Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Von wem sie das Rumwürgen bloß hat und das Spucken? Wegen mir brauchst Du Dir keine Sorgen zu machen, mir geht es schon wieder ganz gut, nur bin ich immer furchtbar müde. Könnte jeden Tag eine Tasse Bohne trinken, daß ich munter werde. Jetzt schreibt mir Grete auch, daß sie gern Kaffee haben möchte, nur habe ich leider keinen mehr da. Nicht mal für mich mehr welchen. Hoffentlich bekomme ich noch mal welchen. Im Radio ist heute wunderbare Musik. Walzer von Johann und Joseph Strauß. Grete wird nun keine Schwester, das Arbeitsamt hat ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht. Sie soll warten, bis sie angefordert wird. Ihr Otto ist nun auch schuldlos geschieden. Verzweifelt ist sie, daß es noch nicht geklappt hat. Mach Du Ihr doch mal Mut, Du verstehst das doch so gut, oder bist Du da zu schüchtern? Recht ist es, daß Du das Gebäck angemahnt hast, hoffentlich hilft es was. Grete freute sich schon, daß ich bald runter käme, und sie bei dieser Gelegenheit mit besuche. Es ist doch großer Blödsinn, daß man Euch noch so drillt, die Zeit ist doch wirklich zu kostbar dazu. Hoffentlich klappt es, daß Du einen Monat früher zurück beordert wirst. Oder hat sich das zerschlagen? Das wäre doch dann schon der 1.4. Hoffentlich klappt es da mit den zwei Tagen. Aber was heißt hoffentlich, es muß klappen. Gestern Nachmittag bin ich mit Heidi wieder bei schönstem Frühlingswetter in der Gegend rumgegondelt, und sie hat gerankert und gebabelt dabei, daß es eine Lust war. Wenn es morgen halbwegs ist, fahre ich den ganzen Tag in den Garten, denn die Erdbeeren müssen in Ordnung gebracht werden. Morgen zum Donnerstag gibt es ja im Hause nicht viel zu tun, und Heidi behält Mutter. Sie freut sich ja immer, wenn sie Heidi mal allein für sich hat. Elli war heute ganz vernünftig, und tat ihr das Benehmen vom Sonntag leid. Trotzdem hat es Mutter doch schwer getroffen. Ich hätte ihr jedenfalls paar ordentliche runter gehauen. Am Sonntag kommt sie nun mal wieder nach Hause.
Für heute will ich aufhören, es ist jetzt gleich 10 Uhr, Du wirst wohl nun bald in Dein Bettchen steigen und recht gut schlafen. Vielleicht träumst Du von Deiner Heidi, und Heidi von ihrem Vati. Hast Du Dich mal wegen eines Sportwagens erkundigt? Ich würde dann umgehend Geld schicken.
Nun nimm mir durch die viele Lernerei nicht zu sehr ab kleiner Stromer, bleib gesund und behalt lieb
Deine Lenifrau und Dein Heidikind,
die Dir viele Grüße schicken und einen Kuß.
Eben kommt zum Abschluß der Kaiserwalzer.
Wittingau, den 25.2. 1943
Meine liebe kleine Lenifrau!
Recht vielen Dank für Deinen lieben Brief, auf den ich zwar mit Schmerzen gewartet habe, bin Dir aber wegen der Verzögerung nicht böse, denn ich weiss ja, dass Du auch nicht so über Deine Zeit verfügst, wie Du willst. Dass ich hier nicht mehr so wühle, hab ich Dir ja geschrieben, denn das ist der Kram hier mir nicht wert. Wegen der 20.- Mark hast Du mir nicht geschrieben, aber das ist ja nun erledigt. Über den Dienst hier kann man sich wirklich nicht beschweren, der Tag ist von früh bis abends schön ausgefüllt. Gestern z.B. hatten wir bis 6 Uhr Dienst, dann war warm essen, und von ½ 8 Uhr bis ½ 12 Uhr habe ich geschrieben, dass die Funken sprühten. Das würde mich noch nicht stören, wenn man uns nicht Sonnabend zwei Stunden ‘Fussdienst mit Druck’ verabreicht, das hat mir gerade gefehlt, aber am kommenden Sonnabend gehe ich wegen den Zähnen und Magen zum Arzt. Du hast mich mit ‘alt’ falsch verstanden, ich meine damit, dass man sich mit 36 Jahren mehr anstrengen muss, hier den trockenen Paragraphenmist auswendig zu lernen als mit 20 Jahren. Stell Dir mal vor, Du musst zusammenhanglos 2 x 50 Zahlen in der Spanne von 5 bis 100 aus dem Kopf lernen, da würdest Du Dich vielleicht auch anstrengen müssen. Und letzten Endes ist es jetzt ganz gut, wenn man schon älter ist. Ich bin übrigens hier mit einer der ältesten, ohne dass Du einen alten Mann hast. Recht hast Du aber, es geht alles vorbei und mit viel Stur Heil auch der Lehrgang hier. Nun muss ich Dich wegen Bademütze, Schuhcreme und Sportwagen enttäuschen. Es mag ja sein, dass es im Prorektorat noch Sportwagen gibt, aber hier in Wittingau ist nichts zu haben, dazu ist der Ort viel zu klein. Außerdem dürfen wir nur 30.- M Geld haben, alles andere ist bei der Kompanie zu hinterlegen oder zurückzuschicken. Ich weiß tatsächlich nicht, wie ich es machen könnte, denn ich würde Dir ja so gern
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