Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
was beichten: Mein Kaffee ist alle. Was sagst Du zu der verschwenderischen Frau? Ich habe auch ein ganz schlechtes Gewissen. Hast Du denn nun eigentlich alle Briefe bekommen, denn bei mir ist keine Pause eingetreten, habe regelmäßig geschrieben. Jetzt wird Heidi gleich munter werden und deshalb will ich für heute schließen. Du, wenn wir jetzt Milch holen gehen und ich frage Heidi: “Wo gehst Du denn hin?”, dann sagt sie: “Schulzen.” Hat ihr niemand so gelernt und klingt zu drollig.
Nun bleib gesund und behalt uns lieb und nimm viele liebe Grüße und einen
Süßen
von Deiner Leni und Heidi.
O.U., den 21.11. 43
Meine liebe kleine Lenifrau!
So, kleine Frau, jetzt habe ich anlässlich des Sonntags ausgiebig und mit Genuss Kaffee getrunken, dazu Butterbrot mit Marmelade, und nun nehme ich mir die Zeit, Dir wieder mal einen vernünftigen Brief zu schreiben. Am Freitag traf Dein Brief vom 14. und heute der vom 17. mit den Bildern ein, recht vielen Dank dafür, ich hab mich mächtig darüber gefreut und sind die Bilder wirklich prima geworden.
Nun scheine ich wieder alle Post von Dir zu haben, man kommt richtig durcheinander, wenn mal ein Brief später kommt, aber man muss sich eben damit abfinden und froh sein, dass sie nicht verloren gegangen sind. Bei dem Mehl wird es sich wohl um reines Roggenmehl handeln, das wir für eingespartes Brot bekommen haben. Schreib mir doch mal, ob ich Euch nochmals ein oder zwei Brote schicken soll, ich will es gerne tun. Mit den Kartoffeln scheint es wirklich mies auszusehen, auch uns hat man die Ration von wöchentlich 16 Pfund auf 10 Pfund gekürzt, aber wir spüren es nicht, wenigstens bis jetzt nicht. Mutters Brief habe ich bekommen und auch schon beantwortet; ich glaube, dass es bei Elli die Krise ist. Denn ein Körper, der jahrzehntelang durch Tabletten vergiftet wurde, muss einmal sich dagegen wehren. Dass es natürlich so furchtbar sich auswirkt, ist schrecklich und kann man sich Mutters Sorgen vorstellen. Auf der anderen Seite ist Elli ja nicht so abgestumpft, so dass sie ihren jetzigen Zustand wohl fühlt und die Angst, niemand von zu Hause in der Nähe zu wissen, ist doch furchtbar. Man kann nur wünschen, dass sich ihr Zustand so oder so entscheidet, sonst ist es für Mutter untragbar, helfen können wir ihr doch nicht, man fragt sich nur, warum sich Elli so quälen muss und doch so gut wie gar nichts von ihrem Leben gehabt hat. Bitte sei nicht böse, wenn ich dies alles Dir schreibe, aber sie ist ja meine einzige Schwester und hänge ich doch auch an ihr und ich habe ja immer versuchen müssen, Mutter zu trösten, ob ich das immer richtig gemacht habe, das kann ich auch nicht wissen.
Dafür hast Du ja nun eine große Freude gehabt in dem überraschenden Besuch von Gretel. Den Brief von Gretel hab ich bekommen, aber beantworten kann ich ihn erst nächste Woche. Wenn Du ihr inzwischen schreibst, kannst Du ihr sagen, dass ich mich wirklich sehr über ihre Zeilen gefreut habe und sie bis zu meiner Beantwortung grüße. Es ist recht, dass Ihr zusammen ins Kino gegangen seid, aber einen besseren Film hättet Ihr Euch ansehen sollen. Na, Gretel will ja nun nach Weihnachten wiederkommen, da könnt Ihr ja dann öfters gehen. Ist sie denn immer noch so pessimistisch, aber bei ihrer Krankheit kann man es ja bald nicht anders verlangen. Was war denn da mit dem Wasser beim Alarm los, soll das immer so sein, oder war da irgendwas nicht in Ordnung? Heute früh bin ich mit dem Rad nach Arnheim zum Lehrgang gefahren, da lag der erste Raureif, durch den Wald war es ein herrliches Bild, und heute Nachmittag hatten wir eine halbe Stunde den ersten Schnee. Seit einer Woche ist es nun schon ganz schön frisch bis zu 3° Kälte, es geht eben rapide dem Fest und damit dem Urlaub zu und Da wirst Du nun auch bald mit Heidi auf dem Schlitten losziehen können. Halte nur den Daumen, dass es dann mit Kaffee, Butter und Käse klappt, sonst komme ich mit ganz leeren Händen, und wenn ich dann oben klingle, macht Ihr mir vielleicht nur das Fenster auf und sagt: Leute, die nichts mitbringen, können wir nicht reinlassen. Ueber die Kaffeepreise bin ich gar nicht informiert, in Arnheim gibt es gar nichts mehr momentan zu kaufen. Ich will nun sehen, dass ich noch paar Bonbons für Heidi erwische, damit sie nicht immer für umsonst vor der Bar steht. An dem Lehrgang ist wirklich alles dran und müsste man abends noch in Ruhe paar Stunden alles überarbeiten können, aber da habe ich
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