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Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Titel: Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Dabei bekomme ich die Stube nicht warm, denn es ist ausgesprochener Westwind. Heute bereits elf Briketts drin und immer noch kalt. Weißt Du, was sich Heidi jetzt mal geleistet hatte? Oder habe ich Dir das schon geschrieben. Ich hatte sie gebadet und ihr die grünen Höschen von Gretel angezogen und sie dann in die Stube gefahren. Nach 20 Minuten schaue ich wieder nach ihr, da liegt sie im Wagen, hat die Höschen vollkommen ausgezogen und in eine Ecke geschmissen, und war eben im Begriff, sich ihrer Gummihosen zu entledigen. So ein Stromer, was? Eben hat Adolfine für sie gekochte Birnen und Kirschen und Möhren gebracht. Ist doch nett, was? Am Freitag Nachmittag war ich mal in der Nürnberger, wollte mir meine ... holen, da kamen dann Tante Emma und Onkel Hans aus Oschatz, da mußte ich auch noch ein bissel bleiben. Ullrich hatte den Schnupfen, wahrscheinlich hat er mich angesteckt. Onkel Paul hatte auch geschrieben. Eine 20-Zentner Luftmine war dort runtergegangen, hat eine ganze Front umgelegt und den ...block zerstört. Alle Fenster und Türen im Umkreis von einigen hundert Metern waren entzwei, und die Marmelade und Eingemachtes ein Allerlei von Glassplittern und Inhalt. Jetzt warten sie auf den 100. Alarm. Er schrieb, daß es durchaus nicht so wäre wie in der Zeitung stand, daß es nur einzelnen Flugzeugen gelungen sei, ins Stadtinnere einzudringen, sondern zu Hunderten wären sie in der Luft rumgeschwirrt. Hoffentlich nimmt alles bald ein Ende. Gestern war ein böser Tag für uns. Wir hatten erst tüchtig Wäsche gelegt, es war 8 Uhr, Mutter und ich hatten noch kein Abendbrot gegessen, als es unten zweimal läutete. Vater ging runter und brachte Elli mit rauf. Sie sah schlimm aus. War draußen mal wieder weggelaufen so wie sie war, im Scheuerkostüm und ohne Mantel. Natürlich das Übliche, sie hatte nichts gemacht, und da hatte die Schwester zu ihr gesagt, wenn das weiter so ginge, würde sie auch mit weg kommen, da kam sie dann an. Wir haben sie gleich ins Bett verfrachtet, und heute Morgen hat sie Vater raus gebracht. Mutter war natürlich wieder fertig, und hatte ich meine Not, daß sie was gegessen hat gestern Abend. In der Nacht hatte Elli dann drei Anfälle hintereinander. Sie kann einem sehr leid tun, denn im Grund hat sie nichts vom Leben, und manchmal denke ich, ob es nicht besser sei, wenn sie von allem erlöst ist. Ein freudiges Dasein führt sie doch nicht. Es ist eben schlimm, und sie kann doch so gar nichts dafür. Jetzt redet Mutter mit Heidi und das muntert sie ein bissel wieder auf. Nun ist es gleich 12 Uhr, und der Brei muß gemacht werden. Was speist Du heute? Bei mir gibt es Bratkartoffeln und Rumpsteak.
    Dir nun also 1000 liebe Grüße und einen Süßen von
    Deiner kleinen Lenifrau und Deinem Heidikind.
    Gruß von allen. Was macht Dein Bauch?
     
     
     
    O.U., den 16.2.1943
    Meine liebe kleine Lenifrau!
    Jetzt habe ich nun zwei schöne liebe Briefe von Dir vor mir liegen und danke ich Dir recht vielmals dafür. Ich hoffe, dass Du nun meine zwei Karten im Brief mit den 40.- Mark erhalten hast. Auch hast Du mir nicht geschrieben, ob Du die 20.- dem ersteren Brief entnommen hast. Hier haben wir einen unverschämten Dienst und will ich heute mal kurz einen Tagesablauf schildern. ¾ 7 Uhr wecken, für ca. 120 Mann sind ca. 20 Waschbecken da, bis ¼ 8 Uhr muss aber auch schon die Stube und das Revier sauber sein, ½ 8 Uhr, Parole, ¾ 8 Uhr Abmarsch zur Schule, dort Unterricht von 8 - 12 Uhr, dann Rückmarsch, Mittagessen, dazwischen bis ½ 2 Uhr auf den Nachmittagsunterricht vorbereiten, von ¾ 2 Uhr bis ½ 6 Uhr wieder Unterricht, dann meistens warm essen. Von 7 bis ½ 10 Uhr sitzen wir meistens über den Ausarbeitungen, dann Stuben- und Revier reinigen und um 10 Uhr muss man im Bett liegen. Das Lernen fällt mir bei dem Tempo doch nicht mehr so leicht. Ich bin mit einer der ältesten, die meisten sind noch aktiv, schon längere Zeit als LU.-Verwalter und meistens Elektriker von Beruf, so dass es ihnen leichter fällt als mir. Ausserdem ist der Lehrgang so aufgebaut, dass er gleichzeitig als Vorlehrgang zu dem Funkmeisterlehrgang dient. Und mit der Funktechnik stehe ich ja sowieso auf schlechtem Fuss. Naja, so wie es wird, ist es schon gut, die Hauptsache ist, dass auf der Rückfahrt nochmals zwei Tage für uns abfallen. Jedenfalls hoffe ich, dass das nun der letzte Lehrgang ist, auf den man mich schickt, denn ohne mich nun gerade uralt zu fühlen, merkt man doch, dass die Aufnahmefähigkeit

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