Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
man nicht alles für die Familie. Aber dafür werden wir auch eine feine Bowle brauen. Ja, die Luftangriffe im Westen sind jetzt furchtbar. Es scheint so, als ob sie das Rheinland systematisch kaputt machen wollen. Was müssen die armen Menschen alles aushalten. Von Kiel haben wir noch keine Nachricht wieder bekommen. Du, kannst Du Dich noch an die letzten Pfingsten erinnern, an denen wir mit dem Rad in der Dahlener Heide waren? Es waren doch schöne Tage, ja? Hast Du denn nun noch immer nichts gehört, wie es mit dem Urlaub wird, oder hast Du noch keinen zweiten Mann bekommen? Du, die letzte Butter ist noch ganz schön fest angekommen. Das ,Unsterbliche Herz, haben wir doch damals zusammen gesehen, und glaube ich, daß ich dabei ganz schön geschluchzt habe. Du brauchst nicht zu befürchten, daß ich den Mut ernstlich sinken lasse. Es hat jeder Tage, an denen er niedergedrückter ist als an anderen. Aber vollkommen hoffnungs- oder mutlos bin ich noch nie gewesen. Da ist schon der Selbsterhaltungstrieb, der uns immer wieder sagt ,Es muß besser werden,. Sonst könnte man sich ja gleich hängen. Und wir beide haben doch noch so viel nachzuholen. Deine Ansichten über Elli kann ich voll und ganz verstehen, es ist schlimm und bedauerlich für alle, und kann ich verstehen, daß eine Mutter sich an so einem Kind krank sorgt. Und ist Deine Ansicht nicht roh, sondern nur menschlich gedacht. Trotzdem tut mir Elli in der Seele leid, und können wir Gott danken, daß wir ein gesundes und kräftiges Kind haben.
An Geld mußt Du insgesamt 950,15 M haben. Was Du nicht in Geld dort hast, mußt Du in Waren haben, evtl. die unterwegs sind. Der Stoff für 107 M, ist das der, den Du jetzt mitgeschickt hast oder hast Du den noch dort? Und damit kleiner Mann wäre ich mal wieder am Ende meines Briefes angelangt. Am Donnerstag will ich Erika mal schreiben. Ich gehe jetzt schlafen denn bin sooo müde, daß ich ein paar Streichhölzchen gebrauchen könnte. Gehst Du mit? Ich möchte mich so gern mal wieder in Deinen Arm einrollen. Ob das noch lange dauert?
Nun wünsche ich Dir nochmals einen recht recht schönen angenehmen Tag mit vielen schönen Stunden und bin mit tausend lieben Grüßen und einem feinen Kuß
Deine Leni.
Von Heidi für ihren Papa einen ganz dicken Geburtstagskuß.
Leipzig, den 27.6.1943
Mein lieber alter Strolch!
Als Abschluß Deines Geburtstages will ich mich noch mit Dir ein bissel unterhalten. Ich hoffe doch, daß Du den Tag ein klein wenig festlich begangen hast, und Dich nicht noch an dem Tag auf der Bahn rumgedrückt hast. In dem Fall hättest Du ja auch unsere Geburtstagsbriefe nicht rechtzeitig bekommen, und das würde mir wirklich sehr leid tun. Für Mutter und mich habe ich heute zur Feier des Tages meine letzten Bohnen geröstet. Es gab für jeden genau noch eine Tasse, dann hat Dir Heidi zum Geburtstag gratuliert und Dir einen feinen Kuß gegeben und Dir gewünscht, daß Du recht bald auf Urlaub fahren kannst, denn wir warten doch so mit Schmerzen darauf. Zu Mittag haben wir dann auf Dein Wohl ein Glas Bier getrunken und in Gedanken mit Dir angestoßen. Heidi hatte ich sehr zeitig zu Bett gelegt, und um ¾ 2 Uhr bin ich mit ihr und Mutter in den Garten gestartet. Die Straßenbahnen waren zwar wahnsinnig voll, aber wir haben es doch noch geschafft und waren nach 3 Uhr draußen. Dort habe ich mein ... Erdbeeren gepflückt, diesmal drei Körbe. Dabei mußte ich mich tüchtig tummeln, daß wir um 6 Uhr draußen wieder fort sind. Heidi hat sich sehr wohl gefühlt. Mit ihrem blauen Höschen und sonst nichts bekleidet hat sie tüchtig im Sand gespielt und mit Mutter ... gemacht. Rein zu war die 25 so voll, daß wir nicht mit kamen und bis zur 15 gelaufen sind. Am Johannisplatz habe ich dann Heidi auf den Arm genommen und bin mit der 5 gefahren. Der Wagen kam nicht mit und ist Mutter mit ihm eine Bahn später gefahren. Das ganze hat sich um eine Stunde verzögert und ist Heidi erst um ½ 9 Uhr zu Bett. War aber bis zuletzt munter und vergnügt. Du, gestern hat sie das erste Mal ganz allein die ganze Küche durchlaufen. Sie ging mit einmal ganz plötzlich los, und wenn Du dann kommst, wird sie wohl schon ganz schön rumstiefeln. Nun danke ich Dir aber erst mal für Deinen lieben Brief, der am Freitag früh mit Deiner Karte aus Hagen eintraf. Dein Kurzbrief kam erst am Nachmittag. Auch von Grete kam ein schöner langer Brief. Zum Lesen bin ich aber nicht gekommen, Du weißt ja, wie es freitags so ist,
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