Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Leni!
Hoffentlich bist Du nicht zu sehr erstaunt, von mir einige Zeilen zu erhalten und hoffe ich, dass Dich dieselben bei guter Gesundheit antreffen. Lange habe ich es mir überlegt auf Grund Deines Briefes, ob ich Dir schreiben und antworten soll, aber leider kann ich Dich nicht vergessen und möchte ich Dich nochmals fragen, ob Dein Beschluss unabänderlich ist. Bitte gib mir umgehend Antwort.
Mir selbst geht es ganz gut. Arbeit in meinem Berufe habe ich nicht gefunden. Ich habe aber in den letzten Monaten als Beifahrer, Brunnenbauer,
Strassenarbeiter & Hilfsarbeiter bei einem Elektrizitätwerk gearbeitet.Zur Zeit bin ich bei einem Bauunternehmen beschäftigt und laste ich jeden Tag zehn Stunden Kalk von Eisenbahnwagen. Eine sehr gut bezahlte, aber ungesunde Arbeit. Anbei einige Bilder.
Hans Helm in Tingsryd 1930, unten rechts Maja Rydberg und Hans
Für heute will ich schliessen und warte ich bestimmt auf Antwort. Grüße bitte Deine lieben Angehörigen & sei selbst vielmals gegrüsst
von Deinem ergebenen
Hans Helm
Fahre nächste Woche über Kopenhagen nach Leipzig zurück und bitte ich Dich umgehend zu antworten. 1)
Tingsryd, d. 16.9 30
Liebe Leni!
Meinen besten Dank für Deinen Brief sowie für die umgehende Beantwortung. Morgen gehe ich hier das letzte Mal arbeiten. Bei diesem Regenwetter sehr erfreulich. Fahre wahrscheinlich Donnerstag oder Freitag nach Kopenhagen & dann mit dem nächsten Dampfer nach Lübeck. Bitte grüße Deine l. Angehörigen und sei selbst vielmals gegrüsst
von Deinem ergebenen
Hans Helm
???
Liebe Leni!
Nun bin ich seit Montag wieder hier in Leipzig. Gestern habe ich bei Euch angerufen und wurde mir gesagt, dass Du verreist seiest. Bitte teile mir doch mit, ob Du Sonnabend mal mit mir in ein Kino gehen würdest. Ich bin dann ½ 8 Uhr vor Eurem Haus und hoffe ich, dass Du dann runter kommst. Gib mir bitte Bescheid, sage aber nicht ab, da ich mich schon lange auf ein Wiedersehen gefreut habe.
...Gruß
Dein Hans Helm
Anmerkungen
Hans Helm gehörte zu den Kindern, die 1920 von der Gewerkschaft der schwedischen Uhrmacherfamilien nach Schweden eingeladen wurden. Die Lebensumstände in Deutschland waren zu der Zeit katastrophal. Die Kinder kamen zu schwedischen Gastfamilien und blieben über ein halbes Jahr. Zu der Familie Rydberg entwickelte sich eine innige familiäre Beziehung. Hans sprach fließend schwedisch und fuhr als junger Mann immer wieder dorthin, auch um dort Arbeit zu finden.
Hans Helm 1920 in Tingsryd mit Bengt und Nisse Rydberg
4
1935/1936
Helene Jentzsch an Leni Jentzsch
Briefe an Leni ins Lehrerheim nach Ostrau/Bad Schandau, wo sie eine Stelle als Hausbeamtin bzw. Köchin hatte.
Leipzig, den 14. Januar 1935
Meine liebe Leni!
Gestern erhielten wir Deinen lieben Brief und habe ich Dir heute Mittag einstweilen eine Karte geschrieben. Eine von denen, die Dir so gefallen. Du sollst sie alle haben, es sind zehn Stück. Ich glaube, die erste war aber die schönste, die anderen sind aber auch sehr hübsch. Heute Nachmittag kam nun noch Deine Karte. Sieh Dir nur die Umgegend richtig an. Bei schlechtem Wetter ist es ja auch nichts draußen. Heute z.B. regnet und schneit es durcheinander. Wenn Annemarie kommt, so kommt sie als Kursteilnehmerin. Sie hat nur noch keinen Bescheid vom Ministerium. Augenblicklich ist sie in Oberwiesental mit einer Kolonne BDM1) Mädchen. Damit Du Deinen freien Tag richtig nutzen kannst, so setz Dich nicht hin und stopfe Strümpfe. Du bringst sie alle mit, wenn Du kommst und dann bringe ich sie gern wieder in Ordnung. Ein kleines Stückchen Stolle habe ich Dir aufgehoben und einstweilen in ein Cellophanpapier getan. Sonst ist sie alle, sie war gleich nach Neujahr alle. Wir hatten ja auch nicht so viel gebacken. In der Turnhalle hat Dich Lisa als auswärtiges Mitglied angemeldet. Erika hatte ich es ja auch gesagt, aber na, die vergißt es doch auch bloß. Mit Deinem Brief kam auch Bescheid aus Dösen an. Ich schicke Dir das Schreiben mit, die Zeugnisabschrift behalte ich hier, damit mein Brief nicht Übergewicht bekommt. Lotte schreibt mit mir um die Wette und will ich schon ihren Brief hineintun. Also die Stellen werden in Dösen vom Ministerium besetzt. Gesetzt den Fall, Du bliebst ein Jahr dort und würdest dann ein Gesuch an das Ministerium machen und hättest dann evtl. Aussicht, das kannst Du ruhig Eurer Leiterin auch sagen, denn sie wird selbst nicht ewig dort bleiben wollen
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