Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Schlafaugenkopf wird man wohl schwer erwischen; na, mal sehen, was sich tun lässt. Schreibpapier ist nicht mehr zu haben, da hab ich mich schon danach umgesehen, denn ich habe auch nur noch 4-5 Bogen hier. Ich will nur den Daumen halten, dass sich Heidis Missgeschick mit dem ins Bett machen bald legt, denn dadurch hast Du ja auch zusätzlich eine Menge Arbeit. Hoffentlich haben nun die Alarme bei Euch etwas nachgelassen, denn bei der Jahreszeit jetzt ist es kein Vergnügen, im Keller zu sitzen. Auf meiner Dienstreise habe ich ja auch zweimal in Meinerzhagen im Keller und zweimal in Soest im Bunker gesessen und hatte den Kanal voll, zumal wir hier das gar nicht kennen. Lisa hat ja jetzt wirklich die Spendierhosen an, erst die Kohlen und nun den Hasen, das ist wirklich allerhand und bin ich da sehr erstaunt darüber. Da kommt Ihr bei den Einschränkungen wirklich bald besser weg, wenn Ihr jetzt alles lauft, ja, das sechste Kriegsjahr macht sich schwer bemerkbar. Nachdem nun die ersten zwei Pakete angekommen sind, wird ja auch das dritte und vierte (Bücher) eintreffen. Du hast ganz recht, mit dem Weissen habe ich die Strickjacke gemeint. Es ist wohl nichts für Dich und war ich doch der Meinung, etwas besseres als den letzten weissen Pullover gefunden zu haben. Kleine Frau, keine Angst, die Zigaretten, und zwar 60 Stück, sind mit weg gegangen und wenn ich nicht irre, mit dem dritten Paket. Schau Dir doch mal genau meine Briefe an, da steht es genau drin, in welchem Paket. Wenn ich schon mal schreibe, dass ich Dir 60 Zigaretten schicke, dann tue ich das auch und ich hoffe, dass nun inzwischen auch das dritte Paket und mit ihm die Stäbchen angekommen sind. Schade, dass ich mit unserem Kerlchen nicht mal Schlittenfahren kann, aber das wird alles mal noch nachgeholt. Es tut mir sehr leid, dass ich Dir schreiben muss, dass mit den Schuhen für Heidi absolut keine Aussicht besteht. Ihr könnt Euch ja nicht vorstellen, wie es jetzt in Holland aussieht, leere Läden und alles wie ausgestorben, denn es wird nichts fabriziert, da weder Licht noch Kohle da ist und keine Beförderungsmöglichkeiten bestehen. Mit dem Film hast Du mehr als Pech gehabt, da ist bestimmt Licht reingekommen. Du, in meinen Brief aus Paderborn habe ich Dir einen halben Abschnitt Rauchermarken beigelegt; das war meine Portion von meiner Dienstreise und gab es im Westen nirgends Zigaretten zu kaufen. Kannst Du Dir dafür Zigaretten besorgen? Nun will ich noch paar Zeilen an Mutter schreiben und dann schnell in die Falle gehen, denn ich bin hundemüde.
Dir und Heidi nun für heute recht viele liebe Grüsse und Küsse und denkt recht oft
an Euren Hans und Vati.
Nr. 7E.O., den 30.1. 45
Meine liebe kleine Lenifrau!
Gestern Mittag traf Dein Brief mit den Neujahrskarten ein und gestern Abend bekam ich Deinen Brief Nummer 15/4 vom 19.1. und danke ich Dir recht vielmals für die lieben Zeilen. Die Neujahrswünsche kommen, wahrscheinlich wie auch meine, zwar etwas, aber nicht zu spät und wollen wir nun hoffen und glauben, dass all unsere Wünsche in Erfüllung gehen. Von meinen Briefen im Januar hast Du da bislang wenig bekommen, aber es werden wohl nun noch mehrere bei Dir eingegangen sein. Bei Deiner Briefnummerierung sehe ich nicht ganz klar; der letzte Brief war Nummer 3, eben habe ich noch mal verglichen, es stimmt doch. Das Gemeine an dem Wechsel der Feldpostnummer war, dass unsere Nummer ins Reich kam und dadurch so ein Durcheinander entstand. Deine Briefe über Euer Weihnachten und Silvester habe ich ja bekommen, sodass Du nicht noch einmal darüber schreiben brauchst. Du, die Bilder, die Du mir mitgeschickt hast, sind prima geworden und ist es bedauerlich, dass der Film verdorben ist. Es scheint doch an Hingst zu liegen; schaffe in Zukunft Deine Filme nur zu Winter; besser es dauert etwas länger, als dass überhaupt nichts geworden ist. Hoffentlich war die Schlepperei mit den Kohlen für Dich nicht gar zu schwer, kleine Frau. Wenn aber bei Euch auch so viel Schnee liegt wie hier, dann wird es eine elende Plackerei gewesen sein. Mit Helenchen hast Du nun ja wieder eine neue Sorge auf dem Halse; wie geht es denn ihr jetzt? Hoffentlich ist es kein komplizierter Bruch und geht es ihr den Umständen entsprechend. Bitte grüsse sie vielmals von mir und lasse ich recht gute Besserung wünschen. Ich bin bloss gespannt, wann es soweit sein wird, dass wir mal auf längere Sicht ohne solche bösen Ueberraschungen auskommen. Ganz so schlimm mit Heinz
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