordnung bringen. Sollte ich nach dem nächsten Urlaub immer noch auf einem solchen miesen Kaff sitzen, da nehme ich die Zither mit.
Meine Stube habe ich jetzt mit Gardinen versehen, das Bildchen hat einen schönen Platz, nun hole ich mir Morgen ein Feldwebelbett, dann noch einen Lampenschirm und dann ist alles in Ordnung bis auf die Tischdecke, und die bekomme ich nicht. Macht sich alles ganz nett, nun fehlt bloss noch der Ofen.
Das Wetter ist saumiserabel, so Windstärke 6-7, heute Nacht hat es unsere Balkontür, die offen, aber festgemacht war, aus den Angeln gerissen. Am wohlsten fühlt man sich da im Bett. Morgen Nachmittag haben wir wieder K.d.F. Heute war Kino ‘Eine Nacht in Venedig’, ich war aber nicht, denn erstens habe ich Nachtdienst und zweitens hab ich den Film schon zweimal gesehen.
Nun für heute recht viele liebe Grüsse und Küsse und drück Heidi wieder für mich ab. Grüsse an alle und einen recht netten Sonntag wünscht Dir
Dein Dichliebender Hans.
Leipzig, den 22. Sept. 1942
Mein lieber alter Strolch!
Heute Abend, als ich von Lisa heimkam, fand ich Deinen lieben Brief vor, auf den ich schon so lange gewartet habe, und für den ich Dir recht herzlich danke. Es freut mich, daß ich Dir mit dem kleinen Päckchen ein bißchen Freude bereitet habe, da hat es doch wenigstens seinen Zweck erfüllt, und über die Plätzchen wollen wir doch lieber gar nicht reden! Warum willst Du denn eigentlich den Film haben, Du hast doch von jedem ein Bild, mehr Abzüge brauchst Du doch nicht, und zum Verschenken sind sie wirklich nicht gut genug. Jetzt bei den nächsten Bildern werden wohl anständigere herauskommen. ‘Heimkehr’ hatte ich auch hier im Kapitol gesehen, war aber gar nicht begeistert davon. Es war da gerade die Zeit, als ich mit Heidi ging, und habe ich da die meiste Zeit weggeguckt. Du, gestern Abend war ich mit Grete im C.T. Festsaal ‘Meister der Unterhaltung’. Kapelle Hans Busch, Maria von Schrader, Dorothee und Ramon und den 3 Rhythmen. Es war wirklich alles in Ordnung und muß man sich so was wirklich öfter ansehen. Wir haben herzlich gelacht, und wenn Du da bist, müssen wir auch mal in solchen Abend gehen. Maria von Schrader ganz groß. Am Sonntag waren wir bei Ullrichs erstem Geburtstag. Über das Auto hat sich Erika sehr gefreut. Von Lisa bekam Ullrich eine Windmühle, die schon nach ein paar Minuten in lauter kleine Teile zerkloppt war, und zum Schluß erzählte Erika von drüben, und kann man da stundenlang sitzen und zuhören.
Am 24.9.42
Heute kam ich nun erst zum Weiterschreiben und wird es nun leider kein Sonntagsbrief. Gestern war ich mit Grete bei Frau Holzmann im Krankenhaus. Sie hatte sich gefreut und winkte zum Schluß, als wir gingen. Es ist bei ihr Herz und Gallegeschichte und wird sich bei ihr wohl eine Operation nötig machen. Anschließend wollte ich mit Lotte M. und Mutter mal ins Kino gehen, wurden dann aber zu Lotte zur Quarktorte und Bohnenkaffee eingeladen, und das war ja auch nicht schlecht. Anschließend gab es noch einen Wermut. Heute war ich mal im Städtchen und wollte einen Blusenstoff kaufen. Leider gibt es nichts. Habe aber für Heidi ein ganz entzückendes Strampelhöschen und einen Anzug mit langen Ärmeln und Rollkragen gekauft. Beim Preis habe ich mich allerdings bald hingesetzt. 14,- M. Allerdings reine Wolle. Nun schenkt es Grete zur Taufe. Gestern brachte sie schon für Heidi zur Taufe eine ganz wunderbare Orchidee. Weiß mit lila und rot. War heute mit ihr beim Rechtsanwalt wegen Gretes Sachen. Am Montag in der Zeit von 3-6 Uhr sollen sie nun geholt werden. Lisa und ich werden mit hingehen. Was sie erhalten, sowie das Geld, das sie noch von Grete haben, wird dann vom Rechtsanwalt rausgeklagt. Die alten Kolbes haben einen Brief an den Rechtsanwalt geschickt, wo drin steht, daß Grete nur hier wohnen würde, damit sie mit anderen Männern losziehen könnte, ferner hatten sie einen Brief mitgeschickt, den Grete einmal vor Jahren von einem Freund bekommen hatte. Die Leute sind doch zu unverschämt, und ist Grete mal wieder fertig, zumal auch keine Post von Toni kommt. Sie vermutet, daß ihre Mutter dem Toni einen Brief geschrieben hat, und das Bild von Fritz mitgeschickt hat,
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