Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
eine Tube Anchovispaste. Nun warst Du wohl auch in Zwolle, hat es geklappt mit Butter und Käse. Du bist auch immer für uns auf den Beinen.
Ja, Hans, mir hat es in Elster sehr gut gefallen, und ich muß sagen, ich bin nicht gern nach Leipzig zurück. Aber es hat ja alles ein Ende. Das Einzige was hätte besser sein können war das Quartier, aber auch nur, weil es etwas unruhig war. Unsere Wirtsleute waren nette Menschen.
Wir haben jetzt sehr schönes Wetter, und kann Heidi immer an die Luft. Auch wir zählen die Tage, bis Du wieder auf Urlaub kommst. Dann ist doch alles wieder schön, nur Elli kann nicht dabei sein.
Heute hat Dir Leni zwei Pakete geschickt, das eine, welches sie vergangene Woche abgeschickt hat, wirst Du nun wohl erhalten haben oder es wird eintrudeln.
Da hast Du ja auch allerlei Dir angesehen und gehört. Wir waren am Sonnabend in der Oper ‘Der Maskenball’. Die Amalie sang Margarethe Bäumer als Gast. Sie war noch sehr gut. Auch die ganze Oper stand unter einem guten Stern. Leni und Mutter Jentzsch wollen Sonnabend in die ‘Fledermaus’ gehen, Vater will Plätze besorgen. Die Operette wird Leni wohl gefallen.
Herr Kürbis ist nun auch aus Kiel weg, er hat heute seiner Frau aus Paris geschrieben. Er soll nach Südfrankreich auf einen Zerstörer kommen.
Gestern war ich ein Stündchen in der Nürnberger. Die Eltern hatten ihren 35-jährigen Hochzeitstag. Ich bin dann ½ 6 Uhr mit Heidi im Bähnle heimgefahren, damit Leni noch ein Weilchen bleiben konnte. Frau Mary läßt Dich vielmals grüßen, auch Frau König läßt Dich grüßen.
Es spielt das Radio, für jeden etwas, soeben wird der Prolog aus ‘Bajazzo’ gesungen, hast Du ihn auch gehört. Er wurde sehr gut gesungen.
Mein lieber Junge, bleibe recht gesund. Wir wollen hoffen, daß der Krieg bald zu Ende ist und wir noch eine Zeit zusammen sein könnten. Von Vater und mir recht herzliche Grüße und einen Kuß
von Deiner Dich liebenden Mutter.
Gruß von Leni und Klein Heidi, die nun schon sanft in ihrem Bettchen schlummert.
d. 21.10. 43
Mein lieber Junge!
Heute will ich Dir endlich Deinen lieben Brief vom 11.10. beantworten. Ich habe mich über Deine lieben Zeilen sehr gefreut und danke Dir herzlich dafür. Die Wäsche haben wir nun endlich, bis auf Ausbessern und Glätten hinter uns, habe heute drei Stunden gerollt. Heute Nachmittag bin ich dann mit Heidi spazierengegangen. Wir hatten doch gestern Alarm und hatten auch einen ganz schönen Angriff. Leni wird Dir schon darüber schreiben, sie weiß darüber mehr. Ich hörte von Frau Schubert, daß auch die Tribüne auf der Rennbahn getroffen sei. Nun wollte ich mit Heidi hinübergehen, aber es waren alle Waldwege wegen Blindgängern gesperrt. Da ist das kleine Kerlchen durch den Wald nach der Albertallee gelaufen. Tante Anna Seydel war da, und sind wir mit ihr durch den Albertpark bis zur Haltestelle Beethovenstraße gegangen und sind wir beide wieder durch den Park nach Hause. Sie ist fast alles gelaufen, ich hatte gar keinen Wagen mit. Ich erzähle Dir das alles, damit Du weißt, wie gut Deine kleine Heidi zu Fuß ist. Ich glaube, das hat sie von ihrem Opa. Unterwegs kamen ein paar Franzosen und da meinte Heidi zu ihnen: “Papa”, der eine sagte: “Nix Papa”, aber sie haben sich oft umgeschaut und ihr zugelacht.
Der Kaffee hat mir sehr gut geschmeckt, er dürfte nur nicht alle werden, denn der neue wird ja immer teurer. Ob Du nicht einmal etwas Kakao bekommen könntest, wär sehr schön. Vielleicht horchst Du mal.
Die Pakete mit Butter und Käse, die Kameraden von Dir mitgenommen haben, sind angekommen. Es war mal wieder hohe Zeit, wir müssen Dir für Deine Mühe sehr dankbar sein. Nun warten wir auf die eingeschriebenen Päckchen. Aber sie werden nun wohl auch kommen.
Bei der Wäsche waren außer kurzen Sommerunterhosen zwei lange dabei. Meiner Ansicht nach müßtest Du eigentlich mehr haben. Na, wer weiß, wo sie sind.
Elli ist nun wieder wo anders hingekommen und es ist sehr schwierig, man muß da übernachten, so schlecht sind die Verbindungen. Auch schreiben tut sie nicht, ich habe ihr schon ein paar mal Karten mit unserer Anschrift mitgeschickt, aber ich hoffe immer vergebens. Hans, es ist mir sehr schwer, habe ich doch gar niemand, mit dem ich mich austauschen kann. Es ist so schrecklich, wenn man gar nicht weiß, wie es ihr geht. Ob sie meine Post bekommt? Für Elli ist es doch auch so schrecklich, wo sie doch sich immer freute, wenn sie nach
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