Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Federwurm entwickelt habe? Aber wie ich Dir schon geschrieben habe, auch du und Mutter verdienen ein Lob und bin ich mit meinem Posteingang jetzt sehr zufrieden. Übrigens habe ich gestern auch eine Karte von Gretel aus dem Teplitzer Krankenhaus erhalten.
Da hast Du ja jetzt mal wieder Deine Sorgen, damit Heidi schläft, der kleine Strolch legt wahrscheinlich grossen Wert darauf, in den Schlaf gesungen zu werden, ich würde es auch so machen. Die Schaukelei hat sie aber ganz bestimmt geerbt, wenn ich dran denke, dass ich die Wahl zwischen Schaukel und Essen hätte, dann nur das letztere. Ueberhaupt hebt sich schon mein Magen, während ich hier auf dem Stuhl sitze und ans Schaukeln nur denke. Nächste Woche schicke ich wieder ein Brot direkt nach Hause, es wäre schade, wenn der Keks nicht ankommen würde, abgesehen, dass er für 5.– Mark war, er schmeckte wirklich ausgezeichnet. Aber man kann ihn wohl nun auf das Verlustkonto buchen; wir haben doch im Laufe der Zeit allerhand eingebüsst. Der Abschied von Mühlhausen wird Euch wohl nicht so schwer fallen, wenn Ihr daran denkt, dass bei Eurer Ankunft in Leipzig der Bohnenkaffee winkt. Seid nur recht sparsam damit, momentan ist hier überhaupt kein Angebot mehr. Meine Fahrt nach Soesterberg verschiebe ich so lange, bis Euer Geld eingetroffen ist, da ich auf dem Rückweg den Abstecher nach Zwolle machen will. Allerdings muss ich spätestens am 6. oder 7.10. fahren, aber bis dahin hast Du mir auch den größten Teil geschickt, Du mußt Dich eben gleich bei Eurer Ankunft an die Kaffeeverteilung machen und bekommst Du dann auch gleich sicherlich das Geld von Ilse.
Nun bin ich aber auf meinen nächsten Urlaub gespannt, wie sich da Heidi aufführen wird, ich glaube kaum, dass sie sich da noch an mich erinnert, aber da sie nicht scheu ist vor Fremden, wird sie sich auch bald wieder an mich gewöhnen.
Vorläufig ist an eine Wiedereinführung des 10-Uhr Busses am Abend nicht zu denken, aber einmal in der Woche komme ich schon auf irgendeine Art nach Arnheim und damit zu meinem wöchentlichen Kinobesuch. Hier wird es jetzt schon unverschämt kalt und sowie Du wieder zu Hause bist, musst Du mir eine lange Unterhose, zwei Unterhemden und die Leibbinde schicken, Marken hierzu anbei.
Natürlich kann ich mich gut an Eguck erinnern, war doch ein zu ulkiges Tier. Du, ich glaube, wir kommen wegen unserer nächsten Urlaubsreise doch ins Streiten, nachdem Du jetzt für die See und ich für die Berge bin, aber das Thema wird ja dann richtig spruchreif, wenn es soweit ist. Da ist Heidi also jetzt unter die Selbstversorger gegangen, hoffentlich kann sie sich von ihren Beerenfunden auch ernähren. Dass sie Vorliebe für Giftpilze entwickelt, ist nicht zu verwundern, da dieselben durch ihre Farbenpracht am meisten auffallen.
Heute war ich wieder mal in Appeldoorn und denk Dir, nach schwerem Kampf konnte ich für Dich und Heidi ein Weihnachtsgeschenk erwerben. Zwar etwas zeitig, aber ich war froh, als ich es hatte und heb es nun auf. Als ich hier wieder zurück war, kamen die für Euch bestellten 30 Pfund Äpfel und will ich sie dann gleich verpacken. Das Kilo kostet M 1.–, also M 15.–, ausserdem habe ich nochmals zweimal Anchovispaste besorgt. Diese Woche geht nun das Gestell fürs Rad ab, ferner ein Paket mit Seife, Brillantine, Schreibpapier, Umschläge, zwei Bücher von mir, Gummikabel, Gasschlauch und eine Handwaage und dann die zwei Äpfelpakete. Was alles an Porto kostet, schreibe ich Dir noch. Nun will ich die Äpfel abreissen und schön verpacken, das wird wohl eine Stunde in Anspruch nehmen und dann geht es ins Bett. Wenn Du mir die Wäsche schickst, so schicke mir den Brockhaus mit und dann frag mal Frau Leonhard, ob denn das Paket in Den Haag angekommen ist.
Und nun recht viel liebe Grüsse und Küsse Dir und dem kleinen Strolch
Von Deinem Hans und Papa.
Und recht viele Grüsse an die Eltern.
E.O., den 25.9. 43
Meine liebe kleine Lenifrau!
Ich danke Dir recht vielmals für Deinen lieben Brief und Karte, letztere traf am Donnerstag und der Brief gestern hier ein und hast Du mich in der letzten Zeit außerordentlich verwöhnt. Wenn Du wieder zu Hause bist, wirst Du dann wahrscheinlich durch Hausarbeiten, Einholen usw. nicht mehr so viel freie Zeit finden, aber ich hoffe wenigstens, dass Du Dich in Mühlhausen etwas erholt hast und gestärkt den Alltag in Leipzig beginnst. Du hast mir schon lange nicht mehr geschrieben, wie es Dir geht und wie Du Dich
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