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Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Titel: Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Nachmittag erst abgegangen ist und Du nicht zwei zu gleicher Zeit bekommst, teilen wir es auf, und ist er Donnerstag früh in Deinen Händen.
    Nun leb wohl für heute. Ich wünsche Dir eine Gute Nacht und recht herzlichen Gruß und Kuß von Deiner Mutter, desgleichen von Papa, Lisa und Erika und der Katze Zunz
     
     
     
    Leipzig, den 19. Januar 35
    Mein liebes Kind!
    Heute sollst Du nun Deinen versprochenen Sonntagsbrief haben. Vor allem danke ich Dir für Deinen lieben Brief und Dein Vertrauen. Ich werde Dir nie wieder einen Brief ankündigen. Es läßt sich denken, daß man da bitter enttäuscht ist. Inzwischen hast Du aber Erikas und Lisas Brief erhalten und hast Dich schließlich auch noch darüber gefreut. Bleibt also noch Kätchens Brief oder ist der inzwischen auch eingetrudelt. Erika kam immer sehr abgespannt nach Hause, Lisa hat in der Markthalle geschrieben und ich habe ihn, da sie es vergessen hatte, schnell in den Kasten gesteckt. Sie haben auch von selbst geschrieben, ohne daß ich sie erinnert hätte, also sei ihnen nicht mehr böse. Heute ist nun auch Erikas Mantel fertig und ist sie gleich mit Lisa ins Städtchen gegangen. Kommende Woche schicke ich Dir noch Deine Schürzen und Verschiedenes mehr. Will sehen, ob ich am Montag rollen kann. Gestern habe ich nun den ‘Feierabend’ abbestellt. Vielleicht kann ich Dir trotzdem die Geschichte aufheben. Versprechen will ich es jedenfalls nicht. Hast Du denn nun die Tassen in Schandau gekauft und was kosten sie? Meines Erachtens nach dürfen sie das nicht ersetzt verlangen. Aber sieh Dich nur recht vor. Die Frau Doktor sagte doch übrigens damals, Du brauchtest nicht aufwaschen. Wenn Du Fräulein Dr. Goldacker einen Brief schreibst, so schreibe ihr nur alles mit. Mit der kannst Du schon reden. Hast Du denn eigentlich an Frl. Sonntag schon einmal geschrieben? Nun zu Deinem Brief, liebe Leni, muß ich Dir erneut sagen, werde hart, sonst ist man dem Lebenskampfe nicht gewachsen und bleibt unten liegen. Denn Du willst doch im Leben einmal vorwärts schreiten und wenn einen das Leben einmal etwas hart anfaßt, dann ist man der Sache auch gewachsen. Wenn Du weich bleiben willst (könntest), so wie Du es bisher warst, wirst Du im Leben nie eine leitende Stellung einnehmen können oder willst Du das auch gar nicht? Ich bin ja nun auch keine Kampfnatur, das ist ja richtig, und habe alles, wie es eben kam, als Schicksal hingenommen. Vielleicht soll es bei Dir auch so sein. Man kann überall nur lernen, auch in Eurem Heim und wenn es auch nur für kurze Zeit ist. Die Ansicht Eurer Leiterin betreffs Eurer früheren Praktikantin teile ich eigentlich nicht und ich würde ihr, wenn Ihr wieder einmal zusammen spazieren geht, das Verhältnis zwischen
Fräulein Sonntag, Eurem Hausmädchen und dem übrigen Personal in der Küche ... erzählen. Mit welcher Lust die trotzdem gearbeitet haben. Oder habt Ihr Aussicht, daß wieder eine Praktikantin hinkommt? Wenn wenigstens ein älteres Hausmädchen da wäre, mit dieser ließe es sich auch besser arbeiten. Laß Dich nur nicht irre machen. Eure Leiterin nimmt doch auch eine Sonderstellung ein, rechne Dich nur nicht zum Gesinde oder erzieht das Gesinde, wie Ihr es nennt, zu gleichwertigen Volksgenossen. Alle müssen eins sein, dann arbeitet es sich auch gut. Viel Geld wirst Du ja nun nicht mehr haben. Leider kann ich Dir auch gar nichts schicken, da es bei uns selbst sehr zappenduster aussieht. Erika ist auch schon lange fertig damit und der Januar ein verflixter langer Monat, der Februar ist dann schon besser. Vielleicht bringen Dir die Scherben doch Glück! Wollen erst einmal abwarten.
    Wann hast Du eigentlich nach Dösen geschrieben? Ich muß wohl annehmen, erst jetzt. Warum hast Du nicht im November oder Dezember geschrieben, als ich Dir das sagte? Da seid Ihr aber immer zu saumselig. Ich habe Dir auch gesagt, Du brauchst die Stelle in Ostrau nicht anzunehmen, es wird auch weiter Rat. Es hat Dich niemand gezwungen, liebes Kind. Man darf Euch allen nichts sagen, man sagt immer zu viel, daß man dabei immer das beste im Auge für Euch hat, das scheint Ihr gar nicht zu begreifen. Ich hatte als junges Mädchen auch einmal eine selbständige Stellung angenommen, habe sie aber beizeiten, da mir davor graute, abgesagt, meine Mutter hatte sich gar nicht dazu geäußert. Gerade so wäre es mir ergangen mit Dir, im Gegenteil, ich habe Dir gesagt, schreibe beizeiten ab. Nun müssen wir erst einmal abwarten und die Prüfung herankommen

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