Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Tisch, und Du hast mich mit Deinem Brief gleich begrüßt. Mir ging es wie Dir, kleiner Mann, auch für mich war der 29.7. der schwerste Abschied. Aber ich bitte Dich, sorge Dich nicht und suche viel Abwechslung, denn ich kenne das sehr gut, es ist ein Gefühl, als ob es einem die Brust zersprengen wollte, aber wir werden beide stark sein und es überwinden, denn es müssen doch auch mal wieder andere Zeiten kommen. Was würdest Du zum Beispiel sagen, wenn ich jetzt plötzlich in Stolpe angereist käme? Ich hätte ganz große Lust dazu, die letzte Woche dorthin zu kommen. Wäre dies nicht möglich? Wir beide zusammen an der See, kannst Du Dir das vorstellen? Heute morgen im Strandkorb kamen Möwen geflogen, da wünschte ich, ich wäre so ein Vogel und könnte zu meinem kleinen Mann fliegen. Nun warte ich nur noch, bis Du mir Deine Anschrift geschickt hast, damit der Brief weggehen kann. Es war mir ein so großes Bedürfnis zu schreiben, und nun ist es mir wieder ein bissel besser.
Bleib gesund an Leib und Seele, iß tüchtig und behalt recht lieb
Deinen kleinen Strolch
der Dich schrecklich lieb hat und Dir tausend Grüße und Küsse schickt.
(Postkarte)23.8.41
Mein lieber Hans!
Soeben Deinen lieben langen Brief erhalten. Tausend Dank, beantworte ihn später. Heute morgen ist ein Brief für Dich abgegangen nach Noffker Hotel, also bitte dort abholen. Jetzt geht es an den Strand und früh um 9 Uhr kreuzen sich unsere Gedanken auf der Ostsee. Heute schießt es mal wieder ununterbrochen, lauter schwere Flak. Tausend Grüße und Süße
Dein Strolch.
Koserow, den ? 8. 41
Mein lieber Hans!
Nun sollst Du doch nun endlich Deinen Sonntagsbrief haben, sonst denkst Du womöglich, ich betrüge Dich darum. Hast Du meinen Brief mit Inhalt bekommen? Ich glaube doch daß Du das jetzt gut wirst gebrauchen können. Hast Du nun ein Zimmerchen in privat bekommen? Und habt Ihr denn dort auch viel Dienst? Oder habt Ihr noch genügend Freizeit für Euch?
Lisa ist nun am Dienstag hier gelandet, und bin ich nun nicht mehr so allein hier.
Leni Helm und Lisa Kunad in Koserow August 1941
Mittlerweile hat man sich ja auch eingenistet hier. Jetzt sind wir am Strand und sitzen im Körbchen und ich denke und schreibe an meinen kleinen Mann. Das heißt, das Schreiben stelle ich ab und zu mal ein, denn Du kennst ja meinen ... jeden Sonnenstrahl ausnutzen. So übermäßig schlimm ist es hier mit dem Sonnenschein nicht bestellt. Immer sind viele Wolken am Himmel, und am Sonntag und gestern am Donnerstag hat es ununterbrochen geregnet, so daß man gar nicht raus konnte. Wie ist denn das Wetter bei Euch? Habe uns auch eine schöne Strandburg gebaut. Wie ein Maulwurf habe ich gebuddelt, denn Lisa ist da zu faul dazu. – Und dann habe ich sie getauft. Schweren Herzens bin ich von ‘Bunker Hans’ abgekommen und habe sie schlicht und einfach ‘Erika’ getauft. Es war ein Prachtstück von Burg, denn ich hatte sie sogar mit einer Pritsche bearbeitet. Heute früh haben wir uns mit ‘Erika’ knipsen lassen und nun überlasse ich sie ihrem Schicksal. Sag mal, gab es denn damals, als wir hier waren, auch so sehr viel kleine Fliegen? Ich habe jetzt bald jeden Tag an die hundert an mir totgeschlagen, vielleicht hängt es aber auch mit dem Wetter zusammen. – Mit der Verpflegung machen wir es so wie wir es uns vorgenommen haben, früh geht Lisa Brötchen holen, während ich die Betten mache und aufräume. So, nun ist es glücklich wieder früh geworden. Mittagbrot gehen wir essen bei einem hiesigen Mittagstisch. Ist gut und reichlich, aber ziemlich teuer, und fast immer 100 Gramm Fleisch. Bis auf die fleischlosen Tage natürlich. Abendbrot halten wir uns auch selbst, nur einmal waren wir abends essen und heute wollen wir wieder gehen, das heißt, wenn wir was bekommen. Was ich am schwersten vermisse ist, daß es hier keinen Kuchen gibt. Der ist verboten zu backen. Also sei froh, daß Du nicht in diese Gegend gekommen bist. Ja, und aus unserem schönen alten Tennisplatz haben sie einen Kartoffelacker gemacht. Nur die Pfosten stehen in der Mitte und der Drahtzaun ist noch außen herum dran.
Was sagst Du nun zu meinem Vorschlag, daß ich Dich besuchen will. Würdest Du Dich freuen? Ich habe mich hier schon genau erkundigt. Ich müßte früh gegen ½ 10 Uhr hier wegfahren und bin abends gegen ¾ 12 Uhr in Leba. Preis ungefähr 18 Mark. Ich würde es tun, und Du?
Heute bekam ich einen Brief von Mutter mit meinen
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