Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Kameraden nach Apeldoorn gefahren, um Noack und die übrigen drei Kameraden zu besuchen. Zuerst waren wir im katholischen Krankenhaus, wohin Noack gebracht worden war und war es für mich ein Schlag, als man mir mitteilte, dass er am frühen Morgen, um 6 Uhr, nach dreimaligen Bluttransfusionen gestorben wäre. Er hat wohl in der Nacht gespürt, dass ihm nicht mehr zu helfen sei, denn er hat noch in der Nacht einer Schwester seiner Frau einen Brief schreiben lassen und ihn dann noch unterschrieben. Ich konnte ihn nicht noch mal sehen, fahre aber übermorgen nochmals hin, um sein Grab festzustellen und dann will ich es mit Blumen schmücken und sehen, ob ich einen Fotografen finde, der es mal aufnimmt, damit ich Frau Noack ein Bild davon schicken kann. Ehe ich dort wegfuhr, bekam ich seinen ganzen Nachlass und hab heute hier noch seine ganzen Privatsachen fertig gemacht und werden Frau Noack seine Sachen von der Kompanie zugestellt. Wenn ich Näheres morgen in Apeldoorn erfahren habe, schreibe ich dann sofort an Frau Noack. Mit Noack haben alle einen guten Kameraden verloren und ich besonders hatte mich ja in der letzten Zeit angeschlossen. Vorgestern hat er noch eine schwerverletzte Holländerin verbunden und hat ihr tröstend zugesprochen und dann hat es ihn selbst getroffen. Hier bei uns sieht es ganz wüst aus, drei Baracken sind fast völlig zerstört, sodass der Tommy wohl nicht wiederkommen wird. Ausserdem sind wir sofort so vorsichtig geworden, dass wir bei dem leisesten Fliegergeräusch uns vom Lager entfernen. Also Sorge brauchst Du keine zu haben, ich pass schon schön auf. In Apeldoorn habe ich nun noch eine Puppe für Heidi erstanden, die ihr hoffentlich gefallen wird. Ich werde sie morgen nun verpacken und gleichzeitig noch verschiedenen Krimskrams in zwei bis drei Kilopäckchen wegschicken und hoffe, dass Du alles davon bekommst. In Apeldoorn war es direkt ein Genuss, mal wieder im Wehrmachtsheim zu sitzen, davor war gerade Blumenmarkt und nichts erinnerte an den Krieg. Wie geht es nun Euch, seid Ihr alle noch auf dem Damm? Ich wollte schon an die Eltern schreiben, aber tagsüber gibt es massig zu tun und abends hat man kein Licht, aber morgen oder übermorgen schreibe ich ihnen paar Zeilen.
Und nun, kleine Frau, für heute wieder mal Schluss, es wird schon bald mal wieder ein grosser Brief für Dich steigen. Grüsse alle vielmals von mir, drück Heidi für mich und Dir nun viele liebe Grüsse und Küsse
von Deinem Dichliebenden Hans.
E.O., den 4.10. 44
Meine liebe kleine Lenifrau!
Gestern früh war ich in Apeldoorn auf der Dienstfahrt und siehe da, nach drei Wochen war die erste Post da, aber leider nichts für mich dabei. Nachmittag waren noch mal zwei andere Kameraden dort und brachten u.a. auch Deinen lieben Brief vom 24.9. und zugleich Mutters Brief vom gleichen Tage. Recht vielen Dank, kleine Frau, und kannst Du Dir denken, wie ich mich über Deine lieben Zeilen drüber gestürzt habe. Eben hatten wir wieder Fliegeralarm und sollst Du mal sehen, wie alles in seine Einmannlöcher spritzt; ja, wir sind hier äusserst vorsichtig geworden. Nun aber wieder zu Deinem Brief, es tut mir wirklich sehr leid, dass es mit der Post nicht geklappt hat. Habe Dir laufend alle zwei bis drei Tage geschrieben und möchte ich bloss wissen, wo alles hängengeblieben ist. Von mir kann ich berichten, dass ich wirklich gesund bin, nur hat es in der letzten Zeit an Schlaf gemangelt und müsste es herrlich sein, einmal 24 Stunden durchzuschlafen. Es ist so, dass Ihr Euch wegen mir keine Sorgen zu machen braucht und es wird bestimmt so kommen, dass wir uns wiedersehen. Da hat nun Tante Gretchen auch ihre letzte Ruhe gefunden; es war ihr nicht vergönnt, ihre letzten Jahre in Ruhe zu verbringen, aber vielleicht war es besser so für sie, denn man weiss ja nicht, was sie noch an Schmerzen hätte ausstehen müssen. Ich hätte sie gern noch einmal gesehen, denn man hat doch bei ihr so viele schöne Stunden verlebt. Sie ist wohl auf dem Südfriedhof begraben worden? Für Dich war ja die Beerdigung die reine Hetzjagd, mit diesen Alarmen und Angriffen ist es wirklich ein Jammer. Bei uns hier geht es aller 10 - 15 Minuten, dass wir rauslaufen, nur das Gute, dass wir mit Ausbruch der Dunkelheit wenigstens Ruhe haben. Onkel Karl kann ich mir ganz gut vorstellen in seinem Aufzug, er ist eben altmodisch und konservativ. Aber er ist doch eine gute Seele und hat er nun auch seine Sorgen mit Tante Selma. Für Tante Anna
Weitere Kostenlose Bücher