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Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Titel: Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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müssen wir uns eben weiter in Geduld fassen. Ob’s denn zu Weihnachten wird, kleiner Mann? Bis jetzt hatten wir ja damit immer Glück, aber in diesem Jahr zweifle ich ein bissel daran. Wie ist denn Deine Meinung? Mutti und Papa ziehen nun kommende Woche wieder um nach der Preußenstraße, dort, wo Kunads Kontor ist. Dort haben sie eine kleine Wohnung für sich allein. Es wird auch höchste Zeit, daß sie mal wieder in geordnete Verhältnisse kommen, und Ruhe finden. In der Märchenwiese wohnt jetzt auch Erika mit, und ist es da ein bissel sehr eng und auch zu viel Trubel. Mutti hatte jetzt öfters Schwindelanfälle. Heute ist sie von Martins Bruder untersucht worden. Es ist eben Arterienverkalkung. Ich wünsche Deinen und meinen Eltern so sehnlichst einen ruhigen und schönen Lebens-abend, und was müssen sie noch alles über sich ergehen lassen. Erika sucht auch eine Wohnung. Will auch nicht dort bleiben. Eventl. will sie nach Dresden gehen und sich Arbeit suchen, wenn es mit der Wohnung hier nicht klappt. Ihre Sachen haben sie alle mitbringen können, und hat sie ja auch schon ganz schöne Möbel.
    Mit der Kellersitzerei ist es augenblicklich nicht so schlimm. Unberufen. Sie sind jetzt dauernd ohne Unterbrechung ja in West- und Südwestdeutschland. Was müssen die armen Menschen dort ausstehen. Man kann es sich bald wirklich nicht vorstellen, wie es sein wird, wenn mal Frieden ist und Ruhe. Wer haut bloß solche Sachen raus, daß wir am 11.9. einen Angriff auf den Leipziger Westen haben sollten. Es ist kein Wort davon wahr. Wo sie gerade an dem Tag gewesen sind, kann ich Dir nicht sagen, hier jedenfalls nicht. Euch noch mit solchem unwahren Geschwätz belasten ist wirklich ein Skandal. Was hier kaputt, ist hast Du ja gesehen. Bis jetzt ist gottlob noch nicht mehr dazu gekommen. Daß die Butterschickerei aufhört, ist nicht zu ändern und weiß ich, daß Du ja Dein Möglichstes immer getan hast. Ich fange eigentlich jetzt erst richtig an den Krieg zu spüren. Oft sitze ich abends da und weiß nicht was essen. Des öfteren ist schon trocken Brot dran gewesen, und will man froh sein, wenn man das immer noch haben kann. Auch mittags ist es sehr schwer, da überhaupt kein Gemüse am Markt zu haben ist. Habe jetzt schon öfter mal von Lisa Gemüse bekommen. Du darfst nicht denken, daß ich Dir die Ohren volljammern will, kleiner Mann. Wir kommen schon durch und werden nicht verhungern. Aber jetzt ein Stück Butter im Monat ist doch sehr wenig. Ich denke, Vater wird an Dich wohl auch einen Hilfeschrei schicken. Aber er hat von Billings einen ganz schönen Teil Fett mitbekommen für eine Uhr. Auf das Cornedbeef freue ich mich jedenfalls sehr, kleiner Mann, und danke Dir schon jetzt herzlich. Hoffentlich kommt es an, dann hebe ich es aber bis Weihnachten auf. Den Film ‘Träumerei’ habe ich nicht gesehen. Seit Saaz habe ich nur die ‘Affäre Rödern’ gesehen. Frau Kürbis hat nun auch Nachricht von ihrem Mann. Sie hatte doch an die Einheit geschrieben. Eben sagt Mutter, daß sie Dir das schon geschrieben hat, und kann ich es mir da ja sparen. Die Aussagen der gefangenen Engländer macht einem doch wieder mehr Mut. Aber mit dem nächsten Jahr bin ich skeptisch wegen Frieden. Aber sagen kann das wohl keiner, und vielleicht geht es doch mal schneller als wir denken. So, das wären so erst mal Deine Briefe, und nun will ich Dir noch ein bissel von hier erzählen. Am Montag haben wir früh eingeweicht, und dann bin ich mit Tante Anna und Onkel Max sechs Zentner Kartoffeln holen am Grassimuseum. Unterwegs kam natürlich erst mal wieder Alarm, und bin ich mit Tante Anna in den Bunker am Rabensteinplatz. Es war eine ganz schöne Schinderei mit dem zweirädrigen Wagen, und sind wir im Ganzen mit Warten usw. vier Stunden unterwegs gewesen. Anschließend bin ich nochmal in den Garten, denn ich sollte ein paar Äpfel holen. Am Dienstag dann gewaschen, und war ich um 5 Uhr fertig. Mutti hatte Heidi geholt, da es den ganzen Tag geregnet hatte. Am Mittwoch war wieder so mieses Wetter, und wußten wir nicht, ob wir aufhängen sollten oder nicht, und haben es schließlich doch gewagt, und dabei Glück gehabt, denn wir haben so halbwegs alles trocken bekommen.
½ 4 Uhr bin ich mal mit Mutter und Heidi auf den Südfriedhof, und haben wir einen Heidestock zu Tante Gretchen gebracht. Dann haben wir auch gleich mal den Ehrenhain mit besucht. Es ist erschütternd, so was zu sehen. In manchen Gräbern liegen 20 und mehr Tote. Natürlich

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