Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Untermieter los wird, vielleicht trägt das auch dazu bei, dass sie manchmal so unleidlich ist. Die M 10.– habe ich erhalten, schick mir aber vorläufig kein Geld mehr, denn ich bekomme es weder umgewechselt noch kann ich dafür was kaufen. Der Tommy war seinerzeit bei Oosterbeek mit Fallschirmtruppen gelandet und war schon in Arnheim bis zum Wehrmachtsheim vorgedrungen, ist jetzt aber über den Rhein und ein ganzes Stück zurückgedrängt und dann aufgerieben worden. Nun versucht er von Nijmegen aus vorzurücken, was ihm aber nicht gelingt. Ich hatte ja auch gehofft, dass wir ins Reich kommen würden, aber damit ist es vorläufig nichts. Unsere Räder sind alle in Ordnung, aber soweit, dass wir sie gebrauchen müssen, wird es wohl nicht kommen. Wie lange meine Post geht, weiss ich nicht, aber von Apeldoorn bis ins Reich wird es wohl auch seine Zeit brauchen.
Wie war es denn bei Lisa, hoffentlich waren es ein paar gemütliche Stunden und geniesse sie nur, denn das Kopfhängen hat doch keinen Zweck und Grund dazu läge auch nicht vor. Mit meinem Füller ist es jetzt ein Genuss zu schreiben, denn das Biest ist nicht in Ordnung und muss ich ihn von allen Seiten beim Schreiben probieren. Morgen will ich eventl. zwei Feldpostpäckchen mit Cornedbeef für Dich fertigmachen. Bei den letzten drei Päckchen war auch schon was dabei. Ja, da wäre ich wieder mal am Schluss angelangt, kleine Frau, und bin bloss froh, wenn ich wieder bei Euch bin.
Drück das kleine Kerlchen und Dir und ihr nun wieder viele liebe Grüsse und Küsse und denkt immer viel an Euch
Dein Dichliebender Hans.
Leipzig, den 12.10 1944
Mein lieber alter Strolch!
Nun habe ich vorgestern Deinen lieben Brief vom 29.9. und heute den vom 4.10 erhalten, und danke ich Dir recht herzlich dafür. Besonders gefreut habe ich mich, daß Du nun endlich mal wieder einen Brief von mir erhalten hast. Aber wo sind die Briefe zwischen 14. u. 24. geblieben? Denn ich habe Dir sehr oft geschrieben. Ich glaube, Deine meiste Post haben wir erhalten, trotzdem werden wir wohl Deinem Schreiben nach etliche Brief nicht bekommen haben, aber vielleicht kommen wir wieder ins Geschick. Es ist ein Trost für uns zu wissen, daß Ihr wenigstens eine halbwegs anständige Verpflegung habt. Cornedbeef und Schweinefleisch würde ich auch gern mal wieder essen. Mit dem Rauchen ist es so eine Sache. Mutter hat fleißig gesammelt, und würde Dir, wenn es ginge, gerne etwas schicken. Bei uns ist es mit dem Essen jetzt ein bissel mies. Gemüse gibt es überhaupt nicht, und weiß man nie, was man kochen soll. Habe heute von Lisa einen Blumenkohl, Rotkraut und Weißkraut bekommen, und hilft das schon ein bissel weiter. Hast Du die braunen Herrenschuhe genommen? Hebe sie nur gut auf, denn Du bist doch auch nicht gerade gut mit Schuhen gesegnet. Ich persönlich hätte auch dringend paar gebraucht. Aber was nicht ist, kann man nicht haben. Hast Du denn nun endlich die Bilder bekommen? Oder hast Du den Photoladen vergeblich gesucht? Mit den Angriffen muß es ja bei Euch jetzt schlimm sein. Wenn Ihr schon in die Einmannlöcher rennt, muß es doch schon haarig sein. Mit dem Schlaf kann ich Dir das nachfühlen. Ein Königreich für ein Kanapee und 24 ruhige Stunden. Und ich kann Dich nicht mal trösten, daß Du Dich zu Hause recht bald mal ordentlich ausschlafen kannst. Vielleicht wird es ein klein wenig besser, wenn Ihr ins Reich reinkommt. Hoffentlich bekommst Du diesen Brief noch, daß er nicht erst ewig in der Welt rum gondelt, ehe er den Weg zu Dir findet. Hast Du schon eine Ahnung, wo Ihr landen werdet? Oder darfst Du mir das nicht schreiben? Dann will ich auch nicht neugierig sein. Tante Gretchen ist die Ruhe zu gönnen. Sie ist auf dem Südfriedhof eingeäschert, und hat auch dort ihre letzte Ruhestätte gefunden. Schöne Stunden haben wir bei ihr und auch bei Schramms verlebt. Weißt Du, wie wir ihr mal auf der Treppe zu ihrem Geburtstag ein Ständchen gebracht haben, ‘Rosen und Jugend’. Schön war’s! Das ist ja furchtbar, daß Ihr so alle 10 - 15 Minuten raus wegen Alarm müßt. Da kommt Ihr ja überhaupt nicht zur Ruhe. Von dem Tieffliegerangriff hast Du mir noch nichts geschrieben, oder der Brief ist mit verloren gegangen. Das ist ja furchtbar, und das mit Kamerad Noak will mir gar nicht in den Kopf. So ein lebensbejahender Kerl, und wirklich fein und anständig. Weiß es denn die arme Frau schon? Mutter und mir tut das unsagbar leid, denn wir haben ihn ja beide
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