Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
wird es nun auch recht einsam werden, aber man musste ja damit rechnen. Jetzt habe ich übrigens mit verschiedenen Kameraden gehört, dass auch ihre Frauen keine Post bekommen haben, also ist es Dir nicht allein so gegangen. Dass es um Arnheim rum feindfrei ist, habt Ihr ja wohl im Radio gehört und bei Nijmegen ist die Front zum Stehen gebracht. Dafür hatten wir hier am 29. einen schweren Tieffliegerangriff, ich schreib Dir dies nochmals, falls Du meinen letzten Brief nicht erhalten hast. Dabei hat Kamerad Noak eine schwere Verwundung davongetragen. Er kam nach Apeldoorn ins Lazarett und als ich ihn am nächsten Tage dort mittags besuchen wollte, erfuhr ich, dass er am frühen Morgen um 6 Uhr verstorben war. Es tut mir sehr leid, denn ich hatte mich ja in den letzten Tagen mehr an ihn angeschlossen. Gestern war ich nun nochmals in Apeldoorn und hab mir sein Grab zeigen lassen. Er liegt in einer Ordensstiftung St. Joseph und werden später diese Ordensbrüder die Gräber pflegen. Es hatte keinen Sinn, das Grab zu schmücken, denn erstens fiel es noch ein, und dann kommt erst noch ein Kranz darauf. Wenn wir noch länger hierbleiben sollten, dann kümmere ich mich darum, aber ich glaube, dass wir in den nächsten Tagen zurück ins Reich kommen, um neue Stellungen aufzubauen, denn hier ist ja nun alles restlos aufgelöst. Gestern habe ich nun die Puppe für Heidi und zwei Päckchen für Dich als Feldpostpäckchen aufgegeben und kommt es hoffentlich gut an. Jetzt habe ich nun bloss immer von mir geschrieben und hoffe ich, dass Du und Heidi gesund seid. Hoffentlich habt Ihr nun auch mehr Ruhe, aber Ihr seid ja in den Städten schlimmer dran wie wir. Was macht das Heidikind, folgt sie Dir immer und hat sie ihren Appetit wiedergefunden? Wie geht es denn Mutter und Helenchen und allen anderen? An Mutter schreibe ich heute Abend, aber grüsse alle von mir.
Dir nun recht viele liebe Grüsse und Küsse, das gleich für Heidi. Vielleicht schreibe ich den nächsten Brief schon aus dem Reich an Dich. Bleibt recht gesund und vergiss nicht
Deinen Dichliebenden Hans.
E.O., den 5.10. 44
Meine liebe kleine Lenifrau!
Jetzt treffen nun so langsam die erwarteten Briefe ein; gestern brachte mir der Postrich aus Apeldoorn Deine lieben Briefe vom 18. und 22.9. ein, für die ich Dir recht vielmals danke. Hoffentlich bist Du nun inzwischen auch in den Besitz meiner Briefe gekommen, damit auch Du beruhigt über mich sein kannst. Dass ich noch immer an der alten Stelle stecke und auf dem Damm bin, wird Dich beruhigen, zumal in Arnheim ja alles ruhig ist, aber ich glaube, unsere Tage hier sind gezählt und rechne ich mit einer Rückverlegung ins Reich. Den Brief mit den 20.– M und den mit dem Film habe ich noch bekommen, aber alle Privatbriefe haben wir seinerzeit bei der Landung, die zwölf Kilometer von hier stattfand, verbrannt. Gesundheitlich bin ich auf dem Posten und wie ich Dir schon im letzten Brief schrieb, sind wir nach dem schweren Angriff am 29.9. sehr, sehr vorsichtig geworden und liegen tagsüber die meiste Zeit im Freien in unseren Deckungslöchern. Trotzdem es vom Hellwerden bis zum Abend fast dauernd in der Luft brummt, hat man uns in Ruhe gelassen; aber in den Löchern ist man weg von den Baracken, soweit sie noch stehen und auch sicher. Die Deutschen in Holland werden wohl alle zurückkommen, es ist dies eine Vorsorge gegen eventuelle Terroristen, obwohl es damit in Holland nicht viel auf sich hat.
Da wächst wohl nun wieder der Haushalt von Helenchen? Hoffentlich fühlen sie und der Meester sich nun in dem neuen Heim wohl. Erika wohnt wohl mit Ulli nun auch bei ihnen? Ist denn da soviel Platz und hat Erie ihre Sachen mit unterbringen können? Ueber den Krieg mache ich mir keine Gedanken mehr, ich nehme aber immer noch an, dass die Entscheidung dieses Jahr noch fällt. Da sitzt Ihr ja jetzt immer viel im Keller, wie muss es bloss sein, wenn es mal wieder Frieden ist und all diese traurigen Dinge wegfallen. Es freut mich, dass Du und Heidi auf dem Posten seid. Es ist dies eine grosse Beruhigung für mich. Hier hiess es, dass Ihr am 11.9. einen schweren Angriff auf den Leipziger Westen hattet, ist was davon wahr gewesen? Es scheint ja auch allerhand zerschmissen zu sein bei Euch, aber man bewundert tatsächlich Eure Ausdauer und den Mut, mit dem Ihr alles übersteht. ...Die Streiterei unserer beiden kleinen Knirpse braucht man nicht ernst zu nehmen, ich glaube, am besten hilft noch ab und zu ein Klaps. Du
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