Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
schicken kann, aber ich bringe es hoffentlich mit und Frau Ziemer wollte mir ja noch was Süssigkeiten mitgeben. Ich möchte deshalb nicht vorher nochmals davon anfangen, denn das kommt mir etwas komisch vor. Wir feiern dann eben am Sonntag, den 28.12. nochmal. Nun habe ich eine Bitte, kleine Frau, lass bitte am Heilig Abend und die Feiertage den Kopf nicht hängen, dass Du allein bist, denn zum nächsten Weihnachten sind wir bestimmt zu dritt, denn da bin ich zu Hause. Und Du musst immer denken, dass es bloss noch ein paar Tage dauert, bis ich zu Hause bin. Ich schreibe Dir dann vorher, wann ich am Heilig Abend recht fest an Dich denke und Du sollst sehen, mit dieser Vorfreude, dass wir uns dann wiedersehen, verschönerst Du Dir dann auch das Fest. Dass es hier genauso wie bei Euch mit den Einkäufen ist, kannst Du Dir denken, aber wie ich bereits schrieb, für mich ist es das grösste Geschenk, dass ich, wenn auch nur für kurze Zeit, mal wieder bei Dir bin. Wie es in der Adventszeit bei uns aussieht, kann ich mir sehr gut vorstellen. Auch ich freue mich auf unser Heim, wo Du immer alles so gemütlich machst. Noch 15 Tage und ich geniesse mit Dir.
Deine und Hannas Freude bei Eurem ‘Scala-Besuch’ kann ich mir vorstellen, schade, dass Ihr Pech mit der Vorführung hattet, denn der Film hat mir sehr gut gefallen. Dass nun Euer Beschützer, Kamerad Schneider, fort ist, tut mir wirklich leid, denn durch ihn habt Ihr gewiss allerlei Abwechslung gehabt. Das, was Du von Frau Kolbe schreibst, ist doch am meisten betrüblich für sie selbst, aber nach der Behandlung seitens ihrer Schwiegereltern verständlich. Siehst Du, als wir in Hohenbruch lagen, war ja, wie ich Dir bereits schrieb, Herr Ziemer auf Urlaub. Er wusste genau so wie Du, dass wir zu viert öfters ausgegangen waren und auch von seiner Frau oft eingeladen waren. Dafür haben wir auch viel im Laden geholfen, Marken abgerechnet und ähnliches. Er war kaum da, da hatte eine sehr gute Freundin von ihm nichts Eiligeres zu tun und zu ihm zu rennen und zu erzählen, seine Frau empfange Herrenbesuch. Na, er hat ihr mächtig die Meinung gesagt und das mit Recht, denn dass wir nichts zu verbergen haben, wusste er. Und es ist ja so, auch der Kamerad Schneider wird eine Gesellschaft in einem gemütlichen Heim genau so zu schätzen wissen nach Dienst wie wir. Und deshalb brauchst Du Dir auch um mich keine Sorgen zu machen. Und wenn ich auch die Beziehung zum Reformhaus nicht gerade aus purem Eigennutz schätze, so hat sie doch uns auch etwas eingebracht und wenn Herr Ziemer mir für Dich das schicken kann, was ich bestellt habe, so wird das für Dich bestimmt eine grosse Weihnachtsüberraschung.
Du, kleiner Strolch! Dein Brief vom 5.12. ist besonders lieb geschrieben und danke ich Dir besonders dafür. Du wirst mir wohl glauben, dass auch ich grosse Sehnsucht nach Dir habe und jeden Tag, den ich zum Urlaub näher komme, strahle ich innerlich immer mehr vor Freude, bald bei Dir zu sein und Du sollst sehen, dass trotz der miesen Zeiten dieses Weihnachten eines der schönsten wird, eben weil wir so lange auseinander waren und uns so lieb haben. Es freut mich, dass Du Dich so geborgen bei mir fühlst und auch ich kann mir das Leben ohne Dich gar nicht vorstellen. Eine Ehe ist ja auch dann nur glücklich, wenn sich Mann und Frau ergänzen und mit der Zeit eins werden und ich glaube, dass das bei uns der Fall ist. Lass nur den Mut nicht sinken, denn wie es auch kommen mag, ich bin auf alle Fälle für die Zukunft sehr optimistisch eingestellt und werden wir bestimmt noch vieles nachholen, was wir durch den Krieg versäumt haben. Und unser Leben wollen wir schon noch auf unsere Art und Weise leben, darauf kannst Du Dich verlassen. Bei Deinem Zustand ist es sehr richtig, wenn Du recht viele gute Musik hörst, denn das bringt doch immer Beruhigung. Da wirst Du wohl auch in die Weihnachtsmotette gehen? Darum beneide ich Dich wirklich, denn sowas gibt es hier nicht.
Mit dem grünen Aal kannst Du mich nicht reizen, denn Du weißt ja, dass ich mir nicht viel aus Fisch mache. Da hat mir das Schnitzel, was es bei Frau Ziemer zu den Bratkartoffeln gab, mehr zugesagt. Ja, diese Leute wissen tatsächlich noch nicht, was Krieg ist, und manchmal bedaure ich, dass Ihr nicht mithalten könnt, bei all den schönen Sachen, die man vorgesetzt bekommt. Nun haben wir ausgemacht, nach dem Krieg einmal unsere Ferien in Grossmölln zu verleben. Rank mit Frau und wir beide. Ziemers wollen bald nach
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