Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
hatte Tante Seydel Geburtstag. Ich bin mal zu ihr gefahren. Tante Ida, Lieschen mit ihrer Kleinen, Alfred mit seinem Jungen und Liesbeth und Hermann, welcher auf Urlaub da ist, waren da. Schmeißers erwarten nach 17 Jahren wieder etwas Kleines. Sie freuen sich darauf. Bei Schmeißers ist am 4. Dezember eine Brandbombe ins Zimmer gefallen. Hat aber gelöscht werden können. Hat aber doch Schaden angerichtet. Ich soll Dich von allen recht vielmals grüßen. Hast Du meinen Brief vom 24. erhalten? Na, vielleicht klappt es, und bekommst noch einen Spirituskocher, und wegen dem Hut laß Dir nur keine grauen Haare wachsen. Zu Ilse Bamberg gehe ich mal gelegentlich.
Das Buttergeld habe ich bis auf Lisa ihres beisammen, und sagte mir Leni, ich solle es auf eine rote Anweisung einzahlen. Soll ich das ganze Geld auf einmal schicken (das heißt auf eine Karte)? Vielleicht gibst Du mir mal Bescheid. Wenn ich von Elli wieder da bin, schicke ich für Dich zum Ausgehen etwas Geld. Was kostet denn das Gebäck? Wegen der Kartons muß ich wohl Zulassungsmarken haben? Wenn wir von Dresden zurückfahren, wollen wir in Oschatz mal aussteigen und einen Besuch machen.
Ich freue mich, daß Dir die Oper ‘Der schwarze Peter’ gefallen hat. Auch in Leipzig war die Rolle des Spielmanns mit Willi Wolf ganz hervorragend besetzt. Daum sang den Roderich und war sehr gut. Die Oper wird am 23. Februar in den Dreilinden spielen. Ich bin nur neugierig, was da gegeben wird. Die ‘Nachrichten’ wirst Du nun wohl auch wieder bekommen haben, da sind auch die ganzen Unterlagen mit weggekommen. Doch nun will ich Schluß machen, will noch an Leni schreiben.
Von Vater und mir viele liebe Grüße und einen Kuß
Deine treue Mutter.
d. 6.2. 44
Mein lieber Junge!
Als wir Freitag Abend wieder daheim anlangten, fanden wir Deinen lieben Brief vom 30.1. vor und haben uns sehr darüber gefreut und danken Dir dafür. Am Dienstag wollten wir vormittag 8 Uhr 20 nach Dresden fahren, der Zug hatte aber zweieinviertel Stunden Verspätung und kamen wir nach 1 Uhr in Dresden an. Wir sind am Nachmittag mit Tante Bertha im Kino gewesen ‘Eine Frau wie du’ mit Brigitte Horney. Ich habe den Film schon gesehen, aber man konnte ihn nochmals sich ansehen. Am Mittwoch früh 7 Uhr sind wir nach Hilbersdorf gefahren und fanden Elli nicht mehr vor. Sie war nach Großschweidnitz gekommen. Das liegt bei Löbau, hinter Bautzen. Es war mir gerade, als ob ich einen Schlag bekäme. Das ist das zweite Mal, daß die Verwaltung von Hochweitzschen so handelt. Aus Tante Berthas Brief hast Du wohl gelesen, daß die Wärterin gesagt hat, Elli käme nicht fort. Wir sind dann nach dem Gasthof, wo wir uns per Karte Mittagbrot bestellt hatten. Es gab selbstgemachte Nudeln und Rindfleisch, das Essen war reichlich und gut. Aber gefroren habe ich, da nicht geheizt war. Um 12 Uhr sind wir nach Dresden zurück und sind dann am Nachmittag nach Cossebaude. Onkel Karl empfing uns mit den Worten, Ihr kommt ja, wir hatten Euch abgeschrieben, da Tante Selma nicht auf dem Posten sei. Ich sagte ihm, wir wollten nur sehen, wie es ihnen gehe, war er sehr nett. Tante Selma hat ein sehr schlimmes Auge und kann nicht viel machen. Sie haben uns zur Baumblüte eingeladen. Nach zwei Stunden sind wir wieder nach Dresden zurück. Am Donnerstag sind wir ¾ 4 Uhr früh aufgestanden und sind dann 5 Uhr 10 nach Groß-Schweidnitz gefahren, wo wir um 9 Uhr anlangten. Eine Viertelstunde Wegs hatten wir bis zur Anstalt, welche sehr schön liegt und birgt doch so viel Jammer und Elend. In der Verwaltung meldeten wir uns und konnten dann auch, da unser Zug schon wieder um 3 Uhr wegfuhr, gleich zu Elli. Sie freute sich sehr über unser Kommen, und wollte von Allem hören und hatte auch viel zu erzählen. Vielleicht schreibst Du ihr einmal, sie würde sich sehr freuen. Ihre Adresse: Großschweidnitz bei Löbau i. S. Heilanstalt Haus A 25. Bis ¾ 11 Uhr sind wir bei ihr geblieben und sind dann essen gegangen. Da waren auch junge Leute aus Leipzig, Schleußig, da war die Schwester gestorben. Und eine alte Mutter saß an unserem Tisch, deren Tochter gestorben war. Diese wurde am Sonnabend begraben. Die alte Frau sagte, ich müsse mir mal den Friedhof von der Anstalt ansehen, er wäre sehr sauber gehalten, aber seit 1942 seien hunderte von Gräbern. Es sterben dort viele Menschen. Es ist schrecklich. Um 1 Uhr sind wir wieder zu Elli gegangen. Butter habe ich von Dir ihr auf Brot und Brötchen geschmiert. Sie hat
Weitere Kostenlose Bücher