Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Gedanken natürlich. Ja, ich bin die ganze Zeit mit meinen Gedanken bei Dir. Heute abend hast Du nun in Deiner neuen Behausung Abendbrot gegessen, und jetzt, es ist 10 Uhr, wirst Du entweder schlafen oder lesen oder Skat spielen. Und wenn Du morgen in den Dienst gehst, wird Deine kleine Lenimaus noch schön und fest schlafen. Bist Du denn gestern wieder gut zurückgekommen und hast Du Dich recht einsam gefühlt? Aber nicht wahr, nicht traurig sein, und wenn es einmal schlimm wird, dann gleich hinsetzen und alles Deiner kleinen Lenimaus schreiben, das erleichtert bestimmt. Hast Du denn nun Deine Markengeschichten in Ordnung? Schreibe mir doch darüber, ja? Nun wünsche ich Dir einen recht schönen Sonntag mit viel Schlaf am Vormittag und viel Sonne und Kuchen am Nachmittag. Sollte der Brief erst am Montag kommen, dann wünsche ich, daß es so war.
Und nun bleib mir gesund und frisch und nimm 1000 liebe Grüße und ‘Süße’ von Deiner kleinen
Lenimaus, die ihren kleinen Mann ganz schrecklich lieb hat.
Von Mutter und Vater auch viele herzliche Grüße auch von der Nürnberger und von Lisa. Sie hat schon Zigaretten für Dich gesammelt. Habe mir heute von ihr zwei Pfund Brot gefochten. Mutter hat mir einen Brief nach der Straße der S.A. geschickt, und Dir auch etliche Post, die wir nicht erhalten haben. Was ist das bloß für eine Wirtschaft.
Schweinerei! Schweinerei! Hoffentlich kommt dieser Brief an. Heute haben wir die neuen Marken bekommen. Ist eine Kartoffelkarte dabei mit lauter kleinen Abschnitten. Mal sehen, wieviel es auf einen Abschnitt gibt..
Köslin, den 12.9. 41
Mein lieber kleiner Strolch!
Damit Du am Sonntag ein paar Zeilen von mir erhältst, will ich hier im Fluko gleich schreiben. Ich hoffe, dass Du eine gute Reise gehabt hast und, wie ausgerechnet, ½ 9 Uhr in Leipzig eingetroffen bist. Hast Du einen Sitzplatz gehabt und hast Du unterwegs was gegessen? Na, darüber wirst Du mir wohl schreiben. Ich habe nach dem Abschied Zigaretten besorgt, mit Erfolg, und habe dann bis ¼ 1 Uhr meine Sachen in Ordnung gebracht. Dann war ich Mittagessen, aber das erste Mal wieder allein, da hat es gar nicht so gut geschmeckt. Darauf habe ich meine Sachen umgeräumt und dann bis um 5 Uhr geschlafen. Von 5-7 Uhr war ich auf dem Tennisplatz, das Wetter war zwar windig, aber trocken. Von 7-8 Uhr habe ich einen Kameraden im Fluko vertreten und nach dem Abendbrot bin ich dann ½ 10 Uhr ins Bett. Das würde wohl gerade die Zeit gewesen sein, wo Du in der Steubenstrasse angekommen bist. Heute früh bekam ich aus Leba wieder die Lebensmittelkarten. Es fehlte diesmal die Brot- und Eierkarte, und mit den übrigen war auch nicht alles in Ordnung. Ich habe den ganzen Schwung aufs Ernährungsamt geschafft zur Prüfung. Der Abteilungsleiter gab die Karten erst zur Prüfung einem Fräulein, aber plötzlich kam er wieder und sagte, er wolle mir Reisemarken geben, denn ich würde ja nie zu meinem Recht kommen und erledigte nun alles selbst. So, kleiner Hase, nun schicke ich Dir einige Marken, damit Du wenigstens was zu essen holen kannst. – Dann bin ich mit Rank zur Kompanie raus, um Geld zu holen, aber der Rechnungsführer war nicht da. Darauf sind wir wieder zurück und haben uns auf die Zimmersuche gemacht, denn wir wollen umziehen, aber bis jetzt haben wir noch nichts gefunden.
...Ja, kleiner Strolch! Nun liegen wieder 500 Kilometer zwischen uns und nun warte ich auf Urlaub, denn hier werde ich doch nicht warm. Aber ich habe mir vorgenommen, wenn das Wetter besser wird, viel spazieren zu gehen, aber momentan regnet es seit heute früh.
Auf der Kompanie hörte ich, dass wir wohl mit einer Ueberwinterung in Köslin rechnen können. Denn ab nächster Woche kommt auch die Kammer nach hier, da werde ich soviel wie möglich Wäsche und Uniform tauschen. Es wird auch versucht, dass wir bis Weihnachten schon vorher einmal auf Urlaub fahren können. Also halte mal den Daumen. Es ist hier schlecht zu schreiben, denn aller paar Minuten kommt eine Meldung und ausserdem viel Radau, sodass ich Dir das nächste Mal mehr schreibe.
Für heute recht viele Grüsse und Küsse
von Deinem einsamen Hans.
Nimm das nicht zu tragisch, ich bessere mich noch. Schreib, dass Du die Karten erhalten hast.
Leipzig, den 15.9. 41
Mein lieber alter Strolch!
Für Deinen lieben Sonntagsbrief vielen tausend Dank. Meinen wirst Du ja nun erst am Montag bekommen haben, aber dafür war er auch länger (das soll kein Vorwurf sein).
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